ADB:Heinrich V. (Burggraf von Meißen)

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Artikel „Heinrich V., Burggraf von Meißen“ von Ferdinand Hahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 577–579, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_V._(Burggraf_von_Mei%C3%9Fen)&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:57 Uhr UTC)
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Heinrich V., Burggraf von Meißen. In der Schlacht bei Aussig (1426) fiel der alte Burggraf zu Meißen, Herr zum Hartenstein, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Heinrich von Plauen, Bruder des Hochmeisters gleichen Namens (s. dens.), empfing nach manchem Kampfe das burggräfliche Erbe. Von da ab blieb dasselbe, unter vielen Streitigkeiten mit Kursachsen, bei dem Hause Plauen, bis 1572 dieser Zweig und somit die ältere Linie des Hauses Plauen, ausstarb. – In der Reihenfolge dieser Burggrafen hat nur der fünfte hier eine Stelle zu finden. – Burggraf H. V. ward geb. am 24. Aug. 1508 als Sohn Heinrichs IV. und dessen zweiter Gemahlin, Barbara, einer Tochter des Fürsten Waldemar zu Anhalt. H. trat frühzeitig in die Dienste des Böhmenkönigs Ferdinand I. Schon vor seinem 20. Jahre wurde er zum königl. Schenken [578] und einige Jahre später zum Kämmerer und Geheimen Rathe ernannt. Er begleitete sowohl den König, als dessen Bruder, Kaiser Karl V., zu verschiedenen Malen zum Reichstage nach Augsburg. Im J. 1542 ernannte ihn Ferdinand I. zum obersten Kanzler des Königreichs Böhmen. Er selbst hatte Sitz und Stimme im Reichstag errungen und wurden ihm in der Folge die burggräfliche Würde, sowie alle damit verbundenen Rechte und Privilegien, desgleichen alle die Privilegien und Rechte, welche schon Kaiser Friedrich II. (1232) dem Hause Plauen verliehen, wiederholt bestätigt. Beim Ausbruche des Religionskrieges (1546) trat er als Feldherr auf, was seinem Wesen besonders zusagte. Die damalige Kriegsgeschichte führt manchen Zug seiner Tapferkeit auf. Bei dem Kampfe des Schmalkaldischen Bundes gegen den Kaiser, stand er auf Seiten des Letzteren. Nach der Schlacht bei Mühlberg (1547) und der Gefangennahme Friedrichs des Großmüthigen, erhielt H. die dem besiegten Kurfürsten entrissenen vogtländischen Herrschaften und Städte, wie Vogtsberg, Plauen, Oelsnitz, Adorf, Schöneck, Neukirchen etc. gegen ein äußerst geringes Kaufgeld, gleichsam als Belohnung für geleistete Dienste. Er stand überhaupt, infolge seiner großen staatsmännischen Befähigung, unerschütterlich fest in der Gunst Ferdinands I. und Karls V., so daß ihm eine Menge anderer Besitzerwerbungen leicht zufielen, wie zunächst die Herrschaften seiner Vettern von der jüngeren Linie: der Reußen von Plauen. Sie hatten dem Schmalkaldischen Bunde angehört und verloren infolge dessen das Anrecht auf ihre sämmtlichen Besitzungen, wie die Herrschaften Gera, Saalburg, Schleiz, Lobenstein, Greiz, Stein etc. Mit großem Raffinement, zum Theil voll Heimtücke und Herzlosigkeit, wußte H. sich zunächst in den Lehenbesitz all’ der genannten Ländertheile zu bringen, um sie bald nachher sich ganz anzueignen. Den alten Herrn von Gera vertrieb er gewaltsam aus seiner letzten Heimstadt und führte so dessen raschen Tod herbei. Die jüngeren Reußen verbargen sich in dem alten Schlosse Kranichfeld. Maßloße Habsucht war wol auch die einzige Triebfeder zur Verdrängung des erstgeborenen Bruders, jenes Heinrichs