ADB:Johann II. (Herzog von Glogau und Sagan)

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Artikel „Johann II., Herzog in Schlesien und Herr zu Sagan“ von Hermann Markgraf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 402–409, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_II._(Herzog_von_Glogau_und_Sagan)&oldid=- (Version vom 15. Oktober 2024, 16:59 Uhr UTC)
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Johann II., Herzog in Schlesien und Herr zu Sagan, später auch zu Glogau und Freistadt, geb. wahrscheinlich 1435, † am 22. Septbr. 1504, war der jüngste Sohn des Herzogs Johann I. und der Prinzessin Scholastica, Tochter des [403] letzten Kurfürsten von Sachsen aus dem askanischen Hause, Rudolf III. Das wilde und grausame Naturell des Vaters, der sowohl mit seinen Unterthanen wie mit seiner eigenen zahlreichen Familie in stetem Zwist gelebt hatte, ging vornehmlich auf diesen jüngsten Sohn über. Das Erbe, das der Vater bei seinem 1439 erfolgten Tode hinterließ, war zur Befriedigung der fürstlichen Ansprüche von 4 Söhnen und 6 Töchtern wenig hinreichend. Anfangs führten die älteren Brüder Balthasar und Rudolf in Vormundschaft der jüngeren Wenzel und J. eine gemeinschaftliche Regierung, aber 1449 kam es zu einer Theilung. Bei dieser behielten die beiden älteren Brüder zusammen Stadt und Land Sagan, während die jüngeren ebenfalls zusammen Priebus nahmen. Den dritten District des Fürstenthums, Naumburg am Bober, überließen sie der Mutter als Wittwensitz. Als sich Gelegenheit zu kriegerischer Thätigkeit eröffnete, haben wenigstens die beiden älteren Brüder ihrem fürstlichen Namen Ehre gemacht. Rudolf fiel 1454 für die Sache des deutschen Ordens kämpfend als ein tapferer Mann in der Schlacht bei Konitz. Im nächsten Jahre zog Balthasar mit einer Söldnerschaar ebenfalls nach Preußen und kämpfte drei Jahre lang unter den schwierigsten Verhältnissen für den Orden, bis dessen gänzliche Erschöpfung an Geldmitteln ihn zwang, seine Söldnerschaar aufzulösen und mit großen pecuniären Verlusten heimzukehren. Zu Hause geriethen nun die jüngeren Brüder Wenzel und J. mit ihm in Streit über Herzog Rudolfs Erbe. Wenzel war ein stiller und gutmüthiger, wenn nicht geradezu schwachsinniger Fürst, der Streit ging von J. aus. Als bald nachher bei der Thronbesteigung Georgs von Podiebrad Herzog Balthasar als Gesinnungsgenosse der Stadt Breslau dem hussitischen König den Gehorsam verweigerte, schloß sich J. diesem um so eifriger an, überfiel mit böhmischen Söldnern Sagan, stieß seinen Bruder ins Elend und erlangte am 9. März 1461 die alleinige Belehnung mit dem Fürstenthum. Seine Mutter und Schwester verjagte er ebenfalls, sein Bruder Wenzel blieb bei ihm. Da Balthasar, weil er um seines rechten Glaubens willen die Vertreibung erlitten habe, den Papst Pius II. um Hülfe anrief, wurde zwar von Rom aus seinem Bruder der Proceß gemacht, doch blieben Bann und Interdict zunächst wirkungslos. So lange Podiebrad sicher auf seinem Königsthrone in Prag saß, war auch Herzog J. in Sagan sicher, als aber 1467 sich die katholische Liga gegen jenen erhob, war dieser eines der ersten Opfer, das fiel. Obwohl er einen ersten Versuch seines Bruders Balthasar im October 1467 durch einen nächtlichen Ueberfall von dessen Heerschaar glücklich vereitelte, mußte er doch im November einem von seinem Vetter Heinrich von Glogau-Freistadt und seinen vielen Gegnern in den Lausitzen gebildeten Bunde weichen und Sagan seinem Bruder herausgeben, doch behielt er Priebus. Vorsichtig hielt er die nächsten Jahre Ruhe; so lange Balthasar kinderlos und Wittwer war, blieb ihm wenigstens die Aussicht auf die Erbschaft. Als derselbe sich indeß 1469 noch einmal verheirathete, sann J. auf einen Gewaltstreich. Schon im Mai 1469 hatten die Gegner des Königs Georg, aus dem größern Theil des