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Artikel „Hildesheimer, Israel“ von Adolf Brüll in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 329–330, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hildesheimer,_Israel&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 12:59 Uhr UTC)
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Hildesheimer: Israel H., Dr., hervorragender Theologe, geboren am 20. Mai 1820 zu Halberstadt, † am 12. Juni 1899 in Berlin. Den ersten Unterricht erhielt H. in der Hascharoth-Zewi-Schule seiner Vaterstadt. Siebzehn Jahre alt, kam er nach Altona, woselbst er die talmudische Hochschule des Rabbiners Jakob Ettlinger besuchte und gleichzeitig auch das Studium der classischen Sprachen und profanen Wissenschaften mit Fleiß und Eifer betrieb. Nach zehnjährigem Aufenthalte daselbst kehrte er nach Halberstadt zurück und besuchte daselbst das Domgymnasium. Nach dem Tode seines Vaters R. Löb Gilse, der in ihm die hingebende Liebe zum traditionellen Judenthum erweckte, hatte seine verwittwete Mutter zu kämpfen, um ihrem begabten Sohne die weitere Fortbildung zu ermöglichen. Durch die Verlobung mit der Tochter des damaligen Chefs des Hauses Aaron Hirsch und Sohn, Joseph Hirsch, war H. aller materiellen Sorgen enthoben und konnte sich ganz seinen Studien widmen. 1840 bezog er die Universität in Berlin und war daselbst besonders eifrig philosophischen Studien hingegeben. Später besuchte er die Universität Halle, an der damals Gesenius und Rödiger lehrten und erhielt daselbst 1844 die philosophische Doctorwürde auf Grund seiner Inauguraldissertation „Ueber die rechte Art der Bibelinterpretation“. Er nahm dann wieder seinen Aufenthalt in Halberstadt, wo er ohne jeden Beruf einzig und allein seinen Studien lebte und war daselbst auch mit der Copirung alter Grabsteine des historisch wichtigen Friedhofes der jüdischen Gemeinde beschäftigt und mit Studien über die Septuaginta (vgl. seine Materialien zur Beurtheilung der LXX, Orient, 1848, Nr. 30 ff.). 1851 folgte er einem Rufe als Rabbiner der israelitischen Gemeinde nach Eisenstadt in Ungarn und hatte in diesem Lande neben seinen Kämpfen mit den Neologen auch solche [330] mit den Orthodoxen zu bestehen, die, entgegen seiner Anschauung, traditionelles Judenthum und moderne Bildung für unversöhnliche Gegensätze hielten. H. gründete in Eisenstadt neben einer Gemeindeschule auch eine solche zur Heranbildung von Rabbinern und entfaltete an derselben eine vielseitige Thätigkeit, indem er nicht bloß Bibelexegese, hebräische Grammatik und Talmud, sondern auch deutsche Sprache und Litteratur, Geschichte, Mathematik und classische Sprachen unterrichtete. 1869 folgte er einem Rufe an die in Berlin ins Leben gerufene orthodoxe Separatgemeinde „Adath-Jìsrael“ und gründete daselbst 1873 ein Rabbinerseminar, aus welchem Theologen hervorgingen, die auch die jüdische Wissenschaft mit Erfolg pflegen und nicht in so schroffem Gegensatze zu den modernen Strömungen im Judenthume sich befinden, wie die Anhänger von S. R. Hirsch, obwol sie selbst persönlich auf streng orthodoxem Standpunkte stehen. Von den wissenschaftlichen Arbeiten Hildesheimer’s sind neben vielen in Zeitschriften zerstreuten Aufsätzen besonders zu erwähnen: „Die vaticanische Handschrift der Halachoth Gedoloth besprochen und in Auszügen mitgetheilt“ (Berlin 1886); „Halachoth Gedoloth. Nach dem Text der Handschrift der Vaticana, herausgegeben und mit kritischen Noten versehen“ (Berlin 1888) und „Mufteach (Schlüssel) und Indices zu den Halachoth Gedoloth“ (Berlin 1892). Hervorzuheben wären noch die Willenskraft, die hingebende Selbstlosigkeit und die rastlose Thätigkeit im Dienste der Wohlthätigkeit und Menschenliebe, die ihm, dem hervorragenden Vertreter des orthodoxen Judenthums, auch in gegnerischen Kreisen die Hochachtung und Würdigung brachten, die er verdiente.