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Artikel „Lossen, Max“ von Johann Friedrich in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 84–85, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lossen,_Max&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:35 Uhr UTC)
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Band 52 (1906), S. 84–85 (Quelle).
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Lossen: Max L., Historiker, von väterlicher und mütterlicher Seite westfälischer Abstammung, wurde am 25. April 1842 zu Emmershausen in Nassau, wo sein Vater Pächter und Director eines Domänenhüttenwerkes war, geboren. Im 6. Jahre vater- und mutterlos geworden, fand er zugleich mit seinen vier Geschwistern Aufnahme bei einem verwittweten väterlichen Oheim, einem Arzte in Kreuznach, der in Gemeinschaft mit seiner Schwester sich aufs wärmste der Erziehung der Doppelwaisen annahm. Im August 1861 vom Kreuznacher Gymnasium mit dem Zeugniß der Reife entlassen, ging L., der in den Nassauischen Staatsdienst zu treten gedachte, noch im gleichen Monat nach Hadamar, um sich dort ein zweites Mal der Reifeprüfung zu unterziehen. Im Herbst 1861 kam er mit der festen Absicht, Jurist zu werden, nach München. Allein Lehrer, wie Giesebrecht und Döllinger, namentlich aber Cornelius, zogen ihn so sehr an, daß er sich dem Studium der Geschichte widmete. Seit 1863 setzte er in Bonn und Heidelberg seine Studien fort, kam aber 1865 nach München zurück, um seine früher hier begonnene Arbeit „Die Reichsstadt Donauwörth und Herzog Maximilian“ zu vollenden und sich auf Grund derselben den Doctortitel in Heidelberg zu erwerben.

Damit schien seine wissenschaftliche Laufbahn ihr Ende gefunden zu haben. Ein mütterlicher Oheim in Mannheim veranlaßte ihn zum Eintritt in sein weitverzweigtes Tabakgeschäft, und da der Oheim bald darauf starb, leitete L. allein das Geschäft, das ihn nach Frankreich, Spanien, Algerien, Portugal und England führte. Doch auf die Dauer sagte ihm diese Thätigkeit nicht zu, die Liebe zur Wissenschaft erwachte aufs neue in ihm. Im J. 1870 gab er das Geschäft auf, siedelte 1871 mit seiner inzwischen begründeten Familie nach München über und nahm als Privatgelehrter seine wissenschaftlichen Studien wieder auf, deren Frucht das zum größten Theil aus den Archiven geschöpfte Werk „Der Kölnische Krieg“ (I. Band: Vorgeschichte 1565–1581), Gotha 1882, war.

Unterdessen machte sich aber doch auch wieder die praktische Seite seines Wesens geltend und suchte Befriedigung. Nach Ueberwindung einiger Bedenken nahm er daher 1881 die Stelle eines Secretärs der kgl. bair. Akademie der Wissenschaften an, die gerade durch den Umstand, daß ein Gelehrter selbst sie bekleidete, an Bedeutung gewann. Leider nahmen aber die Geschäfte des Secretariats unter dem Präsidium Döllinger’s und Pettenkofer’s L. doch mehr in Anspruch, als er erwartet hatte, und hemmten vielfach seine wissenschaftliche Thätigkeit. Aber dennoch vermochte es seine energische Arbeitskraft, eine Reihe größerer und kleinerer Arbeiten zu veröffentlichen, darunter 1886 „Briefe von Andreas Masius und seinen Freunden 1538–1573“ mit überaus sorgfältigen biographischen, litterarischen und politischen Anmerkungen und Erläuterungen – eine wahre Fundgrube insbesondere für die Gelehrtengeschichte des 16. Jahrhunderts.

Plötzlich aber, ohne daß es Jemand ahnte oder wußte, fing der so gesunde und lebensfrohe Mann zu kränkeln an und sah mit großer Besorgniß dem Ausgange seines Leidens entgegen. Doch das spornte ihn gerade an, alle seine Kräfte an die Vollendung seines Hauptwerkes zu setzen. Es gelang [85] ihm. Wenige Wochen ehe er sich auf das Sterbelager legte, konnte der Schlußband seines Kölnischen Krieges ausgegeben werden, dem er wie in Todesahnen die nachstehenden Worte über sein Streben und seine Methode zum Geleite gegeben hatte: „Nach fünfundzwanzigjähriger Beschäftigung mit der Geschichte des Kölnischen Krieges lege ich die Feder nieder mit dem Bewußtsein, einen fast ebenso langen, folgenreichen Zeitraum der politischen und kirchlichen Geschichte des Deutschen Reiches, einen Zeitraum, in welchem religiöse Leidenschaften und Parteiungen vorgeherrscht hatten, die heute noch in der Masse unseres Volkes fortleben, aus den Aeußerungen der Mitlebenden selbst schöpfend, aber mich erhebend über eigene Vorliebe und Abneigung, wahrheitsgetreu dargestellt zu haben. Ich war bemüht, in einem an sich nicht gerade leichten Fall den praktischen Beweis zu liefern, daß eine unparteiische Geschichtschreibung ebenso wol möglich und darum ebenso gut Pflicht ist, wie eine unparteiische Rechtsprechung“. Und diese seine Absicht ist ihm in seltenem Maße gelungen. Das Werk aber, aus dem umfassendsten Quellenmaterial herausgearbeitet, wird trotz weiterer Veröffentlichungen die Grundlage für die Geschichte dieser Vorgänge bleiben.

Nach einem mehrmonatlichen schmerzhaften Krankenlager ist L. am 5. Januar 1898 an Unterleibskrebs gestorben.

Die zahlreichen Abhandlungen Lossen’s in Zeitschriften und in den Münchener akademischen Sitzungsberichten und Denkschriften, von denen die meisten seinem engeren Arbeitsgebiete angehören und schwierige Fragen jener Zeit behandeln, sind verzeichnet in den Almanachen der kgl. bair. Akademie der Wissenschaften 1890 und 1897.