böhmischen Herrenstandes und den Nebenländern der böhmischen Krone, wie Mähren, Schlesien und den Lausitzen bestehend, den Ungarnkönig Matthias Corvinus zum Gegenkönig erwählt, nur in stetem Kampfe behauptete sich Georg bis zu seinem Tode im März 1471 auf dem Thron. Als darauf seine Anhänger sich dem Ungarn nicht unterwarfen, sondern den polnischen Prinzen Wladislaw, einen jüngeren Sohn des Königs Casimir IV. wählten, entstand ein langjähriger, verwüstender Krieg zwischen den beiden Prätendenten. Hier erscheint nun J., wahrscheinlich durch die Vermittlung Albrechts des Beherzten von Sachsen mit ihm ausgesöhnt, schon im Herbst 1472 auf Seiten des Ungarn. Als ein thatkräftiger Mann war er diesem willkommen; er erhielt die Mittel und den Auftrag Söldner in Schlesien anzuwerben und [404] damit das Land gegen einen Angriff von Polen zu schützen; die Breslauer sollten ihm zu dem Zwecke sogar die Besetzung des festen Namslau in der Nähe der polnischen Grenze gestatten. Sie weigerten sich klüglicherweise. Kaum hatte der Herzog im Frühjahr 1472 3000 Mann zusammen, so rückte er plötzlich vor Sagan, schoß die Stadt nach dreitägiger Belagerung in Brand, nahm einige Tage später seinen Bruder in der Burg gefangen und führte ihn nach Priebus. Dort starb Balthasar in dem kerkerähnlichen Gemach des Schloßthurms am 15. Aug. desselben Jahres, und bald hieß es im Lande, daß man ihn habe verhungern lassen. Wenn die Anklage auch nicht direct dem Bruder den Befehl dazu nachsagte, so bezeichnete sie doch einen seiner vertrautesten Diener als den Urheber der That. Der ganze Gewaltact machte großes Aufsehen in Schlesien. König Matthias forderte den Herzog zur Verantwortung nach Ofen. Aber dieser, indem er sich beim König mit Krankheit entschuldigen ließ, bot durch den Abt des Augustinerklosters in Sagan den Herzögen Ernst und Albrecht von Sachsen, die damals ihre Länder noch ungesondert regierten, den Kauf seines Fürstenthums Sagan an. Als er Geneigtheit fand, eilte er selbst heimlich und in der Verkleidung eines Bauern nach Dresden. Im December 1472 verkaufte er sein ganzes Fürstenthum für 55 000 ung. Goldgulden, von denen er 10 000 Gulden sofort erhielt. Die sächsischen Fürsten, welche die Bestätigung des Kaufes und die Belehnung damit beim König Matthias nachsuchten und nach längerer Zeit um den Preis eines Freundschaftsbündnisses mit demselben am 6. Octbr. 1474 erlangten, müssen zugleich um Indemnität für Herzog J. eingetreten sein. Der Streit um die böhmische Krone war noch immer unausgetragen und unter diesen Umständen mochte dem König ein entschlossener Mann wie Herzog J., der Söldner zu werben und zu führen verstand, trotz der bewiesenen Unzuverlässigkeit willkommen erscheinen. So kam J. bald wieder zu Gnaden. Im Verein mit Melchior Löbel, einem bekannten niederschlesischen Söldnerführer sammelte er im Frühjahr 1474 auf Kosten des Königs Matthias eine ansehnliche, auch mit Artillerie versehene Schaar zum Einfall in Polen. Am 18. März überschritt er bei Steinau die Oder und zog durch das Guhrauische gegen Fraustadt. Da er die Stadt nicht nehmen konnte, ging er bei Schlawa vorbei in die Gegend von Glogau zurück, um von da aus die benachbarten Gegenden Polens in wiederholten Ueberfällen zu plündern. Auf einem dieser Züge stürzte er in dem brennenden Städtchen Kiebel, nördlich von Glogau, vom Pferde und verbrannte sich stark das Gesicht. Der Vers, welcher das Andenken an diesen Unfall erhalten hat. „Herzog Hans ohne Land – hat das Maul vor der Kiesel verbrannt“, wird auch mit den Versionen Kopnitz, Fraustadt, Drossen und Frankfurt citirt, doch ist Kiebel sicher verbürgt. In Folge dessen ließ sich der Herzog zur Pflege zu seiner Frau bringen, die sich bei ihrer Mutter, der Herzogin Salome von Troppau, Pfandherrin von Steinau, aufhielt, und sein Heer löste sich auf.

