ADB:Imhoff, Gustav Wilhelm Baron van

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Artikel „Imhof, Gustav Wilhelm Freih. v.“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 50–52, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Imhoff,_Gustav_Wilhelm_Baron_van&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 22:48 Uhr UTC)
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Imhof: Gustav Wilhelm Freih. v. I., Generalgouverneur zu Batavia, geb. den 9. August 1705 zu Leer in Ostfriesland, gest. am 1. Novbr. 1750 zu Batavia. Sein Vater war Wilhelm Heinrich Reichsfreiherr v. I. (1665 bis 1725), der Fürsten in Ostfriesland geheimer Rath, Oberschenke, dann Drost der Stadt und des Amtes Leer, welcher in verschiedenen Sendungen an größere Höfe Europa’s abgeordnet wurde; so an Wilhelm III. und Georg I. von England, an Karl XII. von Schweden, an August den Starken, Friedrich I. von Preußen und an Karl III. von Spanien, den nachmaligen deutschen Kaiser Karl VI. – Der Großvater mütterlicher Seite war Jacob von Borell, Herr von Heinbeck und Bürgermeister zu Amsterdam, zugleich Mitglied des Directoriums der ostindischen Compagnie. Auf Rath seines Vaters und mütterlichen Großvaters ging der zwanzigjährige I. am 19. Januar 1725 auf dem Schiffe Cockengo als Untercommis (tweede Kommies) der Compagnie nach Batavia, wurde bereits 1727 erster Commis und heirathete in demselben Jahre Katharina Magdalena, des batavischen Generalgouverneurs Anton Huysmann, Herrn van der Hille Tochter, wodurch er neben einem hübschen Vermögen in den höheren Gesellschaftskreisen eine höchst vortheilhafte Stellung gewann. 1730 erhielt er das Amt eines Secretärs der Regierung von Indien, 1732 das eines außerordentlichen Rathes, 1736 wurde er nach Ceylon gesandt, wo das üble Verhalten der Compagniebeamten große Unzufriedenheit erzeugt hatte. I. löste die Aufgabe mit Umsicht und Thatkraft, und wußte durch sein Freundschaftsbündniß mit dem Kaiser von Kandia die Interessen der Compagnie wesentlich zu fördern. Ein neuer Auftrag, der ihn 1739 an die Küste von Malabar rief, gab ihm wiederholt Gelegenheit, von seiner Befähigung und seinem praktischen Blicke Zeugniß zu geben. Während des Aufenthaltes auf Ceylon war er auch um Ausbreitung des Christenthums bemüht, indem er 1738 zu Colombo auf eigene Kosten einen Katechismus nebst Bibel in singalesischer Sprache drucken und unter die Eingeborenen vertheilen ließ. Nach Beendigung dieses Auftrages schiffte er sich nach Europa ein, um über seine Thätigkeit mündlich zu berichten. Als er 1740 mit dem Range eines ordentlichen Rathes zurückkam, gerieth er in Folge des chinesischen Aufstandes mit Valckenier, der mittlerweile (1737) durch Verwendung einflußreicher Verwandter Generalgouverneur von Batavia geworden war, in ernste Zerwürfnisse. Die in Stadt und Umgegend lebenden Chinesen, seit langem über die Bedrückungen Seitens der Holländer sehr aufgebracht, hatten sich verschworen, dieselben am 9. Octbr. 1740 zu überfallen, niederzumachen und sich selbst in den Besitz der Insel zu setzen. Diese Pläne wurden jedoch den Holländern entdeckt; die gegen die Stadt anrückenden chinesischen Heerhaufen unter Mitwirkung Imhof’s als Kriegscommissär in einigen blutigen Treffen geschlagen, ihr Lager im Sturm genommen. Trotz dieser Siege und trotz entschiedenen Widerspruches des Freih. v. I. und der Räthe de Häge und van Schinken gab Valckenier zu Sicherung der Europäer den Befehl, alle in der Stadt wohnenden Chinesen mit Weib und Kind (deren Zahl soll gegen 24 000 gewesen sein) niederzumetzeln, obwohl sie sich nach der schweren [51] Niederlage ihrer Verbündeten ganz ruhig verhielten. In der Nacht des 9. Oct. 1740, an einem Sonntage, wurde Valckenier’s Befehl vollzogen; 30 Stunden wütheten Feuer und Schwert in dem unglücklichen Chinesenviertel. Hunderte von Häusern wurden in Asche gelegt, tausende von Einwohnern niedergemetzelt. Das vergossene Blut stieg bis an die Thürschwellen und färbte die Kanäle der Stadt, in welche die Erschlagenen geworfen wurden. Als endlich auf solche Weise die Ruhe hergestellt war, ließ Valckenier in der Rathssitzung vom 6. Decbr. 1740 I. nebst den erwähnten zwei Amtsgenossen (unter der Anklage der Auflehnung gegen seine Befehle und des Strebens nach der höchsten Gewalt) von 40 Grenadieren verhaften, in ihrer Wohnung strenge bewachen und sie einzeln zur Aburtheilung nach Holland bringen. I. wurde am 12. Januar 1741 auf dem schlechtsegelnden Fahrzeuge „Adrichem“ nach dem Mutterlande eingeschifft, begleitet von seinem jüngeren Bruder, Franz Heinrich, Gardelieutenant im Haag und seiner treuen Gattin, welche nach Erzählung gleichzeitiger Biographen „aus Schrecken und Betrübniß über die Gefahren ihres Gemahls in große Gemüthsschwachheit verfallen ist“. Mittlerweile war die Kunde von den Ereignissen auf Java, welche peinliches Aufsehen erregten, auch nach den Niederlanden gedrungen. Die Versammlung der Siebzehn hatte im Decbr. 