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Artikel „Kämpfer, Andreas“ von Gustav Baur in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 61–62, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kaempfer,_Andreas&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 16:46 Uhr UTC)
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Kämpfer: Andreas K. wurde am 15. Juli 1658 zu Lemgo als dritter Sohn des dortigen Pastors, Scholarchen und Seniors des Ministeriums, Johannes K., geboren. Der älteste Bruder, Joachim, studirte in Leyden die Rechte, erwarb um 1677 in Jena die Doctorwürde und docirte dann wieder in Leyden, ohne jedoch durch schriftstellerische Leistungen sich bekannt zu machen. Dagegen hat der zweite Bruder, Engelbert (s. d. Art.), als Gelehrter, fein beobachtender Reisender und praktischer Arzt sich einen wohlverdienten Ruhm erworben. K. selbst schreibt in seiner handschriftlichen Selbstbiographie und auf den Titeln seiner beiden Dissertationen den Familiennamen „Kempffer“, dagegen ist durch die Schriften des berühmteren Bruders die Namensform „Kämpfer“ die übliche geworden. – Da die beiden älteren Söhne dem Vater viel Geld gekostet hatten, so trug er Bedenken, auch Andreas für einen gelehrten Beruf zu bestimmen. Daher war dessen Vorbildung eine sehr mangelhafte, als er 1676 oder 1677 dennoch die Erlaubniß erhielt, Joachim auf die Universität Jena zu begleiten. Hier suchte er mit Eifer die Lücken seines Wissens auszufüllen und wandte sein Hauptinteresse schon damals unter Daniel Weimar und Johann Frischmuth (s. d. Art.) dem Studium der hebräischen Sprache zu. Leider mußte er in Folge seiner Mittellosigkeit schon nach zwei Jahren in das elterliche Haus zurückkehren, verließ dieses aber auf Betrieb und im Geleite Engelberts im October 1680, zunächst in der Absicht, mit diesem nach Königsberg sich zu begeben. Indessen trennten sich die Brüder in Lübeck und K. wandte sich nach Schweden. In Stockholm gerieth er anfangs in so schwere ökonomische Bedrängniß, daß er bereits entschlossen war Soldat zu werden, als er Gelegenheit fand theils als Hauslehrer, theils durch Unterricht junger Schweden in der dort damals besonders beliebten französischen, junger Engländer in der deutschen, Anderer in der hebräischen Sprache sich seinen nothdürftigen Unterhalt zu erwerben. Besser ging es ihm in Upsala, wo er sich länger aufhielt und die Erlaubniß erhielt, „die deutsche Sprache zu profitiren“, auch seinen hebräischen Unterricht fleißig fortsetzte, während er zugleich von Gustav Peringer in die arabische Sprache eingeführt wurde. Nachdem er so etwa vier Jahre in Schweden verweilt hatte, begab er sich nach Hamburg, um hier die Unterweisung des berühmten Esdras Edzard zu genießen, welcher das Hebräische nach einer neuen, vielfach an die didaktischen Grundsätze Wolfgang Ratich’s erinnernden Methode behandelte, deren Haupteigenthümlichkeit darin bestand, daß er den grammatischen Unterricht durch sofortige Einführung der Schüler in hebräische Texte exemplificirte und belebte. Etwa 41/2 Jahr hielt er sich in Hamburg auf, indem er als Lehrer im Hause des holstein-dänischen Edelmannes Detlev v. Ahlefeldt die nöthigen Subsistenzmittel sich erwarb, auch ein Fräulein aus dem Ahlefeldt’schen Geschlecht im Hebräischen informirte. Der verlockenden Aussicht, welche sein Bruder Joachim auf eine lucrative Thätigkeit in Leyden ihm eröffnet hatte, widerstand er, weil er, wie er selbst sagt, nicht um Geld zu verdienen das Hebräische gelernt hatte, sondern um der Welt damit zu dienen. Er ging also 1689 nach Leipzig, wo er namentlich