ADB:John, Franz Freiherr von
[486] Wiener-Neustadt, die er 1835 als Unterlieutenant erster Klasse absolvirte, um in das Infanterieregiment Erzherzog Franz Karl Nr. 52 einzutreten. Die stille Friedenszeit bot auch den Besten kein Fortkommen, keine Aussichten und über zehn Jahre stand J. als Lieutenant im Regimente, bis endlich, am 20. Juni 1845, der reichbegabte Offizier zum Oberlieutenant befördert, Verwendung im Generalstabe fand, dem er zugetheilt wurde und der ihm einst so ausgezeichnete und glänzende Wirksamkeit gewähren sollte. – Als er dann drei Jahre später, am 13. März 1848, bei dem Ausbruche der Revolution zum Hauptmann im General-Quartiermeisterstab ernannt wurde, trat er in die Reihen eines Corps, dem er mit kurzen Unterbrechungen bis zu seinem Tode angehörte. – Eingetheilt im Armee-Hauptquartier, zeichnete sich J. schon im Straßenkampf in Mailand am 20. und 21. März, in der Schlacht bei St. Lucia am 6., beim Angriffe auf die verschanzten Linien bei Montanara am 29. und im Gefechte bei Goito am 30. Mai rühmlichst aus. – Seit dem 8. Juni als Generalstabs-Offizier bei der Brigade Fürst Friedrich Liechtenstein eingetheilt, machte J. die Einnahme von Vicenza am 10. Juni, die Schlacht bei Sommacampagna und Sona am 23. Juli, jene bei Custozza am 25. Juli, das Avantgardegefecht bei Volta am 26. und das Treffen daselbst am 27. Juli, das Gefecht bei Cremona am 30. Juli und das Gefecht bei Mailand am 4. August mit. Für die namentlich am Siegestage von Custozza bewiesene glänzende Tapferkeit erhielt J. den Orden der Eisernen Krone 3. Klasse. Aber in höherem Maße sollte ihm der folgende Tag, der 26. Juli 1848, zum Ehrentage werden. – Die Brigade, bei welcher er als Generalstabs-Offizier eingetheilt war, erhielt in Vallegio den Befehl über Volta gegen Guidizzolo vorzurücken. Vor dem erstgenannten Orte angelangt, erkannte J. mit raschem Blick die Wichtigkeit dieses bisher noch unbesetzten Objectes, gegen welches eine sehr starke, aus allen Waffengattungen zusammengesetzte, feindliche Colonne von Goito im Anmarsche begriffen war. Ebenso schnell als diese Wahrnehmung gemacht, war auch der Entschluß zum Handeln gefaßt und durchgeführt. Die wenigen ihn als Patrouille begleitenden Husaren verwendete J. zu einer Täuschung des Feindes, wodurch es gelang denselben so lange aufzuhalten, bis der Ort von den nachrückenden Truppen besetzt werden konnte. – In dem nachfolgenden 15stündigen furchtbaren Kampfe hielt J. im Orte aus, an den gefährdesten Punkten eingreifend, überall ordnend, anfeuernd, belebend. – Im Augenblick der höchsten Noth, als der Feind schon den Eingang erzwang, warf J., den Degen in der Faust, an der Spitze kleiner Abtheilungen Pionniere und zusammengeraffter Leute, die Piemontesen wieder aus dem Ort und wußte ihn zähe und hartnäckig zu behaupten. An diesem Tag erwarb er seines Vaterlandes höchsten Ehrenschmuck, das Maria Theresienkreuz und damit später den Freiherrenstand. – Im Feldzuge 1849 war J. gleichfalls der Brigade Fürst Liechtenstein zugewiesen und betheiligte sich in gleich ruhmreicher Weise an den Gefechten bei Gravellone am 20., der Schlacht bei Mortara am 21. und bei Novara am 23. März, ferner an der Expedition nach Toscana mit dem Angriffe auf Livorno am 10. und 11. Mai, endlich an der Exedition in die Romagna, namentlich an der Verfolgung der Garibaldi’schen Banden in den Monaten Juni, Juli und August. – Noch im selben Jahre rückte J. zum Major im Generalstabe vor. Vom November 1849 bis Juli 1852 war J. als Generalstabschef der k. k. Occupationstruppen in Toscana und als Präses der bestandenen Liquidirungscommission verwendet. Im August 1852 zum Generalstabschef des im Römischen und im Toscanischen stehenden k. k. 8. Corps ernannt, rückte J. zu Anfang des Jahres 1854 zum Oberstlieutenant im Generalstabe vor und wurde Anfangs 1857 Oberst und Commandant des Kaiser Franz Josef I. Infanterieregiments; [487] als solcher wohnte er dem Beginne des Feldzuges 1859, den das Regiment in der Truppendivision Reischach mitmachte, bei. Nach dem Uebergange über den Ticino streifte J. mit zwei Bataillonen seines Regiments, einer Husarenescadron und einigen Raketengeschützen am 7. und 8. Mai über Biella gegen Ivrea, zwei Tagmärsche von Turin, bis ihn bei der eingetretenen rückgängigen Bewegung der Armee höherer Befehl zurückrief. Nach dem 15. Mai war J. als Generalstabschef bei dem in Südtirol aufgestellten selbständigen 6. Armeecorps in Verwendung und wurde im December 1859 zum Generalstabschef der zweiten Armee im lombardisch-venetianischen Königreiche ernannt, im J. 1861 außer der Rangstour zum