ADB:Köler, David
Gerber’sche Tonkünstlerlexikon bringt von ihm nur die dürftige Notiz, daß er 1554 ein Psalmenwerk zu 4, 5 und 6 Stimmen in Leipzig habe drucken lassen. Die Vorlage der meisten theils gedruckten theils handschriftlichen, ungemein seltenen Arbeiten dieses Kleinmeisters hat nachstehenden Beitrag zur theilweisen Füllung dieser Lücke ermöglicht. David K., wie [468] er sich selbst in der Vorrede zu seinem Hauptwerke: „Zehn Psalmen Davids“, 1554 nennt (also nicht Koler oder Colerus), war aus Zwickau gebürtig. Als „ein Stadtkind der churfürstlichen Stadt Zwickau“ bezeichnet er sich in der eben genannten Vorrede. Sein Geburtsjahr ist zwar noch nicht ermittelt. Doch deutet eine Stelle in der Vorrede, nach welcher er sich zur Zeit der Herausgabe 1554 unter die jüngeren Zeitgenossen der Stadt rechnet, einigermaßen an, daß er in dem zweiten Jahrzehent des 16. Jahrhunderts geboren sein müsse; daselbst sagt er nämlich: wie ich denn von etzlichen alten ehrlichen vnd gelehrten Leuten, welche für 40 vnd 50 Jahren zu Zwickau in die Schul gangen seien, solchen rhum euch (nämlich dem Bürgermeister und Rath der Stadt Zwickau) oftmals habe geben hören“. Aus dieser Rechnung geht hervor, daß er mindestens 20 bis 30 Jahre jünger gewesen sein muß. Damit stimmt auch die Herausgabe seines großen Psalmenwerkes von 1554, das er als „seine erste Arbeit in der Musica“ bezeichnet, die er füglich kaum vor dem 25. bis 30. Lebensjahre geliefert haben kann. Ueber seine Familienabkunft herrscht völliges Dunkel. Ob der Doctor utriusque juris Johann Colerus, auf welchen der berühmte deutsche Tonsetzer Ludwig Senfl die in der Ulhard’schen Sammlung im Jahre 1545 erschienene Naenia: quid vitam sinite, 4 vocum componirte, in irgend einen Bezug zu unserem K. zu bringen sei, muß weiterer Untersuchung überlassen bleiben. Auffällig ist nur, daß unser Meister seiner Psalmenausgabe von 1554 den bekannten Brief Luther’s: Quamvis nomen meum ect. wieder vorsetzte (und zwar in einer vortrefflich geschriebenen Uebertragung), den der berühmte Reformator an Ludwig Senfl von der Feste Coburg unterm 4. Octbr. 1530 mit der Bitte um Uebersendung der Antiphon: In pace in idipsum richtete. Wollte unser Tonsetzer damit etwa sich seiner Verbindlichkeiten gegen Senfl entledigen? Bei der auffälligen Zusammenstellung dieses Schriftstücks will es beinahe so scheinen! – Jugenderziehung und classische Schulbildung verdankt unser Meister der Schule zu Zwickau, deren Verdienste er überall dankend und lobend erwähnt, wie folgende Stelle obiger Vorrede darthut: „damit ich mich gegen der breit berühmten ewer Schulen, in welcher ich erstlich in dieser (nämlich in der holdseligen Musica) und andern Künsten erzogen und trewlich vnterrichtet worden bin, als ein dankbar Stadtkind vnd Schüler erzeigen möchte“. Auch über die Schulzeit hinaus scheint K. zu seinen Universitätsstudien Vergünstigungen vom Zwickauer Magistrat genossen zu haben, der auch „die unvermögenden Bürgerskinder dermassen mit Stipendiis begabet“ habe, „das sie vff Universitäten in jren Studiis können fortfaren“, wie er an einer andern Stelle dieser Vorrede bemerkt. Von den ferneren Lebensschicksalen Köler’s, ob er sich nach den Universitätsjahren wieder in Zwickau aufgehalten, welche Stellung er überhaupt eingenommen hat, ist leider gar nichts bekannt. Zwar unterzeichnet er die schon genannte Vorrede zu seinem Psalmenwerke, „Gegeben Schönfelt in Behem, den ersten Juni 1554“ (einer kleinen Stadt