1740 I. an Stelle Valckenier’s als Gouverneur ernannt, und ihm die Bestallungsurkunde durch die sogen. Weihnachtsschiffe überschickt, wovon er jedoch erst nach seiner am 19. Septbr. 1741 erfolgten Ankunft in der Heimath Kenntniß erhielt. Unter diesen Umständen war es ihm ein Leichtes, sein Verhalten während der chinesischen Unruhen zu rechtfertigen und seine Unschuld darzuthun. Valckenier dagegen wurde kurz darauf wegen Amtsmißbrauches vor Gericht gestellt, zu lebenslänglicher Haft im Schlosse zu Batavia verurtheilt und I. mit dem Vollzuge dieser Strafe betraut. Letzterer blieb 13 Monate in Holland, verfaßte zu Amsterdam eine für die Colonialpolitik sehr lehrreiche Darstellung des Zustandes von holländisch Ostindien (abgedr. bei du Bois, les vies des gouverneurs généraux, Anhang p. 1–47) und überreichte sie im November 1741 dem Directorium der Gesellschaft. Am 29. Octbr. 1742 ging er von Texel aus auf dem neuerbauten Oorlogschiffe, das den bedeutsamen Namen „Hersteller“ trug, wieder nach den Colonien ab, stieg am 22. Mai 1743 ans Land, und indem er alsbald jene Verbesserungen durchführte, welche seine 17jährige Regierung auszeichnen, spielte er, nach van Kampen, „überall die beseligende Rolle eines Befreiers“. Den Eingeborenen wurde eine möglichst ausgedehnte Handelsfreiheit zugestanden, den Chinesen der Betrieb der Handelsgeschäfte wieder gewährt, mit den reichen, amerikanischen Besitzungen Spaniens, namentlich mit Mexiko, Handelsverbindungen angeknüpft, zweckmäßige Polizeivorschriften erlassen, die militärische Einrichtung verbessert und die Besitzungen der Compagnie namhaft vergrößert, so im J. 1747 durch Gebiete des aufrührerischen Fürsten von Mandöra und 1749 durch das große Reich von Mantaram, welches der „Sonsonhorean“ (Kaiser) Pakon Boewana II der ostindischen Compagnie testamentarisch hinterließ. Mitten in diesen großartigen, dem Wohle Java’s gewidmeten Unternehmungen wurde I. (der 1748 auch zum General der Infanterie ernannt worden), am 1. Novbr. 1751 vom Tode überrascht und in der holländischen Kirche mit wahrhaft königlichem Gepränge beigesetzt. Sein Andenken blieb lange hochgefeiert, als das an Einen der hervorragendsten Beamten in den überseeischen Besitzungen, denn es war ihm in verhältnißmäßig kurzer Zeit gelungen, nicht nur die Wunden des verheerenden Aufstandes zu heilen und das Gebiet der ostindischen Compagnie zu erweitern, sondern auch die Colonie auf eine Stufe der Entwickelung zu bringen, welche sie früher nie behauptet hatte! Auf I. wurden nicht weniger als 7 Denkmünzen geprägt; vier in Deutschland von Martin Holtzhey [52] 1742 und 1743; eine in Holland und 2 in Java, welche sich auf die Ernennung als Gouverneur, die Einschiffung und glückliche Landung beziehen. (Eine Beschreibung derselben theils in Im Hoff’s Münzsammlung, Abth. 2. S. 424, theils im biogr. Wörterbuch des Van der Aa.) I. wurde auch wiederholt in Oel gemalt, so von J. M. Quinkhard 1742, von P. van Dyck 1744; nach ersterem Bilde existirt ein Stich von J. Houbraken (Fol.), nach letzterem von P. Tanje (Fol.), ein weiteres Blatt ist von J. C. Philipps gefertigt (1742), ein viertes enthält die „Europäische Fama“ mit dem Monogramm J. M. B. Nach dem Tode seiner Frau erzeugte I. mit einer freigeborenen Javaneserin einige Kinder, welche nach Friesland auswanderten, und unter Napoleonischer Herrschaft geadelt wurden. Unter diesen Nachkommen befindet sich der gleichnamige Enkel Gustav Wilhelm (Gustaaf Willem Baron van Imhoff), geb. am 20. Nobr. 1767 zu Gröningen; 1794 Deputirter, 1802–7 Finanzsecretär; nach der Einverleibung Hollands in Frankreich Mitglied des gesetzgebenden Körpers in Paris; dann (1813) Mitglied der zur Organisation Hollands niedergesetzten Staatscommission, endlich (1814) Gouverneur von Gröningen, seit 1827 mit dem Staatsrathstitel. Er starb am 13. Febr. 1830 (Van der Aa, Biogr. Woordenb. Th. 9. S. 14–16) und gilt als einer der fähigsten holländischen Administrativbeamten dieses Jahrhunderts.

Köhler, Nürnb. Münzbelustigung, Jahrg. 1743. St. 28. S. 217–224. – Hirsching, Handb. Bd. 3. Abth. 2. S. 53–56. – Hannöversches Magazin f. 1753. S. 838 ff. – Chr. A. Imhof, Münzsamml. a. a. O. – Panzer, Portr.-Verz. 118. – Höfer, Nouv. biogr. génér. Bd. 25. S. 827 u. 28. – Michaud, Biogr. nouv. ant. et mod. T. 20. p. 317. – J. van der Aa, Biograph. woordenboek der Nederlanden etc. 9. Thl. 12–14. – Du Bois, vies des gouverneurs 311–345. – van Kampen, Gesch. der nederl. buiten Europa Thl. 3. p. 31–34. 42–79. 173. – Ders., Vaderl. Karakt. Thl. 2. S. 467.