ADB:Lindemann, Heinrich Simon

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Artikel „Lindemann, Heinrich Simon“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 678–679, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lindemann,_Heinrich_Simon&oldid=- (Version vom 8. Dezember 2024, 22:03 Uhr UTC)
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Lindemann: Heinrich Simon L., geb. am 12. Juli 1807 zu Landau in der Pfalz, † in München am 27. Januar 1855, Sohn eines Schneidermeisters, besuchte das Gymnasium in Zweibrücken, hierauf die chirurgische Schule in Bamberg, mußte aber in Folge natürlichen Widerwillens dieses Studium verlassen und begab sich nach München, um Rechtswissenschaft zu studiren. Der Mangel aber an Subsistenzmitteln nöthigte ihn, als Setzer und Corrector in einer Buchdruckerei zu Schaffhausen und dann als Rentamtsoberschreiber in Kaiserslautern seinen Unterhalt zu suchen. Als er 1831 wieder nach München kam, wurde er durch die Persönlichkeit und die Lehre des damals ebendort eingetroffenen K. Chr. Fr. Krause derartig angezogen, daß er sich völlig dem Studium der Philosophie zu widmen beschloß. Er verblieb vorerst noch in München, wo er eine Privatlehranstalt einrichtete und die erste Kleinkinderbewahranstalt ins Leben rief, im J. 1839 aber habilitirte er sich als Docent in Heidelberg und erhielt zugleich die Lehrstelle der Philosophie am dortigen Lyceum, zwei Jahre später erging an ihn ein Ruf nach Solothurn, und im Frühjahr 1847 wurde er als Professor der Philosophie nach München berufen. Da er gegen den Ultramontanismus Stellung nahm und sich auch an der deutsch-katholischen Bewegung betheiligte, wurde er unter der im J. 1852 beginnenden Reactionsströmung verdächtigt und bald vom Ministerium genöthigt, seine Vorlesungen einzustellen (von ultramontaner Seite war 1852 eine anonyme Schrift erschienen „Kritik des pantheistischen Anthropologismus des Prof. H. S. Lindemann“). – Indem er, dessen sittlich gediegener Charakter und reines Streben von allen Unbefangenen anerkannt wurden, die Verkennung und den auf ihm lastenden Druck schmerzlichst empfand, steigerte sich sein bereits vorhandenes Magenleiden, sodaß er demselben erlag. Seine Schriften sind: „Unsere Zeit vom Standpunkte der Erziehung und Andeutungen zum Besserwerden“ (1837), „Uebersichtliche Darstellung des Lebens und der Wissenschaftslehre K. Chr. Fr. Krause’s“ (1839), „Die Lehre vom Menschen oder die Anthropologie, ein Handbuch für Gebildete aller Stände“ (1844), „Die Denkkunde oder Logik“ (1846), für seine Zuhörer war bestimmt „Grundzüge zu den Vorlesungen über Anthropologie“ (1848). Mit Hingabe vertrat er in Lehre und Schrift die Philosophie Krause’s, in welcher er auch persönlich seinen idealen Impuls, sowie seinen Seelenfrieden gefunden hatte, und seine Darstellung der Anthropologie gehört anerkanntermaßen zu den besten Leistungen der Krause’schen Schule; auch jener Neigung seines Meisters, allerwege auf Vereinsthätigkeit und Menschenbund hinzuweisen, gab er in einem Aufsatze „Ueber das Prinzip der Philosophie“ (in Noack’s Jahrbüchern. 1846) einen warmen Ausdruck, indem er zur Beseitigung [679] der Parteizersplitterung den jährlichen Zusammentritt einer Philosophen-Versammlung vorschlug.

Allgem. Zeitung vom 25. Febr. 1855. L. Arndts, Münchener Rectoratsrede vom 26. Juni 1855.