zwischen Schlackenwalde und Lauterbach), aber er giebt nicht die geringste Andeutung, ob er daselbst seinen ständigen Aufenthalt gehabt oder nur vorübergehend sich aufgehalten habe, noch in welcher Eigenschaft, ob als Schulmann oder Musiker. Ebenso wenig ist über sein Lebensende etwas bekannt. Zwar erscheint noch eine Composition von ihm in einem Sammelwerke, das ein gewisser Clemens Stephani aus Buchau als Bürger von Eger im J. 1567 herausgab. Es ist aber aus derselben nicht zu ersehen, ob diese Composition noch bei Lebzeiten des Verfassers oder erst nach seinem Tode veröffentlicht wurde. Die Lösung all’ dieser Fragen muß Zeit und Umständen überlassen bleiben. Bei der Frage nach der künstlerischen Leistung Köler’s, nach seiner Stellung in der Litteratur, nimmt die schon mehrfach erwähnte Sammlung Psalmenbearbeitungen, als größte und bedeutendste seiner Arbeiten den ersten und vornehmsten Rang ein. Sie erschien [469] unter dem Titel: „Zehen Psalmen Davids | des Propheten, mit vier, fünff vnd sechs | stimmen gesetzt, durch David Köler von Zwickaw (Tenor). Jhesus Syrach am 32. Capitel: „Wenn man Lieder singet, so wasche nicht drein etc. Gedruckt zu Leipzig durch Wolfgangum Günther. Anno M. D. LIIII.“ (die gedruckten Worte wie die Jahreszahl roth gedruckt). Fünf Stimmbände in Querquart. Das Werk ist äußerst selten, mir ist nur ein Exemplar desselben bekannt, das sich auf der Gymnasialbibliothek zu Zwickau befindet. Die ziemlich ausführliche Vorrede an den Rath der Stadt Zwickau, aus welcher schon einzelne Stellen herausgehoben wurden, setzt zunächst die Gründe auseinander, die den Autor bewogen hätten, diese Psalmenbearbeitungen zu veröffentlichen. Unter diesen führt er in erster Linie den „jemmerlichen vnd gefehrlichen“ Zustand an, in welchem „vnser liebes Vaterland gestanden ist, was es für schaden vnd nachtheil erlietten, vnd ist da zu besorgen, da wir vns gegen Gott nicht demütigen vnd bus thun, daß dieses Alles gegen der künfftigen Straff zu rechnen nur ein Fuchsschwanz wird gewesen sein.“ Er spielt damit auf die Kriegszeiten von 1547 und 1558, sowie auf „den vertrag der löblichen Landesfürsten, vnsern gnedigen Herren“ an, in Folge dessen die sächsische Kurwürde auf die albertinische Linie überging. Statt der üblichen Lobeserhebungen auf die „schöne und liebliche Musica“, für die er sich „zu gering hält“, will er lieber „die Epistel vnsers lieben Vaters seligen Doctor Martin Luther’s, welche er an den hochberühmten Musicum Ludwig Senffel (desgleichen Deutschland ihr gar wenig gehabt) etwan geschrieben hat, hinachsetzen, in welcher Epistel der Gottselige Mann die Musica dermassen gepreiset, das man für höher nicht loben kann.“ Was nun den Inhalt selbst anlangt, so sind die zehn Psalmenbearbeitungen folgende: I. Psalm 22: „Mein Gott, mein Gott, warumb: ect, quinque vocum“, in sieben Abtheilungen. II. Psalm 136 und 147 (eine Zusammenstellung einzelner Verse): „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich“: quinque vocum, in 3 Abtheilungen. III. Psalm 58: „Seid ihr denn stumm: quinque et sex vocum“, in 3 Abtheilungen (die ersten zwei fünfstimmig, die letzte sechsstimmig). IV. Psalm 2: „Warumb toben die Heiden: 4 vocum“, in 2 Abtheilungen. V. Psalm 147: „Preise Jerusalem den Herrn (Vers 12–20): 4 vocum“, in 3 Abtheilungen. VI. Psalm 1: „Wol dem, der nicht wandelt im rath: 5 vocum“, in 2 Abtheilungen. VII. Psalm 110: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: 5 vocum“, in 2 