ADB:Lacomblet, Theodor Joseph

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Artikel „Lacomblet, Theodor Joseph“ von Woldemar Harleß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 484–486, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lacomblet,_Theodor_Joseph&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 09:34 Uhr UTC)
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Lacomblet: Theodor Joseph L., geboren zu Düsseldorf am 15. Decbr. 1789 als der dritte und jüngste Sohn eines achtbaren Bürgers französischer Nationalität, des Gastwirths Johann Franz Lacomblet zum „Bayerischen Hofe“, aus dessen Ehe mit Anna Maria Kicks, empfing auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt und auf der damals daselbst bestehenden Rechtsakademie unter den Professoren Henoumont, Hedderich, Neuß und Schram, die herkömmliche Vorbildung zur juristischen Beamtenlaufbahn. Ein gründlicher Kenner des Römischen Rechts und der von diesem abgeleiteten Systeme und früh sich durch scharfe Auffassung wie Beurtheilung gegebener Verhältnisse auszeichnend, zudem tief ergriffen von den gewaltigen politischen Ereignissen und Wandlungen seiner Jugendzeit, verfolgte er jedoch nicht die Straße des angehenden Rechtspraktikanten, sondern zog dieser vielmehr den Lauf des Geschichts- und Alterthumsforschers vor, indem [485] er, noch nicht 19 Jahre alt, bei der großherzoglich bergischen Hofbibliothek zu Düsseldorf als Gehülfe des Bibliothekars Professor Joseph Schram eintrat. Durch Patent des Ministers des Innern Grafen Nesselrode vom 24. Septbr. 1808 als Secretär an dieser Bibliothek angestellt, erhielt L. nach zehn Jahren eifriger Ordnungsarbeit beim Abgange Schram’s (im October 1818) als Universitätsbibliothekar nach Bonn, dessen Stelle. In dieser hat er den Interessen der Anstalt, die namentlich seit der Säcularisation der Klöster (1803) nach Umfang und Bedeutung wesentlich gewachsen war, mit Einsicht und Treue gedient. Zur Erfüllung seiner eigentlichen Lebensaufgabe aber gelangte L. erst, nachdem er den 25. Septbr. 1819 beim damaligen Hauptarchive zu Düsseldorf als Assistent des Archivars Hofrath Heinrich Joseph Kerris (bergischer Archivar seit 1802, † 1828) beschäftigt und nach dessen Pensionirung im December 1821 zum Nachfolger ernannt worden war. Eine Periode rastlosen, vielseitigsten Schaffens begann, während welcher L. das Ziel seines Lebens, die urkundliche Erforschung seiner Heimath und der niederrheinischen Lande überhaupt, unausgesetzt im Auge behielt. Aus dem kleinen Landesarchiv, das zu Anfang der preußischen Herrschaft am Rhein nur die jülich-bergischen Territorialarchivalien und eine Anzahl von Archiven bergischer Stifte und Klöster in sich faßte, ward nach Auflösung und Einziehung der Archivbestände zu Essen, Werden, Hamm, Arnsberg, Aachen, Köln etc. allmählich und formell seit 1832 ein großes Provinzial-Archiv des Niederrheins, als dessen eigentlichster Bildner und Ordner L. seinen Namen für alle Zeiten mit dem Institute selbst auf das engste verknüpft hat. Die Umsicht und besondere Tüchtigkeit, welche L. als Beamter bewährte, machte ihn bald zu einer der bekanntesten und angesehensten Persönlichkeiten Düsseldorfs und des Niederrheins, zumal seine hervorragenden Gaben und Kenntnisse nicht auf gutachtliche Berichte und Auskunftertheilungen beschränkt blieben, sondern auch in wissenschaftlichen Publicationen von dauerndem Werthe zu Tage traten. Im J. 1831 erschien das erste Heft der von ihm begründeten und fast ganz allein bearbeiteten periodischen Schrift „Archiv für die Geschichte des Niederrheins“, von welcher derselbe bis Anfang 1866 im Ganzen zehn Hefte in fünf Bänden, reich an Früchten gediegener Forschung veröffentlichte; – es sei hier nur an die Einleitung zu dem Ritter- und Landrechte von Jülich und Berg (Archiv I, S. 30 ff.), die lichtvolle Abhandlung über die Hundschaften am Niederrhein (das. 209–242), die Aufsätze über die Hofesverfassung im Bezirke von Bonn (Archiv II, S. 296–318) und die letzten Spuren des fränkischen Salhofs zu Neuß (S. 319–351 ebendas.), besonders aber an die als erster Versuch quellenmäßiger Darstellung des Gegenstandes bemerkenswerthe, wenngleich nicht immer leicht lesbare Arbeit zur Geschichte der niederrheinischen Territorien erinnert, welche L. im 3. bis 5. Bande seiner Zeitschrift unter dem bescheidenen Titel: „Düsseldorf, mit stetem Hinblicke auf die