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Artikel „Schönborn, Johann Philipp Franz Graf von“ von Theodor Henner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 277–280, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_Philipp_Franz&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 20:36 Uhr UTC)
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Schönborn: Johann Philipp Franz, Graf v. S., Fürstbischof von Würzburg 1719–1724, stammte aus jenem ursprünglich im Westerwald, im Gebiet von Kurtrier beheimatheten Geschlechte, welches seit der Erhebung Johann Philipp’s (s. d. A.) zum Bischof von Würzburg und zum Kurfürsten von Mainz in den rhein- und mainfränkischen Gebieten festen Fuß faßte, in die vornehmsten Dom- und Ritterstifter Eingang fand, und durch wiederholtes Emporsteigen zu den höchsten Würden im Kirchen- und Reichsdienst binnen kurzem als eine der glänzendsten Familien des hohen Reichsadels dastand. Er war geboren zu Würzburg am 15. Februar 1673 (drei Tage nach dem Tode seines Großoheims, des Kurfürsten Johann Philipp), als der älteste Sohn Melchior Friedrich’s v. S., der, in den Reichsgrafenstand erhoben, kurmainz’scher Erbschenk, Statthalter zu Aschaffenburg, sowie kaiserlicher geheimer Rath wurde und bei den Ryswijker Friedensverhandlungen Kurmainz vertrat; seine Mutter war Anna Sophia, geb. v. Boyneburg. Durch die Erhebung eines jüngeren Bruders jenes Melchior Friedrich, Lothar Franz auf den Bischofsstuhl von Bamberg und den Mainzer [278] Erzstuhl erfuhr das Ansehen des Hauses eine neue Steigerung, um sodann durch die sieben Söhne Melchior Friedrich’s selbst bei einer in dieser Art wohl einzig dastehenden Gunst des Glückes den Höhepunkt zu erreichen; abgesehen von dem ältesten, in diesem Artikel zu behandelnden Sohne wurde der zweite, Friedrich Karl Fürstbischof von Bamberg und Würzburg; der dritte, Damian Hugo Philipp Fürstbischof von Speier und Constanz und Cardinal; der fünfte, Franz Georg Kurfürst von Trier, Bischof von Worms und Propst zu Ellwangen. – Frühzeitig zum geistlichen Stande bestimmt, erhielt Johann Philipp Franz bereits den 21. Februar 1682 als Domicellar die Anwartschaft auf ein Canonikat am Würzburger Domstift; seine höhere Ausbildung empfing er am deutschen Colleg in Rom und gab derselben dann noch durch verschiedene größere Reisen den damals in diesen Gesellschaftskreisen üblichen Abschluß. Seine hervorragenden geistigen Fähigkeiten, verbunden mit nicht gewöhnlicher Sprachenkenntniß, würdevollem Auftreten und gewandter Beredsamkeit, alles das noch unterstützt durch seine mächtigen Familienverbindungen, verschaffte ihm frühzeitig Verwendung in kurmainz’schen Diensten und in rascher Aufeinanderfolge die angesehensten kirchlichen Pfründen. Er wurde Domherr in Mainz 1687, in Bamberg 1694, in Würzburg 1699; sodann Propst des Bartholomäusstifts zu Frankfurt a. M. und Propst des Ritterstifts St. Alban zu Mainz; endlich Dompropst in Würzburg 10. Juli 1704, in Mainz 4. April 1714. Während dieser Jahre war er kurze Zeit als kurmainz’scher Statthalter in Erfurt, dann aber besonders im diplomatischen Dienste thätig; am päpstlichen und kaiserlichen Hofe, bei den Generalstaaten der Niederlande, am französischen, polnischen und preußischen Königshofe wird seines Wirkens rühmend gedacht; bis ihm dann seine am 18. September 1719 einstimmig erfolgte Wahl zum Nachfolger des Würzburger Fürstbischofs Johann Philipp II. v. Greiffenklau ein neues Feld der Thätigkeit zuwies. Auch hier war, nach Allem zu schließen, sein Wirken durchaus tüchtig und achtungerweckend, so daß man nur die kurze Dauer eines so energischen, zielbewußten Regimentes beklagen konnte. Mit mehr oder weniger allen damaligen Gliedern seiner Familie war ihm ein ins Große gehender Zug gemein, verbunden mit Neigung zu glänzender Prachtentfaltung. Nachdem ihm sein Oheim Lothar Franz am 10. November 1720 die Bischofsweihe ertheilt hatte, nahm er sofort die Regierung seines Landes mit sichtlichem Eifer in Angriff. Was seine reichsfürstliche Stellung anlangt, so sind während seiner wenigen Regierungsjahre, einer ohnedies friedlichen Zeit, keine hervorstechenden Momente namhaft zu machen; zum kaiserlichen Hofe war sein Verhältniß von seiner früheren Laufbahn her ein gutes, und nicht minder wird seiner Bemühungen, mit allen benachbarten Reichsständen ohne Unterschied der Confession freundliche Beziehungen zu unterhalten, rühmend gedacht. Ein langjähriger Streit mit der Abtei Fulda wegen der dort