ADB:Köhler, August (Schulmann)

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Artikel „Köhler, August“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 436–438, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:K%C3%B6hler,_August_(Schulmann)&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 03:24 Uhr UTC)
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Köhler: August K., Schulmann und thätiger Förderer der Fröbel’schen Kindergärten, wurde als Sohn eines Lehrers in dem zwischen Ilmenau und Stadtilm gelegenen gothaischen Orte Traßdorf geboren. Noch nicht vierjährig kam er zu einer in Dietendorf verheiratheten Schwester seines Vaters. Er sollte Landmann werden und dereinst das kleine Bauerngut seiner kinderlosen Pflegeeltern zur Bewirthschaftung erhalten. Aber die Landwirthschaft, zu welcher er seit dem elften Jahre ernstlicher herangezogen wurde, erfüllte ihn mit Widerwillen, denn das Clavierspiel, das er auf Verwendung einer gebildeten Frau aus der benachbarten Herrnhutercolonie Neudietendorf betreiben durfte und mehr noch die einnehmende Persönlichkeit des Ortscantors, dessen Unterricht er genoß, hatten bereits eine tiefe Neigung zum Lehrerberufe in ihm geweckt, und trotz der Drohung seiner Pflegeeltern, ihn zu enterben, beharrte er auf dem einmal gefaßten Entschluss. In sein heimathliches Dorf zurückgekehrt, bereitete er sich drei Jahre lang wissenschaftlich vor, um in das gothaische Schullehrerseminar eintreten zu können, welches er dann von 1838–1845 durchlief. Seine Eltern konnten ihn nur kärglich unterstützen, während seine grollenden Pflegeeltern ihn absichtlich knapp hielten, um ihn zu den Fleischtöpfen ihres Bauernhauses zurückzuführen. Aber er ließ sich nicht entmuthigen und verdiente sich den fehlenden Unterhalt durch Stundengeben und Schreiberarbeit. Im April 1846 erhielt er eine Lehrerstelle an der bekannten Erziehungsanstalt in Schnepfenthal. Bereits hier machte ihn ein älterer College mit Friedrich Fröbel’s Unterrichtsweise bekannt; doch erschien ihm dieselbe zu jener Zeit nur als unnütze Spielerei und keiner ernstlicheren Beachtung werth. Bei der Neuordnung des Schulwesens in Gotha übernahm er im Februar 1848 die Stelle eines Elementarlehrers und mußte als solcher 80–100 Kindern den ersten Unterricht ertheilen. Auch zahlreiche Privatschüler stellten sich ein, so daß er bei reicherer Einnahme im Frühling 1849 seine Braut, eine Tochter jenes Dietendorfer Cantors, als Gattin heimführen konnte; diese thätige und energische Frau ist ihm bei seinen erzieherischen Unternehmungen eine stets bewährte Beratherin und Helferin gewesen. Die sich mehrende Zahl der häuslichen Schüler veranlaßte ihn zur Errichtung einer Privatschule. In dieser drängte sich ihm sehr bald die Beobachtung auf, daß diejenigen Kinder, welche früher den Kindergarten besucht hatten, – ein solcher bestand in Gotha seit dem Jahre 1844 – in ihrer Entwickelung viel weiter vorgeschritten seien, als Andere und dieser Umstand regte ihn zu ferneren Studien über Fröbel’s Methode an; eigentlich gewonnen für dieselbe wurde er aber erst durch Fröbel’s persönliches Erscheinen bei der 1852 in Gotha tagenden „Allgemeinen deutschen Lehrerversammlung“. Von da an übergab er seine eigenen Kleinen dem Kindergarten, las eifrig Fröbel’s Schriften und begründete auch selbst eine derartige Anstalt, welche in kurzer Zeit 50 Zöglinge umfaßte. Bei der „Allgemeinen deutschen Lehrerversammlung“ von 1856 hielt er bereits einen Vortrag „über die Fröbel’schen Spiel- und Beschäftigungsmittel“, besuchte mit seiner Gattin im nächsten Jahre auswärtige Anstalten dieser Art und kam nun auf den Gedanken eine Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen zu gründen. Die Verhältnisse waren ihm anfangs nicht günstig, denn die preußische Regierung hatte die Kindergärten [437] als staatsgefährlich verboten und schreckte ängstliche Gemüther durch diese Achtserklärung von der Betheiligung zurück. Nachdem es