durch die Unterstützung, welche A. H. Francke ihm gewährte, einen gedeihlichen Boden für seine Lieblingsthätigkeit fand und sich rühmen konnte, „sechs Magistros“ unter seinen Schülern zu haben. Als jedoch die Verfolgung Francke’s überhand nahm und am 10. März 1690 das Verbot der collegia pietatis erlassen wurde, verließ er Leipzig und begab sich nach Gedern, an einen der „frommen wetterauischen Grafenhöfe“ jener Zeit, wo er durch den Grafen Christian Ludwig von Stolberg-Wernigerode Gelegenheit fand sich auf dem Filial Volkartshein in der geistlichen Amtsthätigkeit zu versuchen, bis er gegen Ende des Jahres 1690 im Vertrauen auf die Protection des bekannten Professors J. H. May nach Gießen sich wandte. In der That ließ May nicht allein gerne seine [62] Zuhörer von K. im Hebräischen vorbereiten, sondern verschaffte ihm auch eine Anstellung als Lehrer an dem Pädagogium und ermunterte ihn sich als Magister zu habilitiren. Die beiden Dissertationen, welche K. zu diesem Ende geschrieben, zugleich das Einzige, was er überhaupt in den Druck gegeben hat, sind 1696 erschienen und führen die Titel: „De stupendo Israelitarum sub duce Angelo Creatore per mare rubrum itinere“ und „De stupendo Israelitarum sub duce Arca Foederis per Jordanum transitu“. Als eines Glanzpunktes seiner akademischen Thätigkeit gedenkt er selbst einer Disputation, die er mit dem famosen R. M. Meelführer in hebräischer Sprache gehalten. Die Hoffnung aber auf die Erlangung einer festen und befriedigenden akademischen Stellung in Gießen mußte K. aufgeben, da für die Professur der orientalischen Sprachen nach dem naiven akademischen Nepotismus jener Zeit der Sohn seines Gönners, der jüngere J. H. May, bereits in Aussicht genommen war, welcher sie später (1709) auch wirklich erhielt. K. nahm daher 1701 die Pfarrstelle zu Billertshausen am Nordabhange des Vogelsberges an und blieb hier 42 Jahre lang bis zu seinem am 25. August 1743 erfolgten Tode im Amte, auch in diesem noch seine alte Lieblingsneigung durch Unterweisung angehender Theologen im Hebräischen pflegend. – K. war ein stiller Stubengelehrter, dessen Interessen sich noch dazu auf einen ganz bestimmten Punkt, den Unterricht im Hebräischen, concentrirten und die Specimina, die er abgelegt hat, haben, wie eine handschriftlich erhaltene Biographie von ihm bemerkt, „mehr in docendo als in scribendo bestanden“. Daraus erklärt es sich, daß in den bekannten biographischen und bibliographischen Lexicis seiner keine Erwähnung geschieht. Nur in Strieder’s Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte, VI. 199 f., findet sich in einer Anmerkung zu der Biographie J. C. Horst’s[WS 1] (s. d. Art.), welcher gleichfalls von K. im Hebräischen unterrichtet worden war, eine kurze Notiz über ihn. Dagegen befindet sich in der Bibliothek des Gymnasiums zu Gießen eine in seinem Todesjahre von ihm verfaßte handschriftliche Selbstbiographie, welche einen hochinteressanten Beitrag zur Geschichte des akademischen Lebens und Treibens seiner Zeit bildet und sammt einer gleichzeitigen handschriftlich erhaltenen Biographie von anderer Hand und dem von K. selbst seiner ersten Dissertation beigegebenen curriculum vitae von dem Unterzeichneten als akademisches Programm zur Feier des Reformationsfestes herausgegeben worden ist („Andreas Kempffer’s Selbstbiographie, nach der Gießener Handschrift zum ersten Mal herausgegeben, eingeleitet und erläutert.“ Leipzig 1880).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Johann Caspar Horst (1715–1795), Prediger zu Lindheim und Enzheim. Der hier avisierte ADB-Artikel existiert nicht.