Eine große Aussicht eröffnete ihm der am 22. Febr. 1476 erfolgte Tod seines kinderlosen Vetters Herzogs Heinrich XI., der halb Glogau und Freistadt besessen hatte. Er war der letzte Mann der jüngeren Linie des glogau-saganer Piastenzweiges und Herzog J. der allein berechtigte Lehnserbe. Aber Herzog Heinrich hatte bereits 1472 bei seiner Vermählung mit Barbara von Brandenburg, der Tochter Markgraf Albrechts (s. Bd. II S. 49) dieser die Erbfolge zugesichert, und es brach daher zwischen Markgraf Johann, dem Bruder der Herzogin Barbara und Herzog J. ein mehrjähriger Erbstreit aus. Wie König Matthias den sächsischen Brüdern um den Preis freundschaftlicher Stellung zu ihm das Fürstenthum Sagan zu Lehen gegeben hatte, so wäre er schwerlich abgeneigt gewesen, die Freundschaft eines so angesehenen und einflußreichen Fürsten, wie Markgraf Albrecht Achilles [405] war, durch ein gleiches Opfer zu erkaufen. Aber dieser wandte sich im Einverständniß mit dem Kaiser Friedrich III. gerade damals seinem Gegner Wladislaw zu, suchte bei ihm die Bestätigung des Erbvermächtnisses an seine Tochter Barbara nach und verheirathete sogar die jetzt erst 12jährige Prinzessin 6 Monate nach dem Tode ihres ersten Gemahles mit dem 20jährigen Wladislaw. Die natürliche Folge war, daß sich Matthias für das Erbrecht des Herzogs J. erklärte. Dieser hatte den Sommer 1476 fruchtlos mit Markgraf Albrecht verhandelt. Im December forderte und verlangte er, gestützt auf die formelle Anerkennung des Königs Matthias, die Huldigung des Fürstenthums; nur Crossen, das eine brandenburgische Besatzung eingenommen hatte, weigerte sie ihm. Ein dreimonatlicher Waffenstillstand, der am 12. Januar 1477 zu Stande kam, beugte zunächst dem Blutvergießen vor, da aber die inzwischen angerufene Vermittelung des Herzogs Albrecht von Sachsen ohne Erfolg blieb, begann im Sommer ein verheerender Krieg. König Matthias schickte dem Herzog 2000 ungarische Söldner zu und bot die schlesischen Fürsten zur Hülfe auf. Auch der Papst, der auf Seiten des Königs Matthias stand, lieh dem Herzoge seine Unterstützung; der in Breslau residirende päpstliche Legat erklärte alle Unterthanen des Fürstenthums, die ihm nicht gehorchen würden, dem Bann verfallen. Das hinderte nun freilich nicht, daß ein Theil der Städte, namentlich Freistadt mit seiner festen Burg, wieder von ihm abfiel und sich auch die Ritterschaft sehr schwankend verhielt. Er führte den Krieg gegen seinen Gegner Markgraf Hans, der sich nach den Urtheilen der Berichterstatter nicht eben als einen energischen Kriegsmann bewies, gemäß seiner wilden Art hauptsächlich in gelegentlichen kühnen Streifzügen. Auf einem derselben nahm er den Bischof Wedigo von Havelberg gefangen, der sich mit 4000 Goldgulden loslösen mußte, auf einem andern erstürmte er eine Bastei vor Frankfurt und machte 400 Gefangene, die sich dann auch mit schweren Summen ranzioniren mußten. Auch eroberte er im October die Burg von Freistadt, in der sich bislang die Markgräflichen gehalten hatten. Dem Gegner das Land zu verwüsten, Beute fortzuschleppen und Lösegeld zu erpressen, waren die Ziele seiner Kriegsführung. Im nächsten Frühjahr machte er gegen Ostern wieder einen neuen Einfall in die Mark, eroberte und besetzte das Städtchen Beelitz südlich von Potsdam. Nur mit großer Mühe und nach Einäscherung desselben brachte es Markgraf Johann