Abtheilungen. VIII. Psalm 15: „Wer wird wonen in deiner Hütten: 5 vocum“, in 2 Abtheilungen (die zweite 4 vocum). IX. Psalm 3: „Ach Herr, wie ist meiner Feinde so viel: 4 vocum“, in 2 Abtheilungen. X. Psalm 146: „Lobe den Herren meine Seele: 4 vocum“, in 3 Abtheilungen. Die unter Nr. II angeführte Psalmenbearbeitung „Danket dem Herrn“, 5 vocum findet sich zwar auch handschriftlich in der Manuscriptsammlung der königl. Bibliothek zu Dresden (Ars Musica B. 1270, Nr. 59), aber ohne Angabe des Verfassers. Die vorliegenden zehn Psalmenbearbeitungen sind durchgängig große, ausführliche, mitunter sehr breit angelegte Tongemälde. Nimmt doch die Exposition des ersten Hauptmotivs in einzelnen Stücken, wie z. B. in dem Psalm 1 Nr. VI, Wol dem, der nicht wandelt, zu 5 Stimmen, mit seinem höchst charakteristischen Anlaufe von der untern Octave in die obere unter Berührung der Quinte mehr als 21 Tacte in Anspruch, bevor die Stimmen allseitig zur Einführung gelangen. Von einer knappen Durchführung nach Art der alten Psalmodie in antiphonischem Wechselgesange und harmonisch einfachstem Tonsatze Note unter Note ist überall hier keine Rede. Ein aus dem Gregorianischen Gesange entnommenes Motiv oder größeres Gesangstück, das zur Grundlage für die mehrstimmige Bearbeitung etwa gedient hätte, ist nirgends zu finden. Die ganze Composition sämmtlicher Tonstücke beruht durchaus auf freier Erfindung. Alle mit dieser Compositionsweise [470] verbundenen Eigenthümlichkeiten und Folgerungen sprechen sich auch hier voll und ganz aus. Das specifische Gewicht der Motive hat im Verhältniß zum schweren Cantus Gregorianus daher wesentlich verloren, sowie auch die thematische Verarbeitung und Gruppirung derselben nicht mehr im Vordergrunde steht. Vornehmster Zweck ist vielmehr harmonische Effecte und neue Klangfarben durch Verschiedenheit der Stimmverbindungen zu 2-, 3- und mehrstimmigen Motivgruppen zu erzielen. Bei aller Hochachtung für den älteren berühmten Zeitgenossen und Tonsetzer Ludwig Senfl, wie sie unser Meister in der Vorrede zu dem vorliegenden Psalmenwerke unverholen genug zu erkennen giebt (siehe die obige angeführte Stelle), ist doch von einem geistigen Anschluß an diesen letzten und unbedingt bedeutendsten Vertreter des älteren Tonsatzes keine Spur zu finden. Im Gegentheil schließt sich K. vielmehr der Gruppe deutscher Tonsetzer eng an, die dem durch Luther übertragenen deutschen Psalter ihre ganze Theilnahme und Kraft zuwendete. Als Haupt dieser Gruppe ist vorzugsweise Thomas Stoltzer zu bezeichnen, der zuerst fast gleichzeitig mit der Veröffentlichung der ersten Psalmenübersetzung (1524), mit seiner großen Psalmenbearbeitung: Noli aemulari: Erzürne Dich nicht über die Bösen: in sieben Abtheilungen zu 3–7 Stimmen im J. 1526 hervortrat. Stoltzer selbst bezeichnete seine Compositionsweise als eine neue, indem er in dem Begleitschreiben zu diesem Psalme an den Markgrafen Albrecht von Preußen ausdrücklich hervorhebt, daß „vorhin kheiner dermassen motettisch gesetzt“ habe. Ueber diese neue Satzweise, als deren charakteristisches Unterscheidungsmerkmal wohl in erster Linie die principielle Lösung des Tonsatzes von dem Cantus Gregorianus zu bezeichnen ist, aus der sich dann alle weiteren Verschiedenheiten und Folgerungen von selbst ergeben, habe ich in einem ausführlichen Aufsatze unter der Ueberschrift: „Thomas Stoltzer’s Psalm 37: Noli aemulari: Erzürne dich nicht über die Bösen“ eingehend berichtet und auf den Gegensatz mit