Generalmajor in dieser Anstellung befördert. Nach einer im J. 1862 ergangenen Allerhöchsten Anordnung hatte das neu erbaute Werk auf der Höhe von St. Venerio bei Montorio nächst Verona den Namen „John“ zu führen. In seiner damaligen Stellung, in einer Zeit fast steter Kriegsbereitschaft, fand der Generalstabschef überreiche, wenn auch weniger das öffentliche Interesse fesselnde Arbeit. Sie sollte im Feldzuge 1866 ihre Früchte tragen. Bei Beginn dieses Feldzuges war J. als Generalstabschef bei der unter Befehl des Feldmarschalls Erzherzog Albrecht stehenden Südarmee eingetheilt. Selten ist ein Feldzug unter so ungünstigen Chancen begonnen worden, als jener des Jahres 1866 in Italien. Einem numerisch weit überlegenen Feinde mit unzureichenden Kräften gegenübergestellt, mit der Erhaltung und dem Schutze einer sehr exponirten Provinz, deren Bewohner nicht nur den Truppen feindlich gesinnt waren, sondern welche auch dem Feinde selbst durch die That Vorschub leisteten, fand sich die Heeresleitung der ungenügend ausgerüsteten Südarmee vor einer der schwierigsten Aufgaben. Mit Kühnheit und Geschick wurde die Trennung des Feindes ausgebeutet, um den – wiewol noch immer bedeutend überlegenen – Haupttheil desselben niederzuwerfen und hierdurch jener glänzende Erfolg durch den Sieg bei Custozza am 24. Juni 1866 errungen, welcher diesen Tag zu einem der ruhmreichsten der österreichischen Armee machte. Leider konnten die am 24. Juni errungenen Vortheile nicht weiter ausgenützt werden; das über die Nordarmee in Böhmen hereingebrochene Unheil nöthigte zur Vereinigung dieser und der Südarmee an der Donau, welche letztere mit großer Schnelligkeit dahin abrückte. Erzherzog Albrecht wurde nun zum Oberbefehlshaber der gesammten operirenden Armeen ernannt und J. ihm als Generalstabschef beigegeben, nachdem er zum Feldmarschall-Lieutenant außer der Rangstour befördert worden war. Noch einmal trat die Nothwendigkeit heran, die Südarmee am Isonzo zu vereinigen und den mittlerweile im Venetianischen und in Südtirol vordringenden italienischen Truppen Halt zu gebieten. – Auch diese Concentrirung wurde, Dank der vortrefflichen Verfügungen, rasch und mit Präcision vollzogen und 130 000 Mann binnen 8 Tagen am Isonzo und in Kärnthen vereint. Für die Leistungen im Feldzuge 1866 wurde J. auf einstimmigen Antrag des Ordenskapitels das Commandeurkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens verliehen. Nach dem bald darauf eingetretenen Frieden wurde J. zum Chef des Generalstabes ernannt und mit der Leitung des Kriegsministeriums betraut; einen Monat später wurde er definitiv zum Kriegsminister unter gleichzeitiger Verleihung der geheimen Rathswürde, im Mai 1867 zum lebenslänglichen Mitgliede des Herrenhauses des Reichsrathes und im December 1867 zum Reichs-Kriegsminister ernannt. Im Januar 1868 auf seine Bitte von dieser Stelle enthoben, wurde ihm in Anerkennung seiner vorzüglichen Dienstleistung das Großkreuz des Leopoldordens verliehen. Nun widmete sich J. ganz der Ausbildung des Generalstabes, bis ihm durch die erfolgte Auflösung dieses Corps auch dieser Wirkungskreis entzogen wurde. Reich geehrt durch die Huld [488] des Kaisers, übernahm J. das Generalcommando in Steiermark, Kärnthen und Krain, das er bis 1874 führte. Die geänderten Verhältnisse im Heere und zum Theil auch im Lande, die Nothwendigkeit, thatsächlich erkannte Mißgriffe zu heilen, machten 1874 die Zurückberufung des mittlerweile zum Feldzeugmeister beförderten Freiherrn v. J. unerläßlich. Abermals zum Chef des Generalstabes ernannt, entwickelte er, unsägliche Schwierigkeiten mit unermüdeter Geduld und Aufopferung überwindend, eine wahrhaft segensreiche Thätigkeit. Seinem Einflusse gelang die Beseitigung von Institutionen, die dem guten Geiste des Heeres gefährlich zu werden drohten. Er schuf aufs Neue einen Generalstab, der unter solcher Leitung berufen schien Hervorragendes zu leisten, und es gelang J., dem Ganzen, nach den Erschütterungen der Reorganisation, mehr und mehr die alte vertrauenerweckende Festigkeit wiederzugeben. Da machte unerwartet plötzlich eine Herzlähmung, die ihn auf dem Wege in seine Bureau’s überfiel, dem Leben des anscheinend so kräftigen Mannes ein Ende. Die Geschichte wird John’s Namen treu bewahren und indem sie des „Erzherzogs“ Albrecht Namen verzeichnet, wird sie auch des scharfen Denkers, des eifrigen Berathers nicht vergessen.
John: Franz Freiherr v. J., geb. zu Bruck an der Leitha am 20. Novbr. 1815, † zu Wien am 25. Mai 1876. Sohn eines bürgerlichen Sappeurfähnrichs, erhielt J. seine militärische Erziehung in der Militärakademie zu