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Artikel „Helvig, Amalie v.“ von Rochus von Liliencron in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 714–715, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Helvig,_Amalie_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:11 Uhr UTC)
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Band 11 (1880), S. 714–715 (Quelle).
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Helvig: Amalie v. H. (nicht Hellvig oder Hellwig, wie der Name öfters im Widerspruch mit der von der Dichterin selbst gebrauchten Form geschrieben wird), geb. Freiin v. Imhof, eine der anmuthigsten Erscheinungen des Weimarischen Musenhofes. Sie ward am 16. August 1776 in Weimar geboren. Ihr Vater, dem Solor-Stephansmühler Zweig der alten fränkischen Familie entstammend, war früher Major bei der Englisch-Ostindischen Compagnie gewesen, ihre Mutter, Luise geb. v. Schardt, war eine Schwester von Charlotte v. Stein. Bald nach Amaliens Geburt zogen die Eltern mit ihr nach dem väterlichen Familiengute Mörlach bei Nürnberg. Das ungewöhnlich begabte Kind entwickelte sich sehr früh, worauf Reisen der Eltern nach Frankreich, England und Holland fördernd einwirkten. Schon im achten Jahre sprach sie geläufig französisch und englisch. Nach dem Verkauf des Gutes Mörlach siedelten die Eltern ganz nach Weimar über, Amalie aber kam nach Erlangen in eine Pension, wo sie an ihrem zwölften Geburtstage den Tod des Vaters erfahren sollte. Seit 1790 lebte sie dann wieder bei der Mutter in Weimar, wo sie ihr Zeichentalent unter Meyers Leitung entwickelte und im Hause ihres Oheims v. Stein, bald auch im Schillerschen Hause in Jena, dem ihre Mutter befreundet war, mit den hervorragenden Männern des Weimarischen Kreises bekannt ward. Mit Eifer verwerthete sie so reiche Anregungen; selbst das Griechische erlernte sie noch so weit, um den Homer in der Ursprache zu lesen. Schiller wurde durch ein Maskengedicht Amaliens an die Herzogin auf ihr poetisches Talent aufmerksam und er wie Goethe, den sie „erst als ein höchst schönes Kind, später als ein vorzügliches Talent“ anzog (Tag- und Jahreshefte 1799) ermuthigten sie zu ernsteren Versuchen. Doch meinte Schiller (Brief an Goethe vom 17. Aug. 1797), sie sei nicht durch das Herz, sondern nur durch die Phantasie zur Poesie gekommen und werde ihr Leben lang nur damit spielen. Sie gab um diese Zeit den beiden Dichtern zu manchen ihrer wichtigen Betrachtungen über die Natur des Dilettantismus Anlaß. Gleichwol war namentlich Goethe mit den Gedichten, die sie, jedoch unter der Bedingung der Anonymität, für den Musenalmanach beisteuerte, wohl zufrieden. „Die Imhof“, schrieb er am 14. und 21. Juli 1797 an Meyer, „entwickelt ein recht schönes poetisches Talent; sie hat einige allerliebste Sachen zum Almanach gegeben. … Man merkt ihren Productionen sehr deutlich die soliden Einsichten in eine andere Kunst (d. h. in die Malerei) an.“ Im VIII. und X. Stück der Horen von 1797 erschien ihr Gedicht „Abdallah und Balsora“ in 6 Gesängen und 2 kleinere Dichtungen, andere (unter den Chiffern A. und F.) in den Musenalmanachen von 1798 und 1799, darunter „Mein Traum“ und „die Freuden der Gegenwart“ mit Zumsteegschen Compositionen (Schiller-Cotta S. 244 Anm. 5). Jetzt war es umgekehrt Schiller, der zuerst Goethe auf ein neues größeres episches Gedicht von ihr „die Schwestern von Lesbos“ aufmerksam machte und Goethe entschloß sich, obwol unter der Arbeit am Erfolg manchmal verzweifelnd, durch seinen Rath und seine Anweisung dem Werke „der lieben kleinen Freundin“ zu höherer Vollendung zu verhelfen. (Vgl. den Schiller-Goetheschen Briefwechsel vom 19. März bis 21. August 1799.) „Das Werk“, schreibt Goethe, „ist wie eine bronzene Statue, artig gedacht und gut modellirt, wobei aber der Guß versagt hat.“ Gleichwol ward dem kleinen Epos verdiente Anerkennung zu Theil, als es 1800 im Musenalmanach erschien. Schon 1801 folgte eine neue Auflage (die neueste 1833). – Die Dichterin ward um diese Zeit zur Hofdame der Herzogin Louise ernannt. Wol überscharf geurtheilt ist es, wenn ihre Tante, Frau v. Stein (Düntzer, Charl. v. Stein II. 131) damals von ihr schrieb: „Sie hat in Wilhelmsthal einige hübsche Gedichte gemacht, aber sie ist so in sich selbst verliebt, daß es Einem zum Ekel ist und macht sich damit lächerlich.“ – 1802 lernte Amalie den Schwedischen Oberst und Generalinspector [715] der Artillerie v. Helvig kennen, der von einer Reise durch die Türkei, Griechenland und Italien rückkehrend, Weimar besuchte. 1803 mit ihm verheirathet, folgte sie ihm (nach dem Tode der Mutter und ihres Bruders) mit ihren zwei jüngeren Schwestern nach Stockholm. Das dortige Klima zwang sie jedoch, 1810 mit ihren 3 Kindern nach Deutschland zurückzukehren und sie lebte nun, eifrig mit dem Studium der alten deutschen Kunst beschäftigt, in Heidelberg. Als ihr Gemahl sie 1812 hier besuchte, ward er auf Napoleons Befehl verhaftet und nach Mainz transportirt, doch gelang es der Gattin, durch die Großherzogin Stephanie seine Befreiung zu erwirken. Nach Abtretung Pommerns an Preußen trat auch ihr Gatte in preußische Dienste über, aus denen er 1826 als Generallieutenant schied. Seit 1815 lebte sie daher meistens in Berlin, vorübergehend auch in Dresden. – Außer den erwähnten Werken erschienen von ihr die „Dramatischen Idyllen“; „Die Schwestern auf Corcyra“ und „Die Tageszeiten“ 1812; „Taschenbuch der Sagen und Legenden“, 2 Jahrgänge 1812 und 1817 mit de la Motte Fouqué; „Die Sage vom Wolfsbrunnen“ 1814; der Roman „Helene von Tournon“; „Sammlung von Gedichten zum Besten der unglücklichen Wittwen und Waisen in Griechenland“ 1826. Den dauerndsten Namen aber hat sich die Dichterin durch ihre Uebertragung von „Tegnérs Frithjofssage“ gemacht, die sich als classisches Uebersetzungswerk eingebürgert hat. Die erste Ausgabe erschien bei Cotta 1826, die zweite 1832, beide groß 8°; dann folgten 4 Miniaturausgaben 1844, 1851, 1853, 1856, eine Taschenausgabe in der deutschen Volksbibliothek 1862 und soeben (1879) in sehr zierlicher Ausstattung die achte Auflage. – Sie starb in Berlin am 17. December 1831.

Vgl. nebst den oben angedeuteten Quellen Döring bei Ersch und Gruber II. 16. S. 305 ff.