Senfl namentlich hingewiesen, so daß ich hier an dieser Stelle auf denselben verweisen muß (siehe: Monatshefte für Musikforschung, Jahrgang VIII, 1876, Nr. 11 und 12, S. 133 u. ff. nebst Notenbeilage, Pars II dieses Psalms enthaltend). Zu dieser Gruppe deutscher Tonsetzer, die dem deutschen Psalter in dieser neuen Satzweise vorzugsweise ihre Hauptthätigkeit widmeten, gehören außer dem obenerwähnten Thomas Stoltzer vornehmlich die tüchtigen Kleinmeister der Kunst: Johannes Reusch (mit 6 Psalmenbearbeitungen), Johannes Burgstaller (mit 2 Ps.), Valentin Rabe (mit 9 Psalmenbearbeitungen), Johannes Heugel (mit 1 Psalm), Lucas Bergkholtz (mit 2 Psalmen), Thomas Popel, Caspar Copus, Nicolaus Kropfstein mit je einer Psalmenbearbeitung, ferner einige Psalmen incerti auctoris (3 Stück) und der letzte, aber darum nicht unbedeutendste, unser K. (mit zehn Psamenbearbeitungen). Die Blüthezeit dieser Kunstproduktion fällt ungefähr in die Zeit von 1530 bis 1550. Sämmtliche hier genannte Tonstücke finden sich in den handschriftlichen Sammelwerken der königl. Bibliothek in Dresden, die daselbst im J. 1853 von dem Antiquar Butsch senior in Augsburg durch meine Vermittelung angekauft wurden. Zwar ist diese Zusammenstellung von dem Recensenten der Göttingischen gelehrten Anzeigen vom 23. Juli 1873, Stück 30, Professor Dr. Krüger in Göttingen stark angegriffen worden, ohne sachliche Gründe entgegenzustellen. Aber die Documente und Thatsachen sprechen so schlagend für diese Gruppirung, an der überhaupt die Musikgeschichte noch so fühlbaren Mangel leidet, daß von einem vornehmen Ablehnen nicht mehr die Rede sein und selbst das ungeübteste Auge sich dieser Ueberzeugung nicht mehr verschließen kann. Erstreckt sich doch die geistige Verwandtschaft selbst bis auf Aeußerlichkeiten und Einzelheiten. So disponirt z. B. Stoltzer seinen Psalm 37: Erzürne dich nicht über die Bösen etc. zu sieben Abtheilungen, vielleicht noch im Anschluß an jene „sieben Worte des Erlösers“ von Ludwig [471] Senfl, die ebenfalls zu sieben, wenn auch bei Weitem nicht so umfangreichen Theilen angelegt sind. Einem solchen großen Altargemälde mit mehreren Seitenstücken und Rückwandgemälden sucht nun unser K. seine Bearbeitung des 22. Psalms: Mein Gott, warumb hast du mich verlassen, an die Seite zu setzen, die er gleichfalls in sieben Abtheilungen zerlegt, und zum Zeichen, daß er einigen Werth auf seine Arbeit gelegt wissen will, an die Spitze des ganzen Werkes stellt. Sollte dieses Verfahren nur auf Zufall beruhen? Kaum glaublich. Es wäre denn, daß die Tonsetzer auf eine Symbolik mit der Zahl „sieben“ hätten deuten wollen. Noch weit deutlicher indessen für die Gemeinschaft einer solchen Künstlergruppe sprechen die besonderen Eigenthümlichkeiten der innern Anlage, Ausarbeitung und Durchführung, die diese Kleinmeister der Kunst mit einander gemein haben, und die im oben angeführten Aufsatze zur Anschauung zu bringen ich eben versucht habe. Außer diesem größeren Psalmenwerke hat uns K. einen schönen vierstimmigen Tonsatz zu einem deutschen geistlichen Liede hinterlassen, das sowohl dem Texte als auch dem Tonsatze nach bis vor Kurzem gänzlich unbekannt war, und erst jetzt durch mich zur Veröffentlichung gekommen ist. Diese Perle der deutschen geistlichen Liedproduction auf den Text: „O du edler brunn der frewden“, ist in einfachem Satze beinahe Note unter Note gesetzt, wobei jedoch kleine Engführungen, Imitationen und Stimmeneintritte zu verschiedener Zeit