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Artikel „König vom Odenwald“ von Karl Bartsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 146–147, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:K%C3%B6nig_vom_Odenwald&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:57 Uhr UTC)
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Odenwald, König vom, Dichter am Anfang des 14. Jahrhunderts aus dem Kreise der Fahrenden; der Name „König“ bezeichnet nicht einen Wappenkönig, sondern einen Pfeifer- oder Spielmannskönig, wie solche seit dem 13. Jahrhundert in Frankreich, seit dem 14. Jahrhundert in Deutschland nachzuweisen sind. Er war also der oberste der Spielleute im Odenwald und führte daher seinen Beinamen. Seiner Sprache nach ist er wol auch im Odenwald heimisch gewesen, seine Wanderungen erstrecken sich auf die dem Odenwald nächst gelegenen Gebiete. Er nennt die Herren v. Seckendorf und v. Ehnheim, zwei Geschlechter in der bairischen Provinz Mittelfranken, ferner die von Neuenstein, worunter wol Neuenstein im würtembergischen Jaxtkreise östlich von Oehringen zu verstehen ist, und ebendahin weisen die von Ocinan, nordöstlich von Hall; endlich nennt er auch die Herren v. Sachsenflur, im badischen Unterrheinkreis, nordöstlich von Boxberg. Die Richtung seiner Poesie schließt sich an jene realistische des Minnegesanges an, die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts Steinmar u. a. eingeschlagen, an die Herbst- und Eßlieder, und er singt demgemäß das Lob der Gans, des Huhnes, der Kuh, des Schafes, des Schweines: alle diese Gedichte sind reich an Zügen aus dem Leben der Zeit. In noch höherem Grade gilt das von einigen andern, die ganz der Schilderung damaliger Sitten und Gebräuche gewidmet sind, so das Gedicht von den Bärten, das vom Baden. Eins gibt eine Schilderung eines bösen Weibes, ein anderes handelt vom Wideräffen, und eines, vom Unglimpf, schildert das wüste Leben und Treiben der damaligen Ritterschaft. Auch ein paar Fabeln hat er gedichtet, „der Mäuse Rath“ und „Thierbeichte“, die zu seinen besten Sachen gehören. Der dichterische Werth seiner einzelnen Gedichte ist nicht hoch anzuschlagen, doch [147] muß eine humoristische Ader ihm zugesprochen werden; für die Culturgeschichte jener Zeit haben sie ein nicht unerhebliches Interesse.

K. v. Bahder in der Germania 23, 193–222. 292–314. – Bartsch in den Beiträgen zur Quellenkunde der altd. Literatur S. 263–269.