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Artikel „Ludolf I., Bischof von Ratzeburg“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 387–388, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ludolf_I.&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 07:31 Uhr UTC)
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Ludolf I., zum Bischof von Ratzeburg erwählt 1236, starb angeblich am 29. März 1250 und wird mit diesem Erinnerungstage als einer der drei Heiligen dieses Namens von der katholischen Kirche gefeiert. 1230 wird er als Diaconus genannt, d. h. als einer der jüngeren Domherren, welche in der strengen Cluniacenserregel am Ratzeburger Dome lebten. Bei seiner Wahl zum Bischof war er Camerarius des Stiftes, seine Herkunft ist unbekannt; 1237 stiftete er das Benedictinerkloster zu Rehna in seinem Sprengel. Seine weitere Geschichte gehört einer gegen die Herzöge von Sachsen-Lauenburg höchst feindseligen Legende an. Der Herzog Albrecht von Sachsen († 1261) verlangte die Oberlehnsherrlichkeit über den Bischof und machte dem Stifte das Land Butin oder Boitin streitig und der Bischof wollte dem Herzog die Burg Verchow nicht abtreten, um nicht das Haus des Herrn in eine „Räuberhöhle zu verwandeln“. Diese Festigkeit führte zum Martyrium, einer „passio“. Im Auftrage des Herzogs, wird nun erzählt, fängt ein „lübischer“ Ritter Erikin „de Nemor“ (doch wol de nemore, von Holte) den Bischof, peinigt ihn in Gefängnissen und Wäldern, wobei die Stiche der Mücken (Ameisen?) eine große Rolle spielen, verpfändet ihn an die Juden in „Hischer“ und bringt ihn dann wieder in die Einöden. Endlich frei geworden flüchtet L. zu dem mecklenburgischen Fürsten Johann I. theologus, nach Wismar, verflucht dort den Herzog Albrecht und sein Geschlecht bis ins 4. Glied, segnet aber das Haus Johanns. In Wismar bleibt er bei den Minoriten und stirbt dort nach vielem Fasten und Kasteien nach einer Heiligenvision am Grünen Donnerstage während der Messe „venite benedicti“. Sofort that er Wunder, noch vor dem Begräbnisse. So noch Ernst von Kirchberg und Krantz’ Metropolis, aus welch letzterer die Vita in den Acta sanctorum der Bollandisten zum 29. März schöpfte. Jene beiden ersteren berufen sich auf eine passio S. Ludolfi, die Masch nicht finden konnte. Unfraglich ist dies die Reimchronik, welche in Kopenhagen sich befand, aber jetzt verloren ist. Die Data stimmen übrigens nicht zum 29. März 1250; denn die Messe venite gehört zum Mittwoch nach Ostern, nicht zum Grünen Donnerstag, und im J. 1250 fiel auf den 29. März der Dienstag nach Ostern. Johann von Mecklenburg residirte auch erst seit 1253 in Wismar. Thatsächlich dauerte der Streit um Boitin (Schönberg) bis 1271, die Reichsunmittelbarkeit des Bisthums entschied sich 1273, der „Fluch“ gegen das Haus Albrechts schien in Erfüllung zu gehen in den Erbfolgefehden der Lauenburger von 1321 an: so wird die Abfassung der Passio wol in diese Zeit fallen. Um 1340 ist von der Canonisation Ludolf’s die Rede, nachzuweisen ist sie aber nicht. Jenes „Hischer“ sucht Masch in Hitzacker, es soll aber wol nur „Juden-Hischen“ heißen, letzteres ein [388] in Mecklenburg üblicher Ausdruck für kleine Familienwohnungen; die Bezeichnung Juden-Hischen kommt gerade in Wismar vor.

Masch, Geschichte des Bisthums Ratzeburg.