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Artikel „Hertenstein, Kaspar von“ von Georg von Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 238–239, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hertenstein,_Kaspar_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 19:30 Uhr UTC)
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Hertenstein: Kaspar von H., Schultheiß in Luzern; † 1. Jan. 1486. – Am nordwestlichen Fuße des Rigi, unweit Weggis, liegt am Ufer des Vierwaldstettersee’s der Landsitz Hertenstein, so genannt von der einstigen, im J. 1352 zerstörten Burg der Ritter von H., eines habsburgischen Ministerialengeschlechts, das urkundlich mit Beginn des dreizehnten Jahrhunderts auftritt, um die Mitte dieses Zeitraums, wahrscheinlich durch Erbschaft, das Schloß und die Herrschaft Buonas am Zugersee (auch Neu-Hertenstein genannt), 1370 durch Ulrich v. H. das Burgrecht in Luzern erwarb und von dieser Zeit an daselbst unter den regierenden Familien während vier Jahrhunderten eine der ersten Stellen einnahm. Unter den Staats- und Kriegsmännern, die aus diesem Geschlechte hervorgingen, erwarb sich vorzüglich Kaspar v. H. hervorragende Bedeutung. Nach dem Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts geboren, ein Sohn des luzernischen Schultheißen Ulrich († 1454), Herren von Buonas, trat Kaspar v. H. 1430 in den Rath zu Luzern, wurde 1468 Schultheiß und war somit unter den Häuptern des Freistaates in der großen Zeit des Krieges der Eidgenossen wider Karl den Kühnen von Burgund und des wichtigen Tages von Stans. Vor Beginn der Schlacht bei Murten (22. Juni 1476) zum Ritter geschlagen führte er in derselben die Nachhut des schweizerischen Heeres so geschickt und kräftig, daß ihr Eingreifen die Niederlage von Karls schon weichendem Heer vollendete. H. war unmittelbar nachher auch Vertreter von Luzern, sowohl auf dem Friedescongreß mit Savoyen in Freiburg, als unter den schweizerischen Gesandten, die auf Wunsch König Ludwigs XI. von Frankreich sich an dessen Hof verfügten und in Plessis-les-Tours von dem schlauen Monarchen mit so außerordentlichen, absichtsvollen Ehrenbezeugungen aufgenommen wurden. Im August 1484 unterzeichnete H. für Luzern den Freundschaftstraktat der Eidgenossen mit Ludwigs Nachfolger, Karl VIII.; wie er denn überhaupt, von 1464 an, Luzern auf vielen Tagsatzungen, auch im Herbst 1468 die Eidgenossen in Mailand bei Herzog Johann Galeaz vertrat. Das Schultheißenamt bekleidete er von 1468 an, abwechselnd mit andern Rathsgenossen, bis 1484. – Von Kaspars Söhnen wurde der älteste, Peter v. H., nachdem er kurze Zeit auch Kriegsmann gewesen, Geistlicher, Pfarrer zu Risch bei Buonas (1500), Custos zu Beromünster Kts. Luzern und Dekan zu Sitten im Wallis (1502), Domherr zu Konstanz (1504) und Domdekan zu Basel (1510), wandte sich aber, während er diese Pfründen häufte, dem Dienste Papst Julius II. zu, dessen Gunst er in [239] solchem Maße gewann, daß er von demselben im Herbste 1505 zu seinem Bevollmächtigten bei den Eidgenossen bestellt wurde, um die Errichtung einer schweizerischen Leibgarde für den Papst zu betreiben, welche dann auch wirklich erfolgte. Peter v. H. starb in Rom. – Der zweite Sohn des Schultheißen Kaspar, Ritter Jakob v. H., folgte des Vaters Laufbahn in Friedens- und Kriegsdienst für Luzern. Seit 1489 Mitglied des Kleinen Rathes, 1490 im sogen. Rorschacherzuge, 1499 im Schwabenkriege im Felde thätig, wurde er 1516 Schultheiß von Luzern und blieb es, abwechselnd mit Andern, bis 1526, kurz vor seinem am 13. Hornung 1527 erfolgten Tode. Reich an Besitz, Herr von Buonas, durch seine erste Gemahlin auch im Besitze kaiserlicher Lehen in der Umgegend von Basel, war Jakob v. H. auch Kunstfreund. Er war es, der sein Haus an der Capellergasse in Luzern durch Hans Holbein den jüngern mit Fresken schmücken ließ, die zu den frühesten trefflichen Arbeiten des berühmten Künstlers gehören. Im Jahr 1825 mit dem Hause selbst zerstört, sind jene Bilder glücklicherweise durch Copien noch wenigstens theilweise, bekannt. (s. Woltmann, Alfr. Holbein und seine Zeit. Leipzig 1866 I. 217 und Der Geschichtsfreund, Mitth. des hist. Vereins der V Orte. Bd. 28. S. 7, Einsiedeln 1873). – Auch zwei andere v. H. sind als Kriegsmänner bekannt: Benedikt, der am 27. April 1522 auf dem Schlachtfelde von Bicocca fiel, und Hieronymus, geb. 1547, des Raths in Luzern, Ritter des h. Mauriz- und Lazarus-Ordens und Oberst eines Schweizerregiments in Frankreich; † 1597. – Das Geschlecht starb aus mit: Adolf v. H., geb. 11. Octbr. 1802; † 23. August 1853, einem durch Gelehrsamkeit und Charakter hervorragenden Manne. In Göttingen als Dr. jur. promovirt, bekleidete er verschiedene richterliche Aemter zu Luzern, zuletzt dasjenige eines Präsidenten des Criminalgerichtes, war Mitglied und Präsident des Großen Rathes, öfter luzernischer Tagsatzunggesandter und 1838 eidgenössischer Commissär in Schwyz bei den dortigen Wirren. In anspruchloser Zurückgezogenheit betrieb er nebenbei classische, philosophische und historische Studien. Offenheit, Herzensgüte, rücksichtslose Gerechtigkeit gegen Jedermann zeichneten ihn aus. Sein Bildniß und diejenigen der Schultheißen Kaspar und Jakob, des Domdekans Peter und des Obersten Hicronymus zieren die Stadtbibliothek Luzern.

Der Geschichtsfreund (Mitth. des hist. Vereins der V Orte). Bd. 1–33. Einsiedeln 1843/78 – Amtl. Sammlg. der Eidg.-Abschiede. – Schriftliche Mittheilungen von Dr. J. Bucher in Luzern.