nicht ausgeschlossen sind. Die beiden letzten Zeilen sollen zur Wiederholung kommen, was der im Auf- und Abgesang gegliederten Composition den liedartigen Charakter noch mehr verleiht. Das Lied ist mit einem Worte ein kleiner Muster- und Meistersatz, der auch darum Aufnahme in dem Notenbeilagenbande zu der Musikgeschichte von Ambros (sub Nr. 43) gefunden hat, um an diesem Beispiele zu zeigen, bis zu welchem Grad der Kunstleistung sich die deutsche Kleinkunst bisweilen emporzuschwingen vermochte. Das Stück fand sich ebenfalls in den oben schon genannten Manuscriptsammlungen der königlichen Bibliothek zu Dresden (Ars musica, B. 1024, Nr. 21), wo es mit der Jahreszahl 1553 eingetragen war. Noch sind von K. hier zwei Compositionen namhaft zu machen, die einer speciellen Prüfung zu unterwerfen mir bis jetzt leider nicht vergönnt gewesen war. Ich kann sie daher nur dem Titel nach anführen. Die eine davon ist die „Missa super: Benedicta es coelorum Josquini, 7 vocum“, die als Manuscript auf der Gymnasialbibliothek zu Zwickau aufbewahrt wird. Ob der unter dieser Textbezeichnung von Josquin im Novum et insigne opus musicum, 1559, Nr. 10 angeführte Tonsatz identisch mit dem von K. zu seiner Messe benützten Thema ist, kann ich nicht sagen. Doch spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür. Die letzte Composition endlich, die mir von K. bekannt ist, scheint mehr eine Bearbeitung eines schon vorhandenen zweistimmigen Tonsatzes als eine durchaus selbständige Arbeit Köler’s zu sein. Es ist die Motette: „Rosa florium gloria“, 5 vocum, 1567. Sie findet sich in dem Sammelwerke: Suavissimae et jucundissimae Harmoniae, octo, quinque, et quatuor vocum ex duabus vocibus a praestantissimis artificibus hujus artis compositae ect. M. D. LXVII. Clemente Stephani, Buchaviense, Noribergae apud Theod. Gerlatzenum (bischöfliche Bibliothek Proske in Regensburg. Unicum). Das Werk ist dem Erzkämmerer des Königreichs Böhmen Dominus Guilhelmus a Rosis gewidmet. Daher das Wortspiel mit obigem Motettentexte. Welche Bewandtniß es mit diesem Sammelwerke hat, das ursprünglich zweistimmige Tonsätze berühmter Meister in mehrstimmigen Bearbeitungen giebt, könnte erst durch Vorlage dieses seltenen Werkes bestimmt werden. Nur soviel geht schon aus dem Titel hervor, daß K. sich mindestes in sehr guter Gesellschaft befand und sein Name mitten unter Künstlern, wie Heinrich Finck, Petrus de la Rue, Ludovicus Senffel, Hadrian Vuillart und Andern zu finden ist. [472] Fassen wir die Gesammtleistung Köler’s, soweit sie vorläufig zugänglich ist, in einen Ueberblick zusammen, so kann unserm Meister ein hoher Grad von Erfindungsgabe und Kunstgeschicklichkeit nicht abgesprochen werden, wenn es ihm auch nicht vergönnt war, selbständig neue Wege einzuschlagen und die geistige Führerschaft auf irgend einem Kunstzweige zu übernehmen. Als geschickter Meister der Kunst, der vorsichtig die Tragweite seiner Kräfte bemaß, hat er auf dem Gebiete des deutschen geistlichen Tonsatzes Arbeiten hinterlassen, die uns volle Achtung abnöthigen. Vielleicht möchte zu bedauern sein, daß er dem deutschen Liede, vielleicht sogar dem weltlichen Liede, sich nicht mehr zugewendet hat, wohin sein Talent, der einzigen Probe nach zu schließen, die von ihm nachweisbar ist, am meisten zu neigen schien.
Köler: David K., ein äußerst tüchtiger Tonsetzer in Deutschland um die Mitte des 16. Jahrhunderts, zur Zeit kaum dem Namen nach bekannt. Fétis führt ihn gar nicht an. Das