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Artikel „Lutterbeck, Anton“ von Franz Heinrich Reusch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 707–709, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lutterbeck,_Anton&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 07:24 Uhr UTC)
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Band 19 (1884), S. 707–709 (Quelle).
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Lutterbeck: Johann Anton Bernhard L., katholischer Theolog, geb. am 23. April 1812 zu Averbeck bei Münster, † am 30. Decbr. 1882 zu Gießen. L. war ein Sohn des auch als Schriftsteller bekannten Arztes Theodor L. Er absolvirte 1828 das Gymnasium zu Münster und studirte darauf 4 Jahre Philologie zu Münster, Berlin und Bonn. 1833 bestand er das Examen pro facultate docendi und hielt darauf in Düsseldorf das gesetzliche Probejahr. Im Herbst 1834 kehrte er nach Münster zurück, um Theologie zu studiren. Am 23. Septbr. 1837 wurde er zum Priester geweiht und 1839 zum Licentiaten [708] der Theologie promovirt; 1842 wurde er in Marburg Doctor der Philosophie. Er war dann 1841–44 außerordentlicher, seit 1844 ordentlicher Professor der Theologie in Gießen. Er las vorzugsweise neutestamentliche Exegese, daneben Encyklopädie und Apologetik, zuletzt auch Dogmatik. Nach dem Untergange der Gießener katholisch-theologischen Facultät im J. 1851 erhielt er die Erlaubniß, philologische Vorlesungen zu halten. 1853 wurde er zum Honorarprofessor, 1859 unter Entbindung von der theologischen Professur zum ordentlichen Professor der classischen Philologie ernannt. 1880 ließ er sich wegen zunehmender Kränklichkeit pensioniren. – Schon 1835 veröffentlichte L. eine „Apologie des Hermesianismus wider einige arge Mißverständnisse“. 1845 folgten „Hermenieen aus dem Gebiete der religiösen Speculation“ (einige akademische Vorträge und Kritiken). 1850–60 arbeitete er mit an der Gesammtausgabe der Werke Franz von Baader’s (Bd. I, S. 725), namentlich an dem 14. Bande; er bearbeitete auch das Sach- und Namenregister und schrieb dazu eine Einleitung: „Lebensepochen Baader’s und Charakteristik seines Systems der Philosophie“ (auch besonders gedruckt 1860). Dazu kommen einige kleinere Schriften über Baader. – Das bedeutendste theologische Werk von L. ist „Die Neutestamentlichen Lehrbegriffe oder Untersuchungen über das Zeitalter der Religionswende, die Vorstufen des Christenthums und die erste Gestaltung desselben. Ein Handbuch für älteste Dogmengeschichte und systematische Exegese des neuen Testamentes“, 2 Bände, 1852. – Als dem 1849 zum Bischof von Mainz gewählten Gießener Professor Leopold Schmid die päpstliche Bestätigung verweigert wurde, schrieb L. „Der Informativproceß und seine rechtliche Nothwendigkeit zur Entscheidung der Mainzer Bischofsfrage“, 1850. Das Verhältniß zu dem neuen Bischof W. E. von Ketteler, den L. schon in seinen Studienjahren von seiner unliebenswürdigen Seite kennen gelernt hatte und der seine bischöfliche Thätigkeit mit der Brachlegung der Gießener theologischen Facultät begann (Bd. XV, S. 672), gestaltete sich von Anfang an nicht freundlich. Nach dem Erscheinen der „Geschichte der katholisch-theologischen Facultät zu Gießen. Eine allen Theologen Deutschlands gewidmete Denkschrift“, 1860, forderte der Bischof L. zur Unterzeichnung einer Erklärung auf, worin er das Recht der Bischöfe zur Regelung der Studien der Candidaten des geistlichen Standes nach ihrem Ermessen etc. anerkennen und zugleich sagen sollte, daß er „alles, was in seiner Schrift gegen die Lehre und die Gesetze der katholischen Kirche enthalten sei oder in dieser Beziehung gerechten Anstoß erregen könnte, als nicht geschrieben und nicht in seinem Sinne gelegen angesehen haben wolle.“ L. lehnte in einem „Offenen Brief an den Herrn Bischof von Mainz, W. E. v. Ketteler“, 1860, diese Zumuthung ab und kam den kirchlichen Censuren des Bischofs mit der Erklärung zuvor, er werde sich fortan aller priesterlichen Funktionen in der Diöcese Mainz enthalten (Allg. Ztg. 1860, 308). Vor dem Schlusse des vaticanischen Concils veröffentlichte L. das Schriftchen: „An Papst Pius IX. bei Gelegenheit seines Verlangens, von dem römischen Concil für unfehlbar erklärt zu werden“, 1870. Er schloß sich dann auch den Protestationen deutscher Professoren gegen die vaticanischen Decrete an und betheiligte sich bis zu seinem Tode mit lebhaftem Interesse an der altkatholischen Bewegung. 1872 erschien von ihm noch „Die Clementinen und ihr Verhältniß zum Unfehlbarkeitsdogma“ und 1875 mit einer Einleitung von ihm „Leopold Schmid, Ueber die religiöse Aufgabe der Deutschen“. L. hat außer den hier genannten Schriften noch eine Anzahl von kleineren theologischen, philosophischen und philologischen Aufsätzen, viele Beiträge für Zeitschriften und eine Reihe von Artikeln für die Allg. D. Biographie geschrieben.

[709] Lutterbeck, Gesch. der kathol.-theol. Fac., S. 44. Scriba, Lexikon der Schriftst.[WS 1] von Hessen II, 465. Raßmann, Nachr. über Münst. Schriftsteller (1866), S. 205. Neue Folge (1881), S. 260. Deutscher Merkur 1883, Nr. 2.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schrifst.