K. im Herbst 1857 zuerst mit unentgeltlichem Unterrichte versucht hatte, kam die Sache bald in Fluß und es stellten sich, nachdem jenes Verbot aufgehoben worden war, in den folgenden Jahren auch Schülerinnen aus Baden, Württemberg und Preußen ein. Im Mai 1858 vertauschte er die bisherigen gemietheten Räume mit einem eigenen Hause nebst Garten, erweiterte dann 1863 die zu eng gewordene Anstalt durch einen Neubau und richtete im Frühling 1864, als das neue gothaische Schulgesetz die Anstellung geprüfter Lehrerinnen an den Volksschulen vorschrieb, auch noch ein Lehrerinnenseminar ein. Zu Ostern 1872 wurden die einzelnen Zweige der Anstalt zu einem organischen Ganzen verbunden, welches 16 Jahrgänge in 11 verschiedenen Klassen umfaßte. Es waren dies: der Kindergarten (Klasse XI und X), die höhere Töchterschule (Klasse IX bis VI), die Fortbildungsschule (Klasse V), das Seminar für für Kindgergärtnerinnen (Klasse IV) und das Seminar für Lehrerinnen (Klasse III bis I). Von 14 Lehrern wurde hier die weibliche Jugend – nur im Kindergarten sind beide Geschlechter vertreten – vom zurückgelegten zweiten bis über das 20. Jahr hinaus unterrichtet. Deutsche und Ausländer besuchten häufig die Anstalt und ihr vortheilhafter Ruf machte sie zu einem Sammelpunkte von Fachmännern und Freunden der „neuen Erziehung“. An zahlreichen Orten des In- und Auslandes wirken derzeit Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen, welche in Köhler’s Schule gebildet worden sind. – Was dessen sonstige Thätigkeit betrifft, so gründete er 1859 zur Förderung der von ihm vertretenen Sache mit Gesinnungsgenossen aus Weimar, Eisenach und Gotha den „Deutschen Fröbelverein“ und rief damals zugleich jene Zeitschrift mit ins Leben, welche er als „Kindergarten, Bewahranstalt und Elementarklasse“ in Gemeinschaft mit Fr. Schmidt und Fr. Seidel bis zu seinem Tode herausgab und welche, hierauf von dem zuletzt Genannten allein fortgesetzt, 1881 ihren 22. Jahrgang angetreten hat. 1861 erbat sich K. einen zweijährigen Urlaub, um einem Rufe nach Hamburg zu folgen, wo ihm die Ausbildung von Kindergärtnerinnen übertragen worden war. 57 Schülerinnen genossen dort während der angegebenen Zeit seinen Unterricht. – Allzu früh setzte der Tod diesem rüstigen und begeisterten Wirken am 22. April 1879 ein plötzliches Ziel. Nicht lange darauf, im Herbst 1881, löste sich auch Köhler’s großartige Schöpfung der Hauptsache nach auf und nur der Kindergarten wird auch in Zukunft fortbestehen. – Neben seiner praktischen Thätigkeit entfaltete K. im Dienste der Fröbel’schen Erziehungsweise eine ebenso erfolgreiche schriftstellerische. Außer der oben genannten Zeitschrift, die auch viele eigene Aufsätze von ihm enthält, veröffentlichte er besonders noch Folgendes: „Die Bewegungsspiele des Kindergartens“ (1862, 6. Aufl. 1878); „Das Fröbel’sche Faltblatt“ (1862, 2. Aufl. 1872); „Das Stäbchenlegen“ (1862, 2. Aufl. 1866); „Die Erbsenarbeiten für Kinder von 4–10 Jahren“ (1862, 2. Aufl. 1866); „Das Fröbel’sche Flechtblatt als Anschauungs- und Darstellungsmittel“ (1863, 2. Aufl. 1872); „Der Kindergarten in seinem Wesen dargestellt“ (1868, 2. Aufl. 1874); „Die Praxis des Kindergartens“, 3 Bde. (1. Bd. 1871, 3. Aufl. 1878, 2. Bd. 1873, 2. Aufl. 1876, 3. Bd. 1875); „Winke für angehende Fröbelvereine“ (1872); „Die neue Erziehung“ (1873) und (gemeinschaftlich mit Fr. Seidel) „Buch der Erzählungen für Mütter, Kindergärtnerinnen und Lehrer“ (1874).

Repertorium der Pädagogik, hrsg. von Joh. Bapt. Heindl, 9. Jahrg., Ulm 1875, S. 240–256 (Autobiographie). – K. Justus, August Köhler und das Gothaische Lehrerinnen- und Kindergärtnerinnen-Seminar. Mit A. Köhler’s Portr. in Stahlstich. Gotha (1877). – Gothaische Zeitung Nr. 95 vom 24. April 1879 S. 3a und Nr. 96 vom 25. April 1879 S. 2b–3a. – [438] Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber), Nr. 1874 vom 31. Mai 1879 – S. 425c und 428a. (Von G. Schneider in Gotha. Mit K.’s Bildniß auf S. 430).