von Seite Würzburgs beanspruchten geistlichen Gerichtsbarkeit fand durch kluges Nachgeben Johann Philipp Franz’ seine befriedigende Lösung in einem zu Karlstadt im December 1722 abgeschlossenen Vergleich. Um so vielseitiger war dagegen auch in einer so kurzen Zeit seine landesherrliche Thätigkeit. Eine seiner ersten Maßnahmen bildete die Fürsorge für Fortführung der unter seinem Großoheim Johann Philipp nach neuem System begonnenen Befestigung der Hauptstadt, wie auch der anderen Landesfestung Königshofen im Grabfeld; wegen des im Lande herrschenden Nothstandes erhob er zur Deckung der bedeutenden Kosten hiefür von seinem gesammten Clerus durch Erlaß vom 15. März 1720 einen Beitrag; ebenso erbaute er eine neue Kaserne in Würzburg oberhalb der Mainbrücke. Ueberhaupt war die Baulust, wie wir das bei der Familie S. fast durchgängig finden, eine seiner hervorstechendsten Eigenthümlichkeiten. Er bediente sich dabei eines jungen, vielverheißenden Talentes, dessen [279] Heranbildung wohl ganz besonders als sein Verdienst betrachtet werden muß, des Artillerieobersten Balthasar Neumann. Geboren 1687 in Eger, kam derselbe als Stück- und Glockengießergeselle nach Würzburg, eignete sich hier höhere Kenntnisse, besonders in der Mathematik an, trat 1712 bei der Würzburger Artillerie ein, wo er es bald zum Officier brachte, und wurde dann von dem Fürstbischof, der seine Begabung früh erkannt hatte, auf Kunstreisen nach Italien, Frankreich und Holland geschickt. Hier erhielt sein Talent jene Schulung, von der er innerhalb wie außerhalb des Würzburger Landes (so u. A. in Bruchsal und Coblenz) die glänzendsten Proben ablegte, so daß er als einer der geschätztesten Architekten seiner Zeit gelten konnte. In Würzburg selbst bildete eine seiner Hauptaufgaben einmal die Erbauung der sogen. Schönborncapelle. Schon vor seiner Erhebung auf den bischöflichen Stuhl war es ein Lieblingsgedanke für Johann Philipp Franz, seiner Familie bei der Domkirche ein großartiges Mausoleum zu errichten. Allein erst nach längerem Widerstande von Seite des Domcapitels konnte die Sache verwirklicht werden; am 4. Juni 1721 fand die feierliche Grundsteinlegung statt; die Vollendung erfolgte erst durch den Bruder Friedrich Karl. Der an den nördlichen Querschiffarm des Domes sich anlehnende Bau paßt in keiner Weise zu der alten, ohnedies etwas nüchtern gehaltenen romanischen Basilika; an und für sich betrachtet ist er aber ein Meisterstück im Stil jener Zeit. Aber noch viel weitaussehender war der andere Auftrag, dessen Lösung die eigentliche Lebensaufgabe Neumann’s bildete. Da die alte fürstliche Residenz auf dem Marienberge jenseits des Mains als nicht mehr praktisch erschien, so hatte schon der Vorgänger Johann Philipp II. v. Greiffenklau auf der Hauptseite der Stadt, am Rennweg ein kleines Schloß von Petrini erbauen lassen, das aber bald baufällig wurde. Diesen Gedanken eines neuen Residenzbaues nahmen nun Johann Philipp Franz und sein Baumeister von neuem auf, um denselben in der großartigsten Weise zur That werden zu lassen. Bereits am 22. Mai 1720 fand unter großem Pomp die Grundsteinlegung statt. Neumann’s Risse und Studien zu dem Riesenwerke (im Original erst neuerdings in der Würzburger Universitätsbibliothek wieder aufgefunden) wurden dem Mainzer Hofe, sowie berühmten Pariser Architekten zur Begutachtung vorgelegt, nach deren Rathschlägen man Manches änderte. Rüstig ging man dann ans Werk; zahlreiche fremde Künstler wurden für eine würdige innere Ausstattung gewonnen; aber erst dem Bruder Friedrich Karl war die Genugthuung beschieden, dieses Werk echt Schönborn’schen Geistes vollenden zu können; ein Bau, freilich nicht recht in Einklang stehend mit den Verhältnissen eines so kleinen Staates, aber abgesehen davon ein ebenso reiches, als durchaus edles, von geschmackloser Ueberladung freies Meisterwerk des Barockstils. Neben diesen, für eigene Zwecke bestimmten Bauten traf aber Johann Philipp Franz durch ein am 22. August 1722 erlassenes Baumandat in eingehender, verständiger Weise Fürsorge für Hebung des Bauwesens in seiner Hauptstadt. Wenn weiterhin die Würzburger Bischöfe von jeher von ihrem Münzrechte ausgedehntesten Gebrauch gemacht hatten, so kommt der aufs Prächtige gehende Charakter dieser Regierung auch darin zum Ausdruck, daß Johann Philipp Franz gar keine kleineren Courantmünzen, wol aber eine stattliche Anzahl herrlicher Schaumünzen, meist durch die kunstreiche Hand des Nürnberger Graveurs Vestner herstellen ließ.