wieder in seine Gewalt. Zwar suchte Georg von Stein als königlicher Anwalt in Schlesien und den Lausitzen im Frühjahr 1478 dem Kriege auf einem Tage zu Guben Einhalt zu thun, indem er beide Parteien dahin brachte, sich der Entscheidung des Königs zu unterwerfen, doch kamen dieselben ihrer Zusage bis zum 24. August ihre Gesandten zum König zu schicken nicht nach, griffen vielmehr wieder zu den Waffen. Im September unternahm Herzog Hans einen Streifzug in die Niederlausitz gegen Cottbus, dann wieder eilte er nach Frankfurt, um dort mit Markgraf Albrecht zu tagen. Als dieser nur seine Räthe schickte, mit denen der Herzog nicht fertig werden konnte, belagerte er Krossen. Dort erlitt sein Heer, während er sich gerade auf einige Tage entfernt hatte, eine schwere Niederlage durch Markgraf Hans. Dafür suchte er mit frischen Söldnern, die ihm der König aus Ungarn gesandt hatte, die Mark mit einem mehrwöchentlichen Kriegszuge heim. Erst der Friede zwischen den Gegenkönigen Matthias und Wladislaw, der zu Brünn und Ofen im März und September 1478 berathen und zu Olmütz im August 1479 feierlich abgeschlossen wurde, wonach die böhmischen Nebenländer bei Matthias verblieben, das Hauptland aber bei seinem Gegner, brachte auch die Glogauer Fehde zu Ende. Indem beide Parteien sich der Entscheidung des Königs unterwarfen, bewilligte dieser der Markgräfin Barbara eine Abstandssumme von 50 000 ung. Goldgulden, deren eine Hälfte ihr baar bezahlt [406] werden sollte, während ihr für die andere Hälfte Krossen mit Rückkaufsrecht abgetreten werden sollte – 15. Septbr. 1479.

Nach Beendigung des Krieges machte König Matthias Miene den Herzog J. bei Seite zu schieben und[WS 1] das Fürstenthum Glogau seinem natürlichen Sohn Johann Corvinus zuzuwenden. Kaum erfuhr dies der Herzog, so eilte er sich zur Wehre zu setzen. Ein Theil des Fürstenthums Glogau mit der halben Stadt Glogau und der Burg daselbst gehörte schon seit beinahe 100 Jahren den Herzögen von Teschen. Damals regierte darüber die Herzogin Margarethe, Wittwe des Herzogs Wlodko. Ihr Erbe war ihr Neffe Herzog Casimir von Teschen. Da Matthias im October 1479 diesen bewog, die glogauischen Landestheile mit Kosel zu vertauschen, das er nach dem Tode des schwarzen Konrad von Oels eingezogen hatte, versah sich Herzog Hans böser Liebe. Er beschloß deshalb sofort sich in den Besitz des ganzen Landes zu setzen. Die Herzogin warf sich in die Burg und vertheidigte sich von März bis Mai 1480 gegen eine selbst jener an viele Schrecken gewöhnten Zeit wild und unmenschlich erscheinende Belagerung. Ohne Hülfe von auswärts erlangt zu haben, mußte sie sich am 1. Mai ergeben. So hatte J. durch sein rücksichtsloses Zugreifen einen neuen Erfolg errungen, er war alleiniger Herr in der festen Stadt Glogau. Im Guhrauischen behauptete sich die Herzogin Margarethe mit Erfolg. Der König war natürlich aufgebracht über die Gewaltthat des Herzogs und entbot ganz Schlesien zur Vertreibung desselben; aber die schlesischen Fürsten beeilten sich keineswegs dem Gebote Folge zu leisten. Sie vermittelten zunächst im August einen Waffenstillstand auf ein Jahr. So durchgreifend auch des Königs Art im Ganzen war und so sehr dies auch die Schlesier bereits wiederholt erfahren hatten, so wollte er es doch bei dem noch nicht völlig zum Ende gebrachten Streite mit Brandenburg in Glogau nicht zum