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Artikel „Matthäus von Flandern“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 613–614, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Matth%C3%A4us_von_Flandern&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 13:00 Uhr UTC)
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Matthäus von Flandern, deutscher Buchdrucker in Spanien im 15. Jahrhundert. Wie fast alle europäischen Culturstaaten die Kunst Gutenberg’s durch eingewanderte Deutsche empfangen hatten (vgl. Bd. XVIII S. 552–553), so erhielt dieselbe auch Spanien durch mehrere unserer Landsleute, zu denen auch M. zählt. Zwar war schon vor ihm durch Guerlins (vgl. den Art. Mayer: Heinrich) 1473 zu Barcelona die Buchdruckerkunst für Spanien überhaupt eingeführt worden, und auch zu Valencia waren um 1475 mehrere jedoch anonyme Drucke[WS 1] erschienen; aber M. ist für die Stadt Saragosa bis jetzt der erste namentlich bekannte Drucker, der 1475 daselbst als Typograph sich niederließ und dessen Name der Mehrzahl der älteren Bibliographen (auch Panzer) gänzlich unbekannt ist. Er bezeichnet sich selbst als „Flander“, aber in welchem Theile Flanderns er geboren ward, ist unbekannt. Einige Bibliographen haben geglaubt, daß er mit Matthäus Vendrell, einem der ältesten spanischen Buchhändler zu Barcelona 1480–1484 identisch sei; aber diese Annahme ist doch gar zu unwahrscheinlich, weil nicht blos keinerlei Analogie zwischen diesen beiden Namen besteht, sondern auch durch das Wort „Vendrell“ ein Flecken nahe bei Barcelona bezeichnet wird und jener „Mercader en la ciutat de Barcelona“ sehr wahrscheinlich aus diesem Orte gebürtig war. Das erste Werk, welches M. den 15. October 1475 ausgehen ließ, ist eine Ausgabe des „Guidonis de Monte Rocherii Manipulus curatorum. Caesar-Augustae“ (Saragosa), Fol., eine Ausgabe, welche jetzt so selten ist, daß man (Santander a. a. O. III, 194) davon nur drei Exemplare kennt; das Buch ist dem Bischof Raymond zu Valencia gewidmet. Mehrere Bibliographen, wie Née de la Rochelle a. a. O. reihen M. den wandernden Druckern an, weil, wie sie sagen, das eben erwähnte Buch nur zufälligerweise zu Saragosa gedruckt worden sei und man kein anderes in dieser Stadt zwischen den Jahren 1475–1485 gedrucktes Buch kenne. Mit sicheren Gründen kann man dies zwar nicht bestreiten, ja wir würden nicht erstaunt sein, ihm eines Tages die vorhin erwähnten namenlosen zu Valencia 1475 erschienenen Drucke zugeschrieben zu sehen, um so mehr, als er seinen „Manipulus“ [614] dem Bischofe hier dedicirte; aber daß kein Buch weiter in Saragosa vor 1485 erschienen sei, ist einer von jenen so gewöhnlichen Irrthümern, welche von den Bibliographen der eine dem anderen ohne Prüfung nachgeschrieben hat. In der That beschreiben Mendez a. a. O. S. 125 und nach ihm Brunet III, 739 einen Druck, betitelt: „Benedicti de Pientinis liber de expositione vel declaratione Misse“ 1478, Fol., welcher gemäß seiner Schlußschrift den 16. Juni dieses Jahres zu Saragosa und zwar mit den nämlichen Charakteren, die zu dem Manipulus gedient haben, gedruckt wurde; auch hieß der Verfasser nicht Parentinis, wie bei Ebert und Santander. Außer diesen zwei Drucken konnten bis jetzt anderweitige Produkte unserem Künstler nicht zugeschrieben werden; wie läßt sich also das Verstummen seit 1478 erklären? Es ist bemerkt worden, daß seine Typen eine große Aehnlichkeit mit jenen haben, deren später Baptiste de Tortis zu Venedig 1481–1500 sich bediente, was Veranlassung gab zu glauben, entweder, daß M. von Saragosa nach Italien gewandert sei, um mit Tortis gemeinschaftlich zu arbeiten, oder aber, daß der letztere nach dem Tode des M. sein Material übernommen habe. Doch alles das ist sehr ungewiß. In den Anfang des 16. Jahrhunderts fallen auch mehrere zu Saragosa hergestellte Werke spanischer Holzschneidekunst, was bemerkt zu werden verdient, da Erzeugnisse spanischer Xylographie und zumal um diese Zeit zu den außerordentlichsten Seltenheiten gehören. Ein im Jahre 1559 daselbst in gothischer Schrift gedrucktes Buch, ein Gebetbüchlein in Octav, eine Nachahmung der Livres d’heures und Hortuli animae, enthält außer einer Anzahl verschiedener Initiale eine bedeutende Zahl Holzschnitte biblischen Inhalts und in verschiedenen Größen. Das Buch führt den Titel: „Hore bte marie virginis omni tempore dicē de … noviter Cesarauguste impresse …“[WS 2], am Ende: „Hoc insuper solerti est industria largisque expensis, Petri Bernuz, Cesarauguste, in edibus olim Georgii Coci … M.D.LIX.“ Dieses „noviter impresse“ deutet an, daß schon frühere Ausgaben erschienen waren und diese fallen wol wenigstens in den Anfang des 16. Jahrhunderts, als G. Cocus die nach dieser Schlußschrift später in den Besitz von Pater Bernuz übergegangene Druckerei besaß, und nach Falkenstein’s Gesch. d. Buchdruckerkunst soll der erstere 1500–1531 zu Saragosa gedruckt haben. Ueber ein zweites von demselben Bernuz hergestelltes Holzschnittwerk, eine Vorschrift zum Schönschreiben, aus dem Jahre 1550 vgl. Naumann, Archiv für die zeichnenden Künste I, 136–137. Ueber deutsche Drucker in Spanien und Portugal überhaupt ist nachzulesen Allg. d. Biogr. Bd. XVII, 182–183.

Mendez, Typografia española. Madrid 1796, S. 56, 61, 125, 145. Caballero, De prima typogr. hisp. aet. spec. p. 2, 5, 8. Née de la Rochelle, Recherches histor. et crit. sur l’art typogr. en Espagne p. 4, 18. Santander, Dict. bibl. du XV. siècle III, 194, 225. Hain Nr. 8174. Brunet III, 442, 739. Ebert, Bibl. Lexikon Nr. 15, 828.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Drucker
  2. Vorlage: Öffnendes Anführungszeichen fehlt.