Landesgeschichte aus urkundlichen Quellen dargestellt“ herausgegeben hat. Um den dem Verfasser so werthen Mittelpunkt, die Vaterstadt gruppirt, bietet diese letztere Arbeit, auf die mühsamsten Detailuntersuchungen gestützt, eine sorgfältige Zusammenstellung der geschichtlichen Entwickelung und der Ereignisse am Niederrhein bis 1575. Lacomblet’s Hauptwerk aber ist das in seiner Art gleichfalls grundlegende „Urkundenbuch zur Geschichte des Niederrheins“, welches in 4 Quartbänden (Düsseldorf 1840 bis 1858) das Material für die Zeit von 779 bis 1609 in so geschickter Auswahl und Anordnung vereinigt, daß darin keine für das Verständniß des geschichtlichen Zusammenhangs wesentliche Urkunde vermißt wird. Wiewol in Bezug auf diplomatische Akribie längst durch andere Urkundenbücher übertroffen, bleibt diese Lacomblet’sche Sammlung für jeden Forscher rheinischer wie allgemeiner deutscher Geschichte ein unentbehrliches Hülfsmittel und ist für seinen Herausgeber sonach in der [486] That ein monumentum aere perennius geworden. Den verdienstvollen Leistungen Lacomblet’s fehlte denn auch die äußere Anerkennung nicht: nachdem ihm durch Patent vom 29. April 1829 von König Friedrich Wilhelm III. der Charakter als Archivrath verliehen worden, empfing er durch jenes Nachfolger Friedrich Wilhelm IV. am 31. Juli 1840 die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft, von der Universität Bonn bei der Feier ihres fünfundzwanzigjährigen Bestehens am 20. Octbr. 1843 die Würde eines Doctors beider Rechte honoris causa, von der Akademie zu Münster 1863 das Diplom als Doctor der Philosophie. Abgesehen von einer Anzahl gelehrter Vereine Deutschlands und des Auslandes (namentlich Hollands), deren ordentliches oder Ehrenmitglied L. wurde, ist hier noch dessen im J. 1858 erfolgte Ernennung zum correspondirenden Mitgliede der königl. baierischen Akademie d. Wissensch. zu München zu erwähnen. Durch die Gnade seines Königs ward ihm im Januar 1853 der Rothe Adlerorden, im October 1861 der Charakter als Geh. Archivrath zu Theil. Seinem warmen Interesse für das öffentliche Wohl, gepaart mit scharfem politischen Blicke für die Bedürfnisse der Zeit, hatte er es zu verdanken, daß seine Mitbürger ihn schon 1830 zum Stadtrathe wählten (was er bis 1853 blieb), 1832 zum Mitgliede des städtischen Theatervereins, 1836 der städtischen Baucommission, bald darauf zum Abgeordneten Düsseldorfs beim Kreistage und später auch beim Provinziallandtage (als welcher er von 1851 bis 1856 fungirte), 1837 zum Mitgliede des Curatoriums der Realschule und der städtischen Schulcommission. In allen diesen Funktionen hat L., selbst unter schwierigen Verhältnissen, überzeugungstreu das Gute und Rechte vertreten und manchmal ist sein Rath und seine Hülfe der Vaterstadt hochnützlich und segensreich gewesen. Für das Gedeihen, das Wachsthum und die Verschönerung Düsseldorfs hegte L. überhaupt die lebhafteste Theilnahme, sich jeden guten Erfolges seiner Mitbürger freuend, als ob es ihm persönlich gelte. Aus diesem Grunde trat er auch 1839 in den Verwaltungsrath der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn, bekanntlich einer der ältesten Bahnen Deutschlands, deren Angelegenheiten er dann als Mitglied des Directorialraths von 1841 bis 1844 durch seine strenge Rechtlichkeit und sein gesundes Urtheil in geschäftlichen Dingen wesentlich fördern half. Das thätige Leben des tüchtigen, ehrenfesten, als katholischer Christ, Gatte und Freund gleich aufrichtigen Mannes endete nach zwölftägiger Krankheit am 18. März 1866, wenige Tage nachdem der fünfte Band seines „Archivs“ in Druck vollendet worden, ein sanfter Tod. Wie allgemein die Achtung und Verehrung für den Verblichenen in Stadt und Land gewesen, davon gab auch das ungewöhnlich große Leichengefolge Zeugniß, welches sich am 21. März des letztgenannten Jahres hinter dem reich mit Kränzen geschmückten Sarge durch die Straßen Düsseldorfs bewegte.

Nachruf von F. (Deycks) in der Kölnischen Zeitung vom 7. April 1866 (Nr. 96, 2. Blatt), mit einigen Abänderungen republicirt im Archiv für die Geschichte des Niederrheins, Bd. VI, 1–8; kleinere Nekrologe in der Düsseldorfer und Rhein. Ztg. vom 5. April 1866. W. Harleß, Entwickelungsgang des königl. Provinzial-Archivs zu Düsseldorf, ein Erinnerungsblatt an dessen Begründer Dr. Theodor Joseph Lacomblet, in der Zeitschr. des Berg. Geschichtsvereins, Bd. III, 301–326.