Aeußersten kommen lassen. Der Umstand, daß der Herzog keine männlichen Lehnserben hatte, erleichterte einen Vergleich, (7. Juni 1481). Darnach verzichteten die Teschener auf alle Rechte an das Fürstenthum, und dasselbe sollte an den Herzog fallen bis auf Krossen, Schwiebus und Züllichau, die er dem König überlassen sollte. Wenn dem Herzog keine Leibeslehnserben geboren würden, sollten die Lande mit seinem Tode an den König fallen. Auf dieser Grundlage kam im nächsten Jahre ein allgemeiner Friede zu Stande. Der Herzog ward mit Glogau belehnt und ließ seine Unterthanen dem König Eventualhuldigung leisten. Brandenburg erhielt für die ganzen 50 000 Gulden Landbesitz, nämlich Krossen, Züllichau, Sommerfeld und Bobersberg, letzteres gab Herzog J. noch heraus und erhielt dafür Schwiebus zurück. So waren alle Theile befriedigt. Der König hatte wenigstens die Hoffnung, seinen natürlichen Sohn in der Zukunft mit Glogau ausstatten zu können. Derselbe war zur Zeit noch ein Knabe.

Matthias behielt den Plan seinen Sprößling in Schlesien zu versorgen unausgesetzt im Auge. Schon nach dem Tode des schwarzen Konrad hatte er dessen Fürstenthum Kosel eingezogen, 1485 nöthigte er den Herzog Victorin von Troppau, Georg Podiebrads ältesten Sohn, sein Fürstenthum mit Besitzungen im südlichen Ungarn zu vertauschen, dazu kamen jetzt die Aussichten auf Glogau und auch auf Oels, in welchem letzteren Fürstenthume mit dem Tode Konrads des Weißen das Erlöschen dieser Piastenlinie bevorstand. Ferner richtete er sein Augenmerk auf die Verdrängung Heinrichs von Münsterberg und Glatz, dessen Hinneigung zum König Wladislaw ihm verdächtig war. Heinrich war ja Podiebrads zweiter Sohn. Diesen Plänen gegenüber, für deren Durchführung besonders der gewandte aber ränkevolle Georg von Stein in der Stellung eines königlichen Anwalts in Schlesien und den Lausitzen thätig war, schlossen sich die [407] Bedrohten zusammen. Schon im J. 1487 verheirathete Herzog J. seine zweite Tochter Salome mit Herzog Heinrichs ältestem Sohne Albrecht, und daran schlossen sich im Januar 1488 die Heirathen der jüngeren Töchter Hedwig und Anna mit Herzog Heinrichs jüngeren Söhnen Georg und Karl. Die Verabredung eines gemeinsamen Zusammenstehens begleitete diese Eheverbindungen. Ebenso suchten die Herzöge Nicolaus und Johann von Oppeln gegen die Feindseligkeiten des Königs die Freundschaft des Herzogs und schlossen mit ihm ein förmliches Schutzbündniß. Unter diesen Umständen führte die Forderung Johanns an seine Stände bei der Verheirathung seiner Töchter im Januar 1488, daß die Stände seinen Schwiegersöhnen für die Ausstattung seiner Töchter Eventualhuldigung leisten sollten, zum Kriege. Mit Berufung auf die schon dem König geleistete Eventualhuldigung weigerten sich die Stände der Zumuthung. Ein gleich darauf in Breslau zusammentretender Fürstentag führte nicht zur Versöhnung. Der größere Theil des Landes, Herzog Friedrich von Liegnitz-Brieg, damals Oberlandeshauptmann, die Fürstenthümer Breslau und Schweidnitz-Jauer und der Bischof Johann traten auf des Königs Seite, die übrigen Fürsten hielten es mehr oder weniger offen mit dem Herzog. Vergebens bearbeitete dieser den Januar hindurch die Stadt Glogau, daß sie mit Leistung der Huldigung voranginge. Da zogen am 8. März 1000 böhmische Söldner über Meißen her, da sie Herzog Friedrich von Liegnitz auf