Daß nun über einem nach außen hin so glänzend sich gestaltenden Auftreten das Wohl des Landes im übrigen zu kurz gekommen wäre, kann keineswegs behauptet werden. So hat sich Johann Philipp Franz um die Hebung der geistigen Cultur entschiedene Verdienste erworben; u. A. durch Gründung einer historischen Professur an der Universität; durch Berufung des trefflichen Geschichtsforschers Joh. G. v. Eckhart zum Hof- und Universitätsbibliothekar und [280] Historiographen; er hat demselben bereits den Auftrag zu dem so berühmt gewordenen Werke „Commentarii de rebus Franciae orientalis“ ertheilt; sodann durch bessere Dotirung der Universitätsbibliothek, Begünstigung des mathematischen Unterrichts, Bereicherung des botanischen Gartens, und endlich durch den Plan der Errichtung eines anatomischen Theaters, welchen dann der Nachfolger verwirklichen konnte. Aber auch außerhalb dieser geistigen Sphäre legen seine zahlreichen Erlasse, wie sie in den Würzburg’schen Landesverordnungen gesammelt sind, Zeugniß ab von gesundem Blick und energischem Willen, wenngleich sich hier seine Thätigkeit im Ganzen mehr auf Hebung von Mißständen, als auf neue schöpferische Thaten erstreckte. So suchte er Mißbräuchen im Gerichtswesen zu steuern; eine neue Taxordnung wurde erlassen; 1721 eine zum Schutz der Forsten sehr dienliche Waldordnung; Anordnung von Viehmärkten; eine Feuerordnung; Maßregeln gegen Mißbräuche in einzelnen Handwerken und Gewerben; sodann eine Verordnung, welche die allzugroße Verminderung steuerpflichtiger bürgerlicher Güter zu Gunsten der abgabenfreien geistlichen und adeligen Güter für die Zukunft verhindern sollte; endlich wiederholte strenge Vorschriften gegen das Bettler-, Vaganten- und Zigeunerwesen und gegen nächtliches Unfugtreiben. Mitten in dieser eifrigen Regententhätigkeit, die auch, was die rein geistlichen Angelegenheiten betrifft, nichts zu wünschen übrig ließ, ereilte den Fürsten ein plötzlicher Tod auf freiem Felde auf der Rückkehr von einem Besuch bei dem Deutschordensgroßmeister zu Mergentheim, bei dem Dorfe Löffelsterz am 18. August 1724. Er wurde im Dom beerdigt; sein Bruder und zweiter Nachfolger Friedrich Karl ließ ihm in dem neuen Mausoleum ein prächtiges Denkmal errichten.

Vgl. Sammlung der hochfürstlich wirzburgischen Landesverordnungen. 1. Theil. Wirzburg 1776. – Gropp, Collectio novissima scriptorum et rerum Wirceburgensium Tom. IV.Ussermann, Episcopatus Wirceburgensis. – A. Niedermayer, Kunstgeschichte der Stadt Wirzburg. 2. Ausg. Freiburg i. Br. 1864. – Wegele, Geschichte der Universität Wirzburg. Wirzburg 1882. – Archiv des histor. Vereins von Unterfranken. Bd. XXXIII.