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Artikel „Lueder, August Ferdinand“ von Emanuel Leser in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 377–378, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lueder,_August_Ferdinand&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 18:03 Uhr UTC)
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Lueder: August Ferdinand L., bekannt als staatswirthschaftlicher Schriftsteller, war geboren zu Bielefeld im October 1760, † zu Jena am 27. Februar 1819. Er studirte zu Göttingen, wurde 1786 Professor der Geschichte am Carolinum in Braunschweig, 1797 braunschweigischer Hofrath, 1810 Professor der Philosophie in Göttingen, gab diese Stellung 1814 auf, wurde 1817 Honorarprofessor in Jena und starb hier am 27. Februar 1819. Seine ersten Arbeiten waren geographisch-statistischen Inhalts, zum großen Theil Uebersetzungen neuerschienener Werke aus dem Gebiete der Reisebeschreibung und Völkerkunde. In den J. 1787 und 88 gab er das „Historische Portefeuille“ heraus, von 1802–5 ein „Repositorium für die Geschichte, Staatskunde und Politik“. Die Umschau, die er in der gleichzeitigen Litteratur des Auslandes zu halten pflegte, scheint ihn zur Nationalökonomie geführt zu haben. Das Hauptwerk, welchem er seine Stellung in der Geschichte dieser Wissenschaft verdankt, „Ueber Nationalindustrie und Staatswirthschaft“ (3 Bde., 1800–1804) schließt sich sowol in der ganzen Anlage wie in den vorgetragenen Anschauungen auf das engste an Adam Smith’ Reichthum der Nationen an. Was er diesem Werk hinzugefügt hat, besteht meistens nur in illustrirenden Belegen, die er seiner Belesenheit in geographischen Werken verdankte; hervorzuheben darunter sind die interessanten Zusammenstellungen über die Sklaverei, die einigermaßen mit der späteren und berühmten Arbeit von Charles Comte über denselben Gegenstand verglichen werden dürfen. Hat mit dem genannten Werke L. um die Verbreitung und Empfehlung eines neuen Systems sich bemüht, so hat er später durch seine heftige Bekämpfung einer der modernen staatswissenschaftlichen Disciplinen, [378] nämlich der Statistik, sich einen Namen gemacht. Die beiden Werke, die diesem Zwecke gewidmet sind, die „Kritik der Statistik und Politik“ (1812) und die „Kritische Geschichte der Statistik“ (1817), erscheinen geschichtlich recht bemerkenswerth. Die grundsätzliche Verwerfung der Statistik, die darin zum Ausdruck kommt, entspringt im wesentlichen aus einem zweifachen Motiv. Einerseits liegt darin eine Consequenz der Smith’schen Anschauung, die das Eingreifen des Staates in die Einzelheiten des gesellschaftlichen Lebens für verderblich hält und deshalb eine Wissenschaft zu fürchten hat, deren Kenntniß das Selbstvertrauen der Staatsmänner erheblich steigern muß. Andererseits aber erscheint die Polemik als eine berechtigte Reaction gegen jene Ueberschätzung der Statistik, welche mit ein Paar dürftigen und noch dazu in ihrer Richtigkeit zweifelhaften Daten das vielgestaltige Leben der Nationen erfaßt und auch alle moralischen und geistigen Triebkräfte enträthselt zu haben glaubt. Auch in diesen Schriften übrigens wirkt das reiche geographische und geschichtliche Wissen des Autors, das freilich meist nicht aus den ersten Quellen geschöpft ist, zuweilen auch am unrechten Ort sich vordrängt, belebend auf die ganze Darstellung. Eine posthume Schrift dagegen, die 1820 unter dem Titel „Nationalökonomie oder Volkswirthschaftslehre“ herausgegeben wurde, ist sehr trocken gehalten und verdient auch ihrem Inhalte nach keine besondere Beachtung.

Saalfeld, Gesch. der Universität Göttingen von 1788–1820, S. 122 bis 124; Roscher, Gesch. der Nationalökonomik in Deutschland, S. 619–24.