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Artikel „Krantz, Albert“ von Carl Bertheau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 43–44, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Krantz,_Albert&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 01:01 Uhr UTC)
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Krantz: Albert K., berühmter Theologe und Geschichtschreiber am Ausgange des Mittelalters, wurde vor der Mitte des 15. Jahrhunderts zu Hamburg (nicht zu Bamberg) geboren; die Familie war eine angesehene; sein Vater bekleidete mehrere Aemter in städtischen Diensten, unter anderem das des Herrenschenken. Im J. 1463 wurde er zu Rostock unter dem Rector Henricus van dem Werdere inscribirt; hier und in Köln studirte er zunächst Jurisprudenz und wandte sich dann der Theologie und der Geschichte zu. Er unternahm darauf zu seiner weiteren Ausbildung größere Reisen, auf welchen er auch noch andere Universitäten besuchte; in Mainz und in Perugia soll er sich akademische Grade erworben haben. Wir finden ihn dann als Docent in Rostock, hier war er im J. 1482 Rector und im J. 1486 Decan der philosophischen Facultät; bald hielt er auch theologische Vorlesungen und im J. 1490 ward er Doctor der Theologie. Obschon er so schnell die höchsten akademischen Ehren erlangte und als Docent sich eines großen Rufes erfreute, nahm er doch einen im J. 1492 aus seiner Vaterstadt an ihn ergehenden Ruf zum lector primarius am Dom, mit welcher Stellung ein Canonicat und der Genuß einer praebenda maior verbunden war, an und siedelte im J. 1493 nach Hamburg über. Schon während seines Aufenthaltes in Rostock war er mehrfach als Bevollmächtigter für politische Verhandlungen thätig gewesen; so war er z. B. im J. 1489 als Syndikus der Städte Lübeck und Hamburg zur Theilnahme an den Compromißverhandlungen, durch welche die Streitigkeiten zwischen den mecklenburgischen Herzögen und der Stadt Rostock beendigt werden sollten, nach Wismar entsandt worden. In Hamburg nahm seine politische Thätigkeit größere Dimensionen an; so wurde er in den ersten Jahren (1494–1499) mehrfach im Dienste der Stadt mit größeren Gesandtschaften betraut, die ihn unter anderem nach Köln, Brügge und Frankreich führten; und vom J. 1500 an scheint er mit seiner theologischen Stellung am Dom die eines ständigen Syndikus der Stadt Hamburg verbunden zu haben. In dem genannten Jahre übertrugen ihm auch der König Johann von Dänemark und der Herzog Friedrich von Holstein in ihren Streitigkeiten mit den Dithmarschen die schiedsrichterliche Entscheidung. Als er im J. 1508 die Stelle des Decans des Domcapitels erhalten hatte, drang er bei Geistlichen und Mönchen streng auf die Einhaltung der kirchlichen Observanzen und stellte eingerissene [44] Mißbräuche ab; zweimal (1508 und 1514) hielt er dann auch Kirchenvisitationen, bei welchen er namentlich bei den einzelnen Kirchen der Diöcese auf die Erhaltung und bestimmungsmäßige Verwendung der Kirchengüter sein Augenmerk richtete. – Krantz’s kirchliche und theologische Stellung ist durchaus die vorreformatorische, obschon er sich der Erkenntniß des in der Kirche herrschenden Verderbens nicht verschließt. Die sichtbare Kirche in ihrer gegliederten Hierarchie ist ihm die Spenderin des Heils; aber er dringt dabei doch auf eine innere Aneignung der Gnadengaben der Kirche. So ist es denn völlig verständlich, daß er trotz seiner entschiedenen Verwerfung aller häretischen Richtungen, z. B. eines Wiclef und Huß, doch in dem Auftreten Luther’s gegen Tetzel etwas Berechtigtes erblickte, dem er seine Zustimmung nicht versagen konnte, obschon er das Vorgehen Luther’s für ein aussichtsloses hielt. So wird nämlich das Wort zu verstehen sein, welches er nach beglaubigter Ueberlieferung gesprochen hat, als er während seiner letzten Krankheit, wenige Tage vor seinem am 7. December 1517 erfolgten Tode von Luther’s Thesen hörte: „Bruder, Bruder, gehe in deine Zelle und sprich: Gott sei mir gnädig“ (frater, frater, abi in cellam et dic: miserere mei, Deus). – Bei der Nachwelt ist K. besonders als Geschichtschreiber berühmt geworden. Während seines Lebens erschienen von ihm außer einigen grammatischen und philosophischen eine Reihe theologischer und kirchlicher Schriften; aus seinem Nachlaß wurden vier umfangreiche historische Arbeiten, die „Vandalia“, die „Saxonia“, die „Dania“ und die „Metropolis“, herausgegeben und erschienen dann theilweise bis in 17. Jahrhundert hinein in mehrfach wiederholten Auflagen. Sie beruhen auf umfassenden Studien, für welche er schon von früh an auf seinen Reisen Archive und Bibliotheken durchforschte. Daß sie vielfach einen compilatorischen Charakter tragen, hängt wol damit zusammen, daß er nicht immer die letzte Hand an sie gelegt hatte. Hat er oftmals seine Quellen wörtlich aufgenommen, wie sich aus einer Vergleichung mit denselben ergibt, so darf er deshalb um so weniger für einen Plagiator gehalten werden, als nicht ersichtlich ist, was er selbst bei längerem Leben würde haben drucken lassen; zunächst hat er diese Werke sich zu seinem eigenen Gebrauche angelegt und es fehlt nicht in ihnen an Beweisen eingehender kritischer Forschung und Bearbeitung der ihm vorliegenden Quellen. Unläugbar haben aber seine Werke zur Verbreitung einer Kenntniß der Geschichte und Kirchengeschichte des nördlichen Deutschlands und des Nordens sehr viel beigetragen und sind wegen seiner Urtheile über Begebenheiten und Zustände, die bis in seine Zeit hineinragten, noch heute werthvoll. Insbesondere gilt das von der Metropolis, um derentwillen man ihn nicht mit Unrecht einen zweiten Adam von Bremen genannt hat; sie kann als eine Fortsetzung der klassischen Gesta hammaburgensis ecclesiae pontificum dieses Magisters angesehen werden.

Vgl. (Nic. Wilckens), Leben des Albert Krantz, Hamburg 1722, 2. Aufl. 1729. – Joh. Molleri Cimbria literata, I. p. 315 s.; III. p. 376 ss. – Lexikon der hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart, Bd. IV, S. 178 ff. – Otto Krabbe, Die Universität Rostock im 15. und 16. Jahrhundert, Rostock 1854 (an den im Register genannten Stellen, namentlich S. 224 ff.). – Herzog u. Plitt, Theologische Realencyklopädie, 2. Aufl., Bd. VIII, S. 261 ff.; hier findet sich unter Anderem der Nachweis über die Glaubwürdigkeit und den Sinn des angeführten Auspruches von K. über Luther. – Ein im Wintersemester 1539 auf 1540 zu Wittenberg immatriculirter Albert Krantz aus Hamburg wird ein Neffe oder Großneffe unseres K. gewesen sein.