dem geraden Wege nicht durchgelassen sondern bei Schönau zurückgetrieben hatte, in die Stadt ein, und sofort ließ der Herzog den Rath in den Schloßthurm gefangen setzen und nahm alle Schlüssel, Kassen und Privilegien der Stadt an sich. Die gleichfalls gefangen genommenen Schöffen und Geschworenen ließ er nach kurzer Zeit wieder frei. Ein von ihm eingesetzter neuer Rath mußte ihm unbedingte Willfährigkeit geloben. Die Vorstädte ließ er völlig abreißen und das ganze Terrain rasiren. So gerüstet erwartete er das Heer, das König Matthias, diesmal mit der festen Absicht, ihn völlig zu vertreiben, gegen Glogau sandte. Im Mai kamen die königlichen Söldner unter dem Hauptmann Wilhelm v. Tettau, über 3000 Mann stark, dazu Hülfsvölker aus Schlesien und den Lausitzen, langsam heran und besetzten, nachdem eine persönliche Unterredung zwischen dem Herzog und Wilhelm von Tettau nebst Georg von Stein – Herzog Friedrich starb in diesen Tagen – ohne Erfolg geblieben war, am 11. Juni die Dominsel gegenüber der Stadt. Es gelang dem Herzog die meisten Gebäude der Dominsel, auch die Kirchen, in Brand zu stecken, im Kampfe aber zog er beim ersten Zusammentreffen den Kürzeren, die Feinde besetzten den Dom. Bald kamen ihnen auch noch über 4000 Mann Verstärkungen. Der Herzog hatte inzwischen persönlich die Stadt verlassen um auch Verstärkungen herbeizuholen, allein das wahrscheinlich durch seine Schwiegersöhne angeworbene böhmische Söldnervolk kämpfte unterwegs am 28. Juni bei Thomaswaldau in hartem Kampfe unentschieden gegen Hans von Haugwitz, der das zweite königliche Heer heranführte; es zog sich nach Sprottau und ließ den Gegnern den Weg nach Glogau frei. Die von den Söldnern innerhalb und von Feinden außerhalb gequälte Stadt wurde im August, während der Herzog in Sprottau lag, eng mit einem Belagerungswall umgeben, so daß nichts mehr aus noch ein konnte. Bald brach die Noth in der Stadt aus und sie wollte im Anfang des Septembers nicht länger ausharren. Ehe sie aber einen Beschluß faßte, dem königlichen Heere die Thore zu öffnen, gelangten 400 Söldner vom Herzog herein und verhinderten das Vorhaben; sie lagerten in den Häusern der Bürger und plagten dieselben schrecklich. Die im Thurm gefangen sitzenden Rathmannen kamen auf das Elendigste durch Hunger um. Die Vereitelung eines Versuchs zur Verproviantirung der Stadt, den der Herzog am 2. Octbr. machte, steigerte die Noth der Bürger noch mehr. Die Söldner nahmen Alles [408] weg. Seit dem 18. October ward in den Fleischbänken nicht mehr feilgehalten. Schon machten die Königlichen von der Dominsel aus einen Sturm auf die Bastei bei St. Georg, doch ward derselbe am 24. October abgeschlagen. Während der Zeit hielt sich Herzog J. in Freistadt; als er dies nicht länger behaupten konnte, brannte er es nieder – 15. Octbr. – und zog sich nach Schwiebus. Von dort eilte er Ende October zum Polenkönig, doch fand er dort die erbetene Hülfe nicht, ebensowenig bei den Oppelner Herzögen, die ihn uneingedenk ihres Bündnisses, in der Meinung, daß seine Sache doch verloren sei, nicht einmal aufs Schloß ließen. Dann zog er nach Glatz. Von bischöflichen Truppen aus Neiße verfolgt, gerieth er unterwegs in die größte Gefahr und Noth, bis ihn ein Bauer aus Mitleid nach Glatz brachte, das dem Vater seiner Schwiegersöhne gehörte, und wo er dann für einige Zeit Unterkommen fand. Am 31. Octbr. entwich auch sein Schwiegersohn Herzog Georg und sein Factotum, der Domherr Apicius Colo, den die Zeitgenossen als seinen bösen Geist bezeichnen, welche bisher die Vertheidigung der Stadt geleitet hatten, heimlich aus Glogau. Darauf begannen die Söldner und die Bürger um die Uebergabe zu unterhandeln; doch erst am 16. November, nachdem Instructionen vom König eingelaufen waren, erhielten die Söldner freien Abzug. Recesserunt in nomine diaboli, ruft ihnen der Schreiber der Glogauer Annalen nach. Am 18. Novbr. zog der königliche Hauptmann Wilhelm von Tettau in die Stadt ein. Auch die übrigen Städte des Fürstenthums ergaben sich im Laufe des Decembers und Januars, zuletzt Schwiebus, wo sich die Herzogin mit den Töchtern aufhielt. Alle leisteten dem Könige und seinem Sohne die Huldigung. Nicht viel besser erging es Johanns Bundesgenossen Heinrich. Er verlor im Kampfe seine beiden Festen Münsterberg und Frankenstein und mußte dieselben, ebenso wie J. das ganze glogauer Fürstenthum, in dem Friedensvertrage vom 29. Dec. 1488 in den Händen des Königs lassen, der dafür den beiden Fürsten eine Abfindung von 40 000 Goldgulden zusicherte.

Mit diesem glogauischen Kriege hat J. seine politische Rolle ausgespielt, wiewol er noch 15 Jahre gelebt hat. Obschon sein Gegner Matthias bereits im Frühjahr 1490 starb, gelang es ihm lange nicht wieder zu Land und Leuten zu kommen. Er eilte allerdings sofort an den Hof des neuen Königs Wladislaw, der jetzt die ungarische Krone der böhmischen hinzufügte, aber dieser sah in den erledigten schlesischen Fürstenthümern wie Glogau, Troppau etc. nur ein bequemes Entschädigungsmittel, um seinen Bruder Albrecht, der als Mitbewerber um die ungarische Krone aufgetreten war, abzufinden, nachdem er Johann Corvin einfach bei Seite geschoben hatte. So mußte Herzog J. leer abziehen. Er blieb dann über Jahr und Tag in Polen, bis er ausgewiesen ward, zog darauf wie ein Bettler auf den Burgen seiner ehemaligen Vasallen im Glogauischen umher, bis ihn auch hier ein Ausweisungsbefehl traf. Darauf scheint er längere Zeit in Frankfurt a. O. gewohnt zu haben. Durch den Tod seiner Schwiegermutter Herzogin Salome von Troppau, Pfandherrin von Steinau, eröffnete sich ihm noch einmal eine Aussicht auf einen wenn auch bescheidenen Besitz. Doch trat seiner Gemahlin Katharina als Erbin Georg von Stein entgegen, dem König Matthias das Ländchen verschrieben hatte, und später Benes von Weitmil, dem Georg sein Anrecht verkauft hatte. Endlich wurde der Streit dahin beigelegt, daß Herzog Heinrich von Münsterberg, der inzwischen von dem neuen König das durch Konrad des Weißen Tod 1492 erledigte Fürstenthum Oels erworben hatte, Steinau und Raudten empfing und mit Oels vereinigte, dafür aber dem Herzog J. und seiner Gemahlin Stadt und Land Wohlau überließ. Auf dem Schlosse zu Wohlau hat der alte Fürst dann seine letzten Lebenstage [409] zugebracht und ist daselbst am 22. Septbr. 1504 gestorben. Zuletzt soll er sich mit Goldmacherei beschäftigt haben.

Die hauptsächlichsten Quellen sind der Catal. abbat. Saganensium, Geschichten Hertzog Hanns 1488, Annales Glogovienses in den Script. rer. Siles. T. I, IV u. X, dazu Schlesische Lehnsurkunden, hrsg. v. Grünhagen u. Markgraf, 1881, Bd. I, Fürstenthum Glogau.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Korrigiert. In der Vorlage: uud