Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Labenwolf“ von Rudolf Bergau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 463–465, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Labenwolf&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 09:26 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Labadie, Jean de
Nächster>>>
Hadamar von Laber
Band 17 (1883), S. 463–465 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
OFF in der Wikipedia
GND-Nummer 138891966
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|17|463|465|Labenwolf|Rudolf Bergau|ADB:Labenwolf}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=138891966}}    

Labenwolf, Nürnberger Erzgießerfamilie.

Pankraz L. wurde im J. 1492 zu Nürnberg geboren und erlernte das Rothgießerhandwerk, wie anzunehmen, in der Werkstatt des alten Peter Vischer, zu welchem er in verwandtschaftlichem Verhältniß gestanden zu haben scheint. Sein Meisterstück machte er, nach Doppelmayr, im J. 1519 mit einem Weihkessel, dessen Bügel aus zwei Schlangen bestand, welche zwischen ihren gegen einander aufgesperrten Rachen einen beweglichen, aber nicht herausnehmbaren Apfel hielten. Er goß nach Holzmodellen von Peter Flötner Matrizen in Messing, nach welchen der Goldschmied Melchior Bayr dann Arbeiten in Silber trieb. Viel Aufsehen machten seiner Zeit die von Bayr und Albrecht Glimm in Silber getriebenen Reliefs mit figürlichen Darstellungen für den im J. 1538 vollendeten Reisealtar des Königs Sigismund I. von Polen, welcher jetzt in der Sigismundkapelle des Doms zu Krakau steht. In den Jahren 1539 und 1540 war L. dem Meister Hans Vischer behülflich das ursprünglich Fugger’sche Pracht-Messinggitter zu vollenden und im großen Saale des Rathhauses zu Nürnberg aufzustellen. Er soll an demselben besonders einige Wappen und andere bildliche und ornamentale Reliefs gefertigt haben. Dann fertigte L., gleich Vischer, „mit besonderem Fleiß und viel Kunst“ Grabplatten und Epitaphien für vornehme geistliche und weltliche Herren. Bekannt ist von demselben ein mit dem lebensgroßen Bilde des Verstorbenen versehenes Epitaph des Grafen Wernher von Zimbern († 1554)[WS 1] in der Kirche zu Mößkirch bei Sigmaringen, welches die Inschrift „Bankraz Labenwolf zu Nürrenberg auf der Schmelzhütten goß mich“ und die Jahreszahl 1551 trägt. Gleichzeitig goß er, wie aus einer im Stadtarchiv zu Nürnberg noch erhaltenen Quittung vom 3. Juli 1551 sich ergibt, auf Bestellung des Joachim Fraischlich in Krakau ein Grabmal des Starosten Odnoffsky in Lemberg, welches 10 Centner wog und wofür er 245 Gulden erhalten hat. Wahrscheinlich ist von ihm auch die broncene Grabplatte mit dem fast lebensgroßen Bilde des geharnischten Ritters Alexius Münzer von Bamberg († 1537) und seiner Gemahlin Katharina († 1552). Letztere in der Tracht vornehmer Frauen jener Zeit, welche auf dem Grabstein dieser [464] Personen auf dem Johanniskirchhofe zu Nürnberg befestigt ist. Das Original-Holzmodell dieser Grabplatte wurde erst vor wenig Jahren von Nürnberg aus an den Grafen Stroganoff in Petersburg verkauft. – Zu Labenwolf’s besten Arbeiten gehört der zierliche Brunnen von sehr glücklichen Verhältnissen im Hofe des Rathhauses zu Nürnberg. Er besteht aus einer auf einem steinernen Unterbau ruhenden Schale von 1,80 Meter Durchmesser, aus welcher eine 1,65 Meter hohe Säule mit dorischem Capitäl und Gebälk sich erhebt. Diese Säule ist, nach der Art jener Zeit, mit hohem Postament versehen, auf welchem zwischen vier schönen Widderköpfen, Guirlanden und anderen Ornamenten die Inschrift: Anno Domini MDLVI. P. L. angebracht ist. Auf der Säule befinden sich acht wasserspeiende Delphine, zwischen welchen ein kleiner Genius mit einer Fahne steht. Das Original-Holzmodell zu diesem kleinen Knaben (Genius) befindet sich jetzt im Germanischen Museum zu Nürnberg. – Einen großen Ruf hat Pankraz L. sich durch eine ganz aus dem Leben gegriffene, naiv aufgefaßte und anspruchslos dargestellte 0,65 Meter hohe Brunnenstatuette erworben, welche unter dem Namen „Gänsemännchen“ weithin bekannt, in einer steinernen Brunnenschale auf dem früheren Gänsemarkt, hinter der Frauenkirche zu Nürnberg steht. Es ist ein Bauer, welcher unter seinen Armen zwei Gänse, aus deren Schnäbeln Wasser fließt, zu Markte trägt, eine Scene, wie man sie in Nürnberg noch heute oft zu sehen Gelegenheit findet. Der Bauer steht, eine Mütze auf dem Kopfe, in kurzen Hosen, so daß Knie und Waden nackt bleiben, in kurzem, vorn aufgeschlagenem Rocke mit nackter Brust, in nachlässig herunter gefallenen Stiefeln, also in einem ganz ähnlichen Anzuge, wie wir die Bauern jener Zeit z. B. auch auf Kupferstichen von Dürer sehen, in behaglicher Ruhe an einen Baumstamm gelehnt und bietet seine Gänse feil. Diese ächt volksthümliche Gestalt ist berühmt und zu einer Art von Wahrzeichen von Nürnberg geworden. Das Original-Holzmodell dieser Statuette befindet sich im Germanischen Museum zu Nürnberg. L. starb am 20. September 1563. Es gibt eine Medaille mit seinem Porträt vom J. 1543 und ein Porträt von ihm in Kupferstich vom J. 1554.

Georg L., Sohn des Vorigen, ebenfalls Erzgießer und Schüler seines Vaters. Er muß um das Jahr 1520 zu Nürnberg geboren sein. Unter seinen Arbeiten machte am meisten Aufsehen ein großer, 200 Centner schwerer Springbrunnen, welchen er 1579–83 für König Friedrich II. von Dänemark zum Schmucke des Hofes des damals im Bau begriffenen Schlosses Kronberg bei Kopenhagen fertigte. Derselbe, jetzt verschollen und nur aus einer Abbildung bei Doppelmayr bekannt, bestand im Wesentlichen aus einer in einem sechseckigen Bassin stehenden Säule, an welcher in vier Etagen übereinander bildliche Darstellungen verschiedener Art, meist in vollrunden Figuren dargestellt waren und deren Spitze durch einen sich drehenden Neptun mit seinem Rossegespann bekrönt war. Ferner fertigte L. 1576 für den Hof des neu erbauten Collegiengebäudes der Nürnberger Universität zu Altdorf einen kleinen, reizvollen Springbrunnen, welcher an seiner ursprünglichen Stelle noch wohl erhalten ist. Auf einem mit Stierschädeln geschmückten Unterbau erhebt sich eine Säule, umgeben von drei Wasser speienden Drachen, auf welcher eine Statue der Minerva steht. Von L. sind ferner höchst wahrscheinlich die Broncereliefs in dem hochragenden Wolfgang Münzer’schen Grabmal auf dem Johanniskirchhofe zu Nürnberg gefertigt im J. 1560, eine kleine Brunnengruppe Herkules und Antaeus in dem Hofe des Hauses Tetzelgasse 37 zu Nürnberg und ohne Zweifel auch viele Epitaphien auf den Grabsteinen der Nürnberger Kirchhöfe.

Lienhard L., Sohn des Vorigen, ebenfalls Erzgießer. Von seinen Arbeiten ist jedoch nichts bekannt.

[465] Doppelmayr, Nachrichten von Nürnberger Künstlern (Nürnberg 1730). Bergau in der Zeitschrift für bildende Kunst, Bd. XV.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Der Dichter Gottfried Werner von Zimmern (1484-1554), siehe den Artikel in der Wikipedia, Bruder von Wilhelm Werner von Zimmern.