ADB:Hermann von Wartberge
Wartberge: Hermann v. W., livländischer Chronist des 14. Jahrhunderts, war Caplan des livländischen Landmeisters des deutschen Ordens. Von seiner Persönlichkeit ist wenig überliefert. Aus den Schriften, die er verfaßt hat, geht hervor, daß er aus Niedersachsen stammte; denn er gibt den von ihm in deutscher Sprache angeführten Namen die niederdeutsche Form. Ein Hermann v. Wartberge, der hundert Jahre vor unserem Chronisten (1278) als Bürgermeister der westfälischen Stadt Marsberg (auch Stadtberge genannt) auftritt und aus der Stadt Warburg an der Diemel gebürtig war, war möglicher Weise sein Vorfahr.
Die livländische Chronik Wartberge’s behandelt die Geschichte Livlands von den ersten Anfängen bis zum Jahre 1378. Der erste Theil des in ziemlich mangelhaftem Latein geschriebenen Werkes beruht hauptsächlich auf älteren, meist bekannten schriftlichen, an einigen Stellen wol auch mündlichen Ueberlieferungen. Vom Jahre 1358 an aber schreibt W., wie es scheint, als Augenzeuge der meisten von ihm berichteten Ereignisse. In seiner Stellung als Caplan des Landmeisters hatte er nicht nur die Gelegenheit, sondern auch die Pflicht, sich eine gründliche Kenntniß aller für den deutschen Orden in Livland wichtigen Angelegenheiten anzueignen. Daher ist seine Chronik von bedeutendem Werth, wenn auch die nahe Verbindung mit dem Orden seine Beurtheilung und Darstellung der Vorgänge in Livland beeinflußt hat. Wie er wiederholt zu diplomatischen Geschäften für den Orden Verwendung fand, so war er auch auf der glänzenden Versammlung zu Danzig 1366 Vertreter des Ordensmeisters. Unter dem Präsidium des Hofmeisters Winrich von Kniprode und in Gegenwart von 7 Bischöfen, zahlreichen anderen Prälaten, den Großwürdenträgern des deutschen Ordens, vielen Rittern geistlichen und weltlichen Standes, endlich von Vertretern der Städte Riga und Lübeck wurden hier die langjährigen Streitigkeiten zwischen den Erzbischöfen von Riga und dem livländischen Landmeister zu einem vorläufigen Abschluß gebracht. Die Ordenspartei, also doch hauptsächlich ihr Sprecher W. setzte es durch, daß der Erzbischof Fromhold von Vifhusen für alle Zeiten auf die Oberhoheit über den Orden, sei es in geistlichem, sei es in weltlichem Sinne verzichtete, während der Ordensmeister Wilhelm von Formershein der Stadt Riga, die der Orden 36 Jahre vorher erobert hatte, die Freiheit zurückgab. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die über diese Verhandlungen verfaßte Relation im Danziger Archiv unserem Chronisten zugeschrieben. Einige Jahre nach dem Abschluß seiner Chronik (1378) wird er gestorben sein.
- Vergl. Ernst Strehlke. Hermanni de Wartberge Chronicon Livoniae in: SS. rer. Prussic. Bd. II, S. 9–21.