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Artikel „Lücke, Johann Christoph Ludwig“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 113–115, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:L%C3%BCcke,_Ludwig&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 04:20 Uhr UTC)
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Lücke: Johann Christoph Ludwig L., Elfenbeinschnitzer, über dessen Geburt nichts sicheres zu ermitteln ist, war vermuthlich der Sohn eines Elfenbeinarbeiters Namens Carl August L. Er wird zuerst als Modellmeister an der Meißener Porzellanfabrik erwähnt, an der er von Mitte April 1728 bis Ende Januar 1729 beschäftigt war, aber nur ungenügende Leistungen aufzuweisen hatte und der Unverträglichkeit mit seinen Collegen beschuldigt wurde. Wohin er sich nach seiner Entlassung aus der Manufactur wandte, ist unbekannt. Möglicher Weise begab er sich auf Reisen, die ihn für mehrere Jahre ins Ausland, d. h. nach England, Holland und Frankreich führten. Im J. 1733 finden wir ihn in Dresden, bemüht, vom König die ihm angeblich verheißene Pension des im J. 1732[WS 1] verstorbenen Bildhauers Balthasar Permoser[WS 2] zu erlangen. Eine ähnliche Bitte um Unterstützung wiederholte er am 8. November 1736. Gleichzeitig übersandte er eine aus Elfenbein angefertigte [114] allegorische Gruppe, welche die Zeit in der Gestalt des Saturn darstellt, wie sie die verfallende Kunst, ein ohnmächtiges, auf der Erdkugel sitzendes Weib, wieder emporrichtet. Diese Gruppe, die sich heute im Grünen Gewölbe in Dresden befindet, wurde ihm am 24. November 1736 für 80 Dukaten abgekauft. Schon im folgenden Jahre ging ein wundervolles Crucifix, „eine Arbeit von hohem Kunstwerth“, das die vollständige Bezeichnung des Künstlers trägt, in den Besitz des Königs über. Es muß schon auf die Zeitgenossen einen großen Eindruck gemacht haben, da es in einer im J. 1739 erschienenen Beschreibung des Grünen Gewölbes poetisch besungen wird. Sicher stand L. in einer Art von Dienstverhältniß zum sächsischen Hofe, doch ist es nicht recht klar, welcher Art dasselbe war. In der Eingabe vom 8. November 1736 nennt er sich Stallbildhauer, und im J. 1742[WS 3] bezeichnet er sich als Kunst-Kabinett-Bildhauer. Für kurze Zeit trat er auch mit dem Schweriner Hof in Verbindung, wurde aber, wie es scheint, durch seinen Bruder, den Bildhauer Karl August L., aus der Gunst des Herzogs verdrängt. Jedenfalls entwickelte er um jene Zeit eine ziemlich ausgebreitete Tätigkeit als Elfenbeinschnitzer, von der sich Proben nicht nur im Grünen Gewölbe zu Dresden und in dem dortigen städtischen Museum, sondern auch im Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe, in dem königlichen Museum zu Berlin, in dem großherzoglichen Museum zu Schwerin und im herzoglichen Museum in Braunschweig (?) erhalten haben. Im J. 1750 begab sich L. auf die Wanderschaft, um als Porzellanmaler sein Glück zu versuchen. Er wandte sich zunächst nach Wien und fand hier für kurze Zeit Beschäftigung als Modellmeister an der Wiener Porzellanmanufactur. Aber schon im folgenden Jahre finden wir ihn in Hamburg, von wo aus er sich vergeblich bemühte, sich bei der Fürstemberger Porzellanfabrik festzusetzen. Im J. 1752 kam er nach Kopenhagen und machte hier mit Unterstützung seines Sohnes allerhand Versuche mit der Herstellung von Porzellan, die so wenig glücklich verliefen, daß sie im J. 1757 nach Aufwendung einer nicht unbeträchtlichen Summe wieder aufgegeben werden mußten. Er wollte hierauf in Schleswig eine Porzellanfabrik gründen, scheint aber auch bei diesem Vorhaben nicht vom Glück begünstigt worden zu sein, da er mit dem Jahre 1758 mit diesem Schleswiger Unternehmen nichts mehr zu schaffen hatte. Inzwischen aber war er immer wieder bemüht, seine Mißerfolge als Keramiker durch Arbeiten in Elfenbein und Thon auszugleichen, wovon seine Arbeiten in den Sammlungen des Schlosses Rosenberg in Kopenhagen und im schleswig-holsteinischen Privatbesitz Zeugniß ablegen. Vermuthlich schuf er damals auch die Figur einer schlafenden Schäferin, die sich jetzt im Besitz des bairischen Nationalmuseums in München befindet. Im J. 1767 wandte er sich an den Prinzen Xaver, den Administrator Sachsens, und erhielt von diesem die Erlaubniß, eine Bildhauerfabrik in Sachsen anzulegen. Man muß annehmen, daß ihm dieser Plan geglückt ist, denn als er im Jahre 1780 in Danzig kinderlos starb, hinterließ er ein Vermögen von 8000 Reichsthalern. Nach dieser Nachricht muß man schließen, daß sein oben erwähnter Sohn, der möglicher Weise mit dem Elfenbeinschnitzer E. F. L. identisch ist, vor ihm gestorben war. Sein gleichfalls schon erwähnter Bruder, Karl August L., lebte etwa von 1738 bis 1757 im Dienste des Herzogs Christian Ludwig in Schwerin. Dann ging er nach Rußland, wo er fünf Jahre unter der Regierung der Kaiserin Elisabeth in Petersburg zubrachte. Im J. 1777 wird er als in Danzig wohnend erwähnt und hinzugefügt, daß er Mühe hatte, mit seinen sieben Kindern durchzukommen. Bildhauerarbeiten von seiner Hand haben sich im großherzoglichen Museum in Schwerin und in den königlichen Museen zu Berlin erhalten.

[115] Nach Chr. Scherer in der Zeitschrift für bildende Kunst, N. F., 7. Jahrgang. Leipzig 1896, S. 102–110 und 137–140, wo die einschlägige Litteratur citirt ist. Der Aufsatz ist in erweiterter Gestalt wieder abgedruckt in den Studien zur deutschen Kunstgeschichte, 12. Heft. Straßburg 1897, S. 74–106. – Vgl. auch Das Museum, hrsgg. von R. Graul und R. Stettiner. Berlin und Stuttgart 1896. Jahrg. I, S. 46, 47. – Lücke’s Name ist von W. Loose in seinen Lebensläufen Meißener Künstler (Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen II, Meißen 1891) übersehen worden.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1752
  2. Vorlage: Permser
  3. Vorlage: 1842