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Artikel „Knaus, Carl Christian“ von Karl Theodor von Inama-Sternegg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 270–272, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Knaus,_Karl&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 06:18 Uhr UTC)
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Knaus: Carl Christian K., Cameralist, geb. am 7. Februar 1801 zu Vaihingen an der Enz, wo sein Vater württembergischer Amtsphysikus war, [271] † am 2. September 1844 als Professor der Land- und Forstwirthschaft zu Tübingen. Seine erste Jugend verlebte er im Hause seiner frühzeitig verwittweten Mutter in Stuttgart, besuchte hier das Gymnasium und brachte drei Jahre zu seiner praktischen Vorbildung für das Cameralfach in einer Cameralbeamtung zu. 1819 bezog er die neugegründete landwirthschaftliche Anstalt zu Hohenheim, wo er insbesondere unter Leitung von Schwerz sich während dreier Semester landwirthschaftlichen Studien widmete. Im Herbst 1820 bezog er die Universität Tübingen, wo damals Fulda, Poppe, Krehl und Hundeshagen lehrten und trat nach absolvirtem Facultätsstudium 1823 als Referendar bei dem Finanzministerium in Stuttgart ein. Während er im folgenden Jahre auf einer wissenschaftlichen Studienreise in Schlesien verweilte, wurde er zurückberufen, um sich über seine Theilnahme an den burschenschaftlichen Vereinigungen während seiner Universitätszeit zu verantworten. Bei der außerordentlichen Strenge, mit der dieselben damals verfolgt wurden, gelang es ihm, obgleich er sich keiner schuldbaren Handlung außer der Theilnahme an der geheimen politischen Studentenverbindung selbst bewußt war, nicht, die schweren Folgen von sich abzuwenden, welchen auch seine Genossen unterlagen: er ward 7 Monate in Untersuchungshaft gehalten, dann noch weiter zu 2 Jahren Festungsstrafe auf Hohenasperg verurtheilt; ein Gnadenact setzte ihn doch wenigstens schon im Januar 1826 in Freiheit; doch mußte er erst noch eine schwere Krankheit als Folge der Gefangenschaft überstehen, bevor er an die Wiederaufnahme seines gestörten Lebensplanes denken konnte. Von seinen ehemaligen Lehrern an der Hohenheimer Anstalt bestens empfohlen, fand K. zunächst auf der gräflich Welsperg’schen Herrschaft Langenstein, dann auf den fürstlich Löwenstein-Werthheim’schen Gütern zu Werthheim und Umpfenbach eine Stelle als Oekonomieverwalter. Im Herbste 1831 berief ihn der Fürst zu Leiningen als Domänenrath in seine Domänenkanzlei zu Amorbach (Unterfranken). Erst hier fand K. Gelegenheit zu erfolgreicher Bethätigung seiner vielseitigen, durch sorgfältiges Studium und reife Ueberlegung hervorragenden organisatorischen Talente und staatswirthschaftlichen Ansichten. Besonders wirkte er durch zweckmäßige Arrondirungen und Ablösung von Schäfereiberechtigungen günstig für die Ordnung des Domanialbetriebs. Kleine Schriften „Ueber die Ausbildung landwirthschaftlicher Beamten“, 1838, „Ueber die Mittel, um die Waldstreu für die Landwirthschaft möglichst entbehrlich zu machen“, 1839, „Ueber die Benutzung und Verwaltung größerer Güter“, 1839, sowie seine Preisschrift „Ueber Schafweide-Ablösungen und deren Einfluß auf die Cultur des bisher weidebelasteten Grundeigenthums“, 1840, zeugen gleichmäßig von seinen reichen praktischen Erfahrungen wie von seiner staatswirthschaftlichen Auffassung privatwirthschaftlicher Fragen. Eben diese Richtung der Thätigkeit wie der Schriften von K. war es auch, welche die Aufmerksamkeit der staatswirthschaftlichen Facultät an der Universität Tübingen auf ihn lenkte; 1840 wurde er als ordentlicher Professor der Land- und Forstwirthschaft dahin berufen und eröffnete seine Lehrthätigkeit mit einer Rede „Ueber den hohen Werth einer landwirthschaftlichen Bildung für ein ackerbautreibendes Volk.“ Mit eisernem Fleiße und einer oft übermäßigen Anstrengung arbeitete er sich nun in seinen neuen Beruf ein; sein lebendiges Wesen und sein dem öffentlichen Wohle mit Begeisterung zugethanes Streben führten ihn von einer Aufgabe zur anderen; auf dem Katheder, in Vereinen und Versammlungen, als Schriftsteller wie als Berather in praktischen Fragen erschöpfte er frühzeitig seine ohnehin sehr geschwächte Gesundheit. Er war Mitarbeiter an den in Prag erscheinenden „Oekonomischen Neuigkeiten“ von André, an der landwirthschaftlichen Litteraturzeitung des Staatsraths Fischer zu Birkenfeld; für die Cotta’sche Vierteljahrsschrift lieferte er Abhandlungen „Ansichten und Vorschläge über den Betrieb und Geschäftsgang der jährlichen [272] Versammlung deutscher Landwirthe“ (1841); „Ueber tüchtige Fortbildung des Bauernstandes“ (1841); „Ueber die Organisation und Wirksamkeit landwirthschaftlicher Vereine“ (1843); „Der Flurzwang in seinen Folgen und Wirkungen“ (1843). Besonders mit dieser letzteren Schrift, welche in vermehrter Auflage auch selbständig erschien, begründete er dauernd seinen Ruf als ebenso praktisch wie tief blickender Nationalökonom und hat nachhaltig auf die Anschauungen seiner Zeit eingewirkt. In der Zeitschrift für die gesammten Staatswissenschaften, welche er als Mitglied der Tübinger Facultät mit begründen half, legte er noch seine Ansichten „Ueber den Werth eines Zeitpächterstandes“ und über „Die politische Gemeinde als Grundeigenthümerin“ nieder (1844). Kurz vorher war es ihm noch vergönnt eine Lieblingsidee zu verwirklichen; die von ihm angeregte Wanderversammlung württembergischer Landwirthe, ein Nachbild der großen deutschen Versammlung, trat 1843 zum ersten Mal zusammen; über ihre Versammlung in Schwäbisch-Hall erschien erst nach seinem Tode in André’s ökonomischen Neuigkeiten ein Bericht aus seiner Feder. Unerwartet überfiel ihn eine Ruhrkrankheit und machte seinem thätigen Leben im 44. Jahre ein Ende. Mit Recht hat ihm schon Roscher seine Stelle in der Litteratur unter den Agrarpolitikern historischer Richtung angewiesen: doch kam diese weniger in der Anwendung der historischen Methode, als in einer ächt historischen Auffassung der staatswirthschaftlichen Probleme, in einer gerechten Würdigung des Werthes der bestehenden Verhältnisse zum Ausdrucke; nichts destoweniger ist das Streben nach zweckmäßigen Reformen und durchgreifenden Fortschritten bei K. auf das Entschiedenste ausgeprägt; den Bauernstand wollte er besonders durch vermehrte Bildung wohlhabend erhalten; die Vereinigung der noch vielfach gegensätzlichen Interessen des Grundherrn- und des Bauernstandes war ein ebenso dem Geiste des Fortschritts wie den innersten Bedürfnissen der landwirthschaftlichen Bevölkerung entsprechendes Programm, das auch in unserer Zeit erneuter socialer Bewegungen noch seine volle Bedeutung hat.

Biographie von Schüz in der Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft, 1. Bd. 1844.