Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Laurentius von Brindisi“ von Felix Stieve in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 63–65, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Laurentius_von_Brindisi&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 11:57 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Laurentii, Laurentius
Band 18 (1883), S. 63–65 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Laurentius von Brindisi in der Wikipedia
Laurentius von Brindisi in Wikidata
GND-Nummer 118726730
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|18|63|65|Laurentius von Brindisi|Felix Stieve|ADB:Laurentius von Brindisi}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118726730}}    

Laurentius von Brindisi. Geb. am 22. Juli 1559 zu Brindisi, † am 22. Juli 1619. Sein Vater Wilhelm de Rossi und seine Mutter Elisabeth Masella stammten beide aus alten Patricierfamilien seiner Heimathstadt. Vier Jahre alt, wurde er vom Vater „auf sein heißes Bitten“ in das Kapuzinerkloster S. Paolo zu B. gegeben, wo ihn ein berühmter Prediger, Virgilio Giacomo, erzog. Ein ausgezeichnetes Gedächtniß befähigte ihn, schon zwei Jahre danach im Dome zu predigen. Um diese Zeit starb sein Vater. Die Mutter bat ihn vergeblich, zu ihr zurückzukehren. Er begab sich vielmehr, um ihrem Drängen zu entgehen, dreizehn Jahre alt zu dem Bruder seines Vaters, einem Geistlichen, der zu Venedig die Erziehung der Cleriker für S. Marco leitete. Obgleich dieser ihn die Kutte ablegen ließ, blieb er im Verkehr mit den Kapuzinern und wurde bald unter die Aspiranten ihres Ordens aufgenommen. Am 18. Februar 1575 trat er zu Verona als Noviz in denselben ein, wobei er seine Taufnamen Julius Cäsar in Lorenzo umtauschte. Am 24. März des folgenden Jahres legte er die Gelübde ab und wurde nun gegen den Brauch des Ordens sofort zum Studium nach Padua gesandt. Unterstützt durch sein Gedächtniß, eignete er sich dort mit Leichtigkeit die vorgeschriebenen Kenntnisse an und lernte zugleich Griechisch, Syrisch, Chaldäisch und Hebräisch. Letzteres sprach er fließend, wie er später ebenso rasch Deutsch, Czechisch, Französisch und Spanisch lernte. Nach Ablauf der Studienzeit wurde er, dreiundzwanzig Jahre alt, obgleich er noch nicht Priester war, alsbald zum Prediger und wenig später zum Lehrer der Theologie in Venedig bestimmt. Zuerst dort, dann in den meisten bedeutenderen Städten Italiens waltete er mit großem Erfolge des Predigtamtes, zu dessen Zwecken er sich eingehend mit der heiligen Schrift beschäftigte, die er bald auswendig wußte. Wiederholt und zu Rom drei Jahre lang predigte er auch hebräisch den Juden, welche jeden Samstag in einer Kirche versammelt wurden. Gegen Ende der achtziger Jahre wurde er Guardian zu Venedig, 1590 Provincial in Toscana, später Provincial in Venedig und 1598 Generaldefinitor des Ordens. Im folgenden Jahre wurde er auf Ansuchen des Erzbischofes von Prag mit dreizehn Ordensgenossen, worunter nur ein Deutscher war, als Generalcommissar abgesandt, um den Orden in Böhmen einzuführen. Am 28. August kam er nach Wien, wo er sich einige Monate aufhielt und auf Bitten des Erzherzogs Matthias fünf seiner Begleiter zur Gründung eines Klosters zurückließ. Ende 1599 in Prag angelangt, erbaute er, von Kaiser Rudolf II., dem Erzbischofe und katholischen Adligen unterstützt, im folgenden Jahre auf dem Hradschin unweit des kaiserlichen Schlosses ein Kloster. Gleichzeitig gründete er Klöster in Graz und München, denen sich – wohl vornehmlich in Folge seiner Bemühungen – in den nächsten Jahren andere in den österreichischen Hauslanden, in Baiern, Augsburg u. s. w. anreihten. Eine Zeit lang waren L. und die Seinen in Prag von Ausweisung bedroht, da die protestantischen Stände diese auf Grund alter Verordnungen forderten und Rudolf II., der damals an schweren Anfällen von Melancholie litt, krankhaften Argwohn gegen die Mönche faßte. Die kaiserlichen Minister hielten sie jedoch und Rudolf wandte ihnen, nachdem sich sein Zustand gebessert, seine Gnade wieder zu. 1601 begleitete L. den Feldmarschall Rusworm in den Türkenkrieg und eine – indes unbegründete – Ueberlieferung schreibt seiner begeisternden Einwirkung den Sieg bei Stuhlweißenburg zu. 1602 reiste er zum Generalcapitel seines Ordens nach Rom und wurde dort zum Ordensgeneral erwählt, in welcher Eigenschaft er zu [64] Fuß, trotz einem Nierenleiden gewaltige Märsche machend, binnen der drei Jahre seiner Amtsführung die Kapuzinerklöster in Spanien, in Frankreich, Flandern, Deutschland und Italien visitirte und mit äußerster Strenge alle Verstöße gegen die Ordensregel und namentlich gegen das Gelübde der Armuth beseitigte. Nach Beendigung des Generalats schickte ihn Papst Paul V. auf Bitten Rudolf’s II. im Juni 1606 als Generalcommissär nach Prag zurück. Er hatte dort schon früher zu den vornehmsten Mitgliedern der katholischen Hofpartei in Beziehungen gestanden; nun wuchsen sein Einfluß und Ansehen; Karl von Liechtenstein (s. d.), bis in den Herbst 1607 des Kaisers erster Minister, brachte täglich mehrere Stunden bei ihm im Kloster zu und er durfte es wagen, die Minister von der Kanzel herab zu tadeln, wenn sie zu wenig Eifer für den Katholicismus zu bezeigen schienen. Im Juni 1609 sandten ihn der spanische Botschafter und der päpstliche Nuntius zu Prag nach Spanien, um Philipp’s III. Unterstützung für ein Bündniß der katholischen Reichsstände zu erwirken. Herzog Maximilian von Baiern, den er unterwegs besuchte, erweiterte seine Aufträge. Er meldete darauf aus Madrid die gewünschten Zusagen, indes stellte sich bald heraus, daß er Besseres gehört hatte, als man dort gesagt hatte und gewähren wollte. Der Papst hatte auf Maximilians Bitten erlaubt, daß L. nach der Rückkehr seinen Wohnsitz in München nehme. Er ging jedoch wieder nach Prag und kam nur im Juni 1610 im Auftrage des spanischen Botschafters für einige Tage nach München. 1611 suchte er vergeblich zwischen dem Herzog von Baiern und Wolf Dietrich von Salzburg zu vermitteln und begleitete dann ersteren auf seinem Kriegszuge wider den Erzbischof. Im folgenden Jahre zog er mit einer ihm von Maximilian beigegebenen Schutzwache acht Monate lang predigend in Baiern und den benachbarten Landschaften und Reichsstädten umher. Im Frühjahr 1613 reiste er wieder nach Rom und wurde als Generalvisitator in die Provinz Genua entsendet, wo man ihn zum Provinzial erwählte. Nach Ablauf dieses Amtes zog er sich, von der Gicht gequält, in das Ordenshaus nach Venedig zurück. Der Kaiser bediente sich seiner in der Folge, um den Herzog von Mantua zur Nachgiebigkeit in einem Lehensstreite zu bewegen; der Papst schickte ihn 1617 nach Mailand, um die Beilegung des monferratischen Krieges zu fördern, und auch mit dem Herzoge von Parma pflog er politische Verhandlungen, indeß spielte er, so viel ersichtlich, in diesen Angelegenheiten ebenso wie in denen der Liga nur eine untergeordnete Rolle. 1618 wohnte er als Vertreter der venezianischen Provinz dem Generalcapitel zu Rom bei und machte sich dann auf den Weg, um im Auftrage Maximilians von Baiern die Kirche und das Kloster zu besichtigen, welche der Herzog ihm zu Ehren seinem Orden in Brindisi erbauen ließ. In Neapel übernahm er jedoch auf Bitten einer Adelspartei, deren Beschwerden gegen den Vicekönig dem Könige von Spanien vorzutragen, und nach langwieriger Reise kam er im Juni 1619 nach Belem bei Lissabon, wo er Philipp III. fand. Dort starb er nach kurzem Krankenlager an der Ruhr. – L. war ein strenger Asket und hielt bei seinen Untergebenen auf die genaueste Beobachtung der Ordensregel und insbesondere des Gelübdes der Armuth. Sein glühender Eifer scheute keine Mühe und Gefahr und ließ ihn auch Großen und Fürsten mit rücksichtsloser Unerschrockenheit entgegentreten. Dabei erfüllte ihn schwärmerische Frömmigkeit; schon als Knabe fiel er in Verzückungen und in späteren Jahren mehrten sich diese; für die Beendigung einer Messe brauchte er nicht selten zwölf und mehr Stunden, ja bisweilen las er die Nacht durch bis in den Morgen hinein. Seine feurige, oft von Thränenströmen begleitete Beredtsamkeit und seine ganze Persönlichkeit brachten tiefen Eindruck hervor. Wie vom Volke, so wurde er auch von den Ordensgenossen, der Geistlichkeit und den katholischen Höfen, an welchen er verkehrte, noch bei Lebzeiten als Heiliger verehrt. [65] Am 23. Mai 1783 wurde er selig, am 8. December 1881 heilig gesprochen.

Angelo Maria de’ Rossi: Vita del P. Lorenzo da Brindisi, Roma 1710 (mit Bildniß) und Bonaventura da Coccallio: Ristretto istorico della vita, virtù e miracoli del b. Lorenzo da Brindisi, Roma 1783. (Die übrigen Lebensbeschreibungen sind Auszüge oder Uebersetzungen dieser beiden Werke.) Einzelnes ist oben aus den neueren Werken über die Geschichte Rudolfs II. und Maximilians von Baiern sowie aus ungedruckten Acten beigefügt oder richtig gestellt.