ADB:Laurentius von Schnüffis (2. Artikel)

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Artikel „Schnüffis, Laurentius von“ von Wilhelm Bäumker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 194–195, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Laurentius_von_Schn%C3%BCffis_(2._Artikel)&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 05:59 Uhr UTC)
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Schnüffis: Laurentius v. S.[WS 1], eigentlich Johannes Martin heißend, wurde am 24. August 1636 in Schnüffis (Voralberg) geboren. Schon frühzeitig zeigte er gute Anlagen zur Dichtkunst und Musik. Das Leben als Hirt in dem romantisch gelegenen Drusenthal bot ihm Gelegenheit und Zeit genug, seine Anlagen weiter auszubilden. Er fing an, Lieder zu dichten und dieselben mit der Laute zu begleiten. Später verließ er seine Heimath, um als fahrender Künstler die Welt zu durchstreifen. In Constanz und Basel fand er freundliche Aufnahme. In Straßburg scheint er am Hofe des Bischofs, Erzherzog Wilhelm, als „Sänger“ angestellt worden zu sein. Von Straßburg aus zog er nach Köln, wo ihm Spee’s Trutznachtigall zum ersten Mal in die Hände fiel. Welchen Weg der „fahrende Künstler“ von Köln aus eingeschlagen habe, wird uns nicht berichtet. Wir finden ihn später als „Schauspieler“ in Wien und darnach im J. 1655 in Innsbruck am Hofe des kunstliebenden Erzherzogs Ferdinand Karl, der ihn zu seinem Hoftheaterdirector ernannte. Im J. 1661 nahm er hier infolge einer schweren Krankheit, die er glücklich überstand, seinen Abschied und begab sich an den Hof des Grafen Karl Friederich von Hohenems (Voralberg), wo er ein Jahr lang verweilte und dann in sein stilles Drusenthal sich zurückzog, um auf einen neuen Lebensberuf sich vorzubereiten. Er wurde Priester und trat als solcher im J. 1665 in Zug in den Kapuzinerorden ein, nachdem er den Namen „Pater Laurentius“ genommen hatte. Er selbst nennt sich später immer „Mirant“. Weil er statt seines Taufnamens „Johannes“ den Ordensnamen „Laurenz“ angenommen habe, sagt er, wolle er auch den Geschlechtsnamen „Martin“ fahren lassen und unter Verwechselung der Buchstaben „Mirant“ daraus machen, wegen seiner „wunderlichen Berufung in den Ordensstand“. Er starb am 7. Januar 1702 in Constanz.

Die zahlreichen Schriften, welche Pater Laurentius seit seinem Eintritte in den Ordensstand verfaßte, tragen das ernste Gepräge einer heiligen, gottgeweihten Muse. Seine Gedichte sind, wie Ilg in dem unten citirten Werke sagt, vielfach ascetische Abhandlungen in poetischer Form, wobei er Phantasie und Wahrheit, Poesie und h. Schrift in so ausgewählter Sprache verwebt, daß selbst Hochgestellte Gefallen daran fanden und auch Andersgläubige sie mit den größten Lobsprüchen überhäuften. Lindemann (Gesch. der deutschen Litteratur, 5. Aufl., S. 394) hat jedoch Recht, wenn er meint, daß die Gedichte des P. Laurentius nicht frei seien von Pegnitzer und italienischen Einwirkungen. Die Melodien zu den Gedichten repräsentiren die verfallende Richtung der Kirchenmusik und die neue im 18. Jahrhundert sich Bahn brechenden Kunstrichtung. Einige wenige gingen in katholische Gesangbücher über. Der Autor der Melodien ist höchstwahrscheinlich P. Laurentius selbst. Eine Ausnahme bilden die Melodien der „Mirantischen Maul-Trummel“, welche nach der Vorrede vom P. Romanus Vötter aus dem Orden des h. Geistes in Memmingen herrühren. Ebenso sind die Melodien der ersten Auflage des „Mirantischen Flötlein“ 1682 in der dritten Auflage 1711 durch einen „berühmten Musicum“ mehrstimmig bearbeitet worden. Die Titel der Schriften lauten: „Philotheus, Oder deß Miranten durch die Welt und Hofe wunderlicher Weeg nach der Ruhseeligen Einsamkeit. Entworffen von Mirtillen, einem deß Miranten guten Freund.“ Wien 1678. Andere Ausgabe Constanz 1690. (Enthält eine Autobiographie mit eingestreuten Liedern und den Melodien.) – „Mirantisches Flötlein: Oder Geistliche Schäfferey, In welcher Christus, under dem Namen Daphnis, die in dem Sünden-Schlaff vertiefte Seel Clorinda zu einem bessern Leben aufferweckt, und durch wunderliche Weiß und Weeg zu grosser Heiligkeit führet.“ Constanz 1682, Frankfurt 1694, 1695, 1711, 1735, 1739. (Enthält in 3 Theilen 30 Gedichte mit ebenso vielen Melodien und Kupfern.) – „Mirantische Wald-Schallmey, Oder Schul wahrer Weisheit, Welche [195] Einem Jungen Herrn und seinem Hof-Meister, als Sie auß frembden Ländern heimbkehrend, in einem Wald irr-geritten, von zweyen Einsidlern gehalten worden. Allen so wohl Geist- als Weltlichen nicht nur sehr nützlich, sondern auch anmuthig zu lesen.“ Constanz 1688. (Prosa mit 12 Liedern nebst den Melodien.) – „Mirantische Maul-Trummel Oder Wohlbedenckliche Gegen-Säze böser, und guter Begirden. Wie nemlich diese der ewigen Glück-Seeligkeit, jene aber deß ewigen Verderbens Haupt- und Grund-Vrsachen seyen. Mit schönen Sinnbilderen, und auf eine neue Art anmüthigen Melodeyen geziehrt.“ Constanz 1690, 1695, 1696, 1699. (Enthält in drei Theilen 30 Elegien mit ebenso vielen Melodien und Kupfern.) – „Mirantische Mayen-Pfeiff. Oder Marianische Lob-Verfassung, In welcher Clorus, ein Hirt, der Großmächtigsten Himmels-Königin, und Mutter Gottes Mariae unvergleichliche Schön- Hoch- und Vermögenheit anmüthig besingt. Geist- und Weltlichen, auch Predigern, sehr nutzlich, und annehmlich zu lesen. Mit schönen Kupffern, und gantz neuen Melodeyen gezihrt. Dillingen 1692, 1707. (3 Theile mit 30 Elegien und ebenso vielen Melodien u. Kupfern.) – „Futer über die Mirantische Maul-Trummel, Oder Begriff, In welchem der jetzigen Welt thorechtes, von ihr aber gar schön vermeintes Beginnen in Lateinisch- und Teutschen Elegien, samt schönen Sinnbildern, und neuen Melodeyen mit sonderbarem deß Lesers Lust, und Vergnügung an den Tag gegeben wird.“ Constanz 1698, 1699. (Enthält 16 Elegien lateinisch und deutsch mit ebenso vielen Melodien und Kupfern. Voraus geht ein Trostlied „Auf, auf o meine Seel“ mit der Melodie.) Außerdem führt Goedeke II, 196 noch an: „Lusus mirabiles orbis ludentis, Mirantische Wunder-Spiel der Welt; vorstellend die zeitliche Eitelkeit und Boßheit der Menschen“. Kempten 1701. (Im Katalog der Bibliothek F. Haydinger’s in Wien 1876 ist eine Ausgabe mit der Jahreszahl 1707 notirt). Was Goedeke noch nennt: „Marianische Einöd“ und „Sieben Hauptschmerzen“ ist jedenfalls nicht von L. v. Schnüffis. Es existirt ein Buch „Schmertzhaffte Marianische Einöde“ von dem Kapuziner F. Theobaldus, Constanz 1698 und 1699 (Bäumker, d. kath. deutsche K.-Lied II, S. 43) und „Bedencken Ueber die durch die Liebe Mariae der Mutter Jesu ausgearbeitete 7 Degen, Das ist: Siben Haupt-Schmertzen – durch Johann Jacob Sutor“, Augsburg 1688 (Prosa). Ilg schreibt dem Laurentius v. Schnüffis noch zu „Leben des h. Vaters Franciscus und des h. Antonius von Padua in Gedichten“, ferner „Himmelsschlüssel, ein Gebetbuch zum Gebrauch frommer Christen“.

Vgl. die oben verzeichnete Autobiographie, ferner P. L. v. Schnifis, genannt der Mirant vom P. Joh. Bapt. Baur Ord. Capuc., Bregenz 1873. – Historia Provinciae anterior. Fr. Min. Capucinorum à Fratre Romualdo Boekacense, 1737. – P. A. M. Jlg, Seraphisches Immergrün. Missions- und Lebensbilder aus der Geschichte des Kapuzinerordens. S. 213 ff. Augsburg 1882. – Monatshefte für Musikgeschichte, 1870, Nr. 6. – Goedeke, Grundriß II, S. 196 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 18 ein weiterer Artikel.