ADB:Klöden, Gustav von
Plamann’schen Erziehungsanstalt wirkte und sich später einen bekannten Namen als äußerst fruchtbarer populärwissenschaftlicher Schriftsteller auf den Gebieten der Geographie, der Naturkunde und der brandenburgischen Geschichte erwarb. 1817 siedelte die Familie nach Potsdam über, wo der Vater die Leitung des neu errichteten kgl. Schullehrerseminars übernahm. Der Knabe besuchte seit 1820 die mit dieser Anstalt verbundene Uebungsschule, erhielt aber daneben auch noch ausgiebigen Privatunterricht. 1824 wurde der Vater zum Director der neubegründeten Friedrichswerderschen Gewerbeschule in Berlin ernannt. Der Sohn durchlief bis 1831 alle Classen derselben, beschäftigte sich dann noch zwei Jahre lang im Elternhause mit den classischen Sprachen, erlernte daneben auch das Zeichnen und Stechen von Landkarten, bestand 1833 am Köllnischen Gymnasium die Reifeprüfung und bezog darauf die Universität seiner Vaterstadt. Hier widmete er sich außer philosophischen besonders mathematischen und naturwissenschaftlichen Studien. Unter seinen akademischen Lehrern zogen ihn vor allem Schleiermacher und Alexander v. Humboldt an. Da ihn sein Vater nur gelegentlich durch geringe Geldbeihülfen unterstützen konnte, mußte er sich seinen Lebensunterhalt durch [236] untergeordnete litterarische Arbeiten, namentlich durch Uebersetzungen aus dem Englischen erwerben. Zwei von diesen, die er für den Berliner Verlagsbuchhändler Lüderitz geliefert hatte, wurden durch den Druck veröffentlicht: Maria Sommerville’s „Ueberblick der physikalischen Wissenschaften in ihrem Zusammenhange“ (Berlin 1835) und Humphrey Lloyd’s „Abriß einer Geschichte der Fortschritte und des gegenwärtigen Zustandes der physikalischen Optik“ (ebd. 1836). Seit 1836 bereiste er als Begleiter des Botanikers Heinrich Friedrich Link zunächst Südfrankreich und die Pyrenäen, dann die Küstenländer des Adriatischen Meeres, Griechenland und die Ionischen Inseln, endlich Oesterreich und Böhmen. Im Herbst 1837 erwarb er an der Berliner Universität durch eine Dissertation „De luce aëre polarisata“ den philosophischen Doctorgrad. Am 1. Januar 1839 trat er auf Wunsch seines Vaters als Hülfslehrer an dessen Gewerbeschule ein. Bereits im folgenden Jahre wurde er zum ständigen Lehrer der Erdkunde und der deutschen Sprache befördert. Am 24. April 1840 verheirathete er sich mit Caroline Friederike Wilhelmine Dorothea Krause, der Tochter eines Commerzienrathes aus Swinemünde. Seitdem floß sein Leben ohne bemerkenswerthe äußere Ereignisse dahin. 1855 erhielt er den Professortitel. 1870 ernannte ihn das preußische Kriegsministerium zum Mitgliede der Ober-Militärexaminationscommission.
Klöden: Gustav Adolf von K., Geograph, entstammte einer seit dem 12. Jahrhundert blühenden, aber allmählich wirthschaftlich zurückgekommenen altmärkischen Adelsfamilie. Er wurde am 24. Juni 1814 zu Berlin als Sohn des Lehrers und Landkartenstechers Karl Friedrich v. K. geboren, der damals an der berühmtenDie Muße, die ihm seine Lehrthätigkeit ließ, widmete er ganz seiner Familie und seinen wissenschaftlichen Neigungen. Als Früchte seiner Studien veröffentlichte er mehrere umfangreiche geographische Werke. Das erste war ein „Geographisches Hülfsbuch zum Wiederholen und Einlernen für Schüler höherer Lehranstalten“ (Berlin 1843), das mehrfach umgearbeitet wurde und später als „Abriß der Geographie“ (Berlin 1854 u. 1861), dann als „Lehrbuch der Geographie zum Gebrauche für Schüler höherer Lehranstalten“ (Berlin 1867) erschien. Dieses Compendium fand den Beifall Alexander’s v. Humboldt, der dem Verfasser empfahl, es zu einem möglichst vollständigen Nachschlagewerke über alle Zweige des erdkundlichen Wissens zu erweitern. K. folgte diesem Rathe, und so entstand nach mehrjährigen Vorarbeiten das große anfangs dreibändige, später allmählich zu fünf starken Bänden anwachsende „Handbuch der Erdkunde“ (Berlin 1857–62), das rasch Verbreitung und Anerkennung gewann und bis 1884 noch drei vermehrte und verbesserte Auflagen erlebte. Der 1. Band umfaßt die astronomische, mathematische und physische Geographie, der 2. die Länderkunde Europas, der 3. die außereuropäischen Erdtheile. Ausführliche Register ermöglichen ein rasches Nachschlagen. In den späteren Auflagen ist außerdem bei jedem Abschnitt die wichtigere Speciallitteratur angegeben. Das Werk zeichnet sich vor mehreren ähnlichen Unternehmungen jener Zeit durch umfassende Gelehrsamkeit, klare und gewandte Darstellung, außerordentlichen Reichthum des Inhalts und weitgehende Zuverlässigkeit aus, doch überschreitet es bei weitem die natürlichen Grenzen, die einem geographischen Handbuche gesetzt sind, indem es dem erdkundlichen Stoffe eine ungeheure Masse von geschichtlichen, naturkundlichen und statistischen Notizen beifügt. Namentlich die Ortskunde ist durch dieses Beiwerk unverhältnißmäßig angeschwollen, aber auch die Thier- und Pflanzengeographie erscheint durch Aufzählung und Beschreibung der wichtigeren Familien und Arten ungebührlich belastet. Ein weiterer Uebe1stand ist die unzweckmäßige Anordnung des Stoffes nach äußerlichen Gesichtspunkten, wodurch vieles Verwandte und Zusammengehörige unnöthiger Weise auseinander gerissen wird, so daß beispielsweise die natürlichen und die politischen Verhältnisse der einzelnen Erdtheile und Länder scharf getrennt und an verschiedenen oft weit entfernten Orten beschrieben sind und demgemäß ein einheitliches Bild irgend eines Erdraumes [237] nicht gewonnen werden kann. – Zugleich mit dem ersten Bande dieses Hauptwerkes erschien ein weiteres umfangreiches Buch Klöden’s: „Das Stromsystem des oberen Nil nach den neueren Kenntnissen mit Bezug auf die älteren Nachrichten“ (Berlin 1857), das ein Zeugniß von der umfassenden Litteraturkenntniß des Verfassers ablegt. Kurz nach der Vollendung des Handbuches trat er mit einem „Geographischen Leitfaden für die Elementarklassen der Gymnasien und Realschulen“ hervor (Berlin 1863), der später den allgemeineren Titel „Leitfaden beim Unterricht in der Geographie“ erhielt und bis 1890 acht Auflagen erlebte. Gleichfalls für Unterrichtszwecke veröffentlichte er noch eine Sammlung von 17 Repetitionskarten über alle Theile der Erde (Berlin 1869) und eine „Kleine Schulgeographie“ (ebd. 1874). Einen mehr wissenschaftlichen Charakter trägt eine bald darauf erschienene Schrift über „Das Areal der Hoch- und Tieflandschaften Europas“ (Berlin 1874). Später betheiligte er sich noch mit Feodor v. Köppen und Richard Oberländer an der Herausgabe des von vielen Gelehrten bearbeiteten populären Sammelwerkes „Unser deutsches Land und Volk“ (Leipzig 1878 ff.).
Außer seinen selbständigen Werken verfaßte K. noch eine große Zahl von Aufsätzen und Abhandlungen, die er theils als Programme der Friedrichswerderschen Gewerbeschule in Berlin, an der er wirkte (Beiträge zur neueren Geographie von Abessinien 1855, Afrikanische Inseln 1871), theils in naturwissenschaftlichen, geographischen, pädagogischen und belletristischen Zeitschriften veröffentlichte, so in Poggendorff’s Annalen der Physik und Chemie (Ueber das Sinken der dalmatischen Küste 1838), im Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde (Bemerkungen über die Monti Pisani 1840), im Schulblatt für die Provinz Brandenburg (Uebersicht der neueren Wandkarten und Atlanten 1841, Zusätze 1845 und 1847), in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin (Streifzüge durch Istrien und den Karst 1842, Ueber die niederländischen und französischen Besitzungen in Guayana 1858, Baker’s Reise in Centralafrika 1866, Der Golfstrom nicht der Erwärmer des westlichen Europas 1878, Seen-Tabelle 1884, General Tillo’s Messung der Länge der größeren Flüsse in Rußland 1885, Annähernde Angabe der Länge von 376 Strömen und Flüssen und Größe ihrer Stromgebiete 1885), ferner in den Zeitschriften Unsere Zeit (Die Entdeckungsreisen in Australien während der letzten 20 Jahre 1863), Aus allen Welttheilen (Ausflug von Athen nach dem Pentelikon 1870, Das Hochland Pamir und[WS 1] der Oberlauf des Oxus 1880, Das Todte Meer 1888), Petermann’s Mittheilungen (Eine Ursache des Sinkens der Küsten 1871, Die Liu-Kiu-Inseln 1880), Natur (Der Aralsee 1877, Das Kaspische Meer 1878), Deutsche Revue (Die untergegangene Atlantis 1878), in der Zeitschrift für Schulgeographie (Chronisch gewordene Fehler in geographischen Benennungen 1880, Geographische Wandbilder 1881, 100 Fragen für eine Prüfung in der astronomisch-mathematischen Geographie 1881, Lemuria und Atlantis 1881, Die festen Plätze im deutschen Reiche 1882, Die Amazonen in Südamerika 1883) und in der Deutschen Rundschau für Geographie und Statistik (Aus der Welt der Riesen 1882, Die pacifischen Eisenbahnen in Nordamerika 1882, Labrador 1882). Außerdem hat er viele geographische Artikel für Brockhaus’ Conversationslexikon und für Berliner Tagesblätter, namentlich für die Vossische Zeitung bearbeitet. Am 11. März 1885 starb er hochbetagt in seiner Vaterstadt.
- Carl Friedrich von Klöden, Geschichte einer altmärkischen Familie im Laufe der Zeiten. Berlin 1854, S. 589–590. – A. Mießler, Deutscher Geographen-Almanach. Hagen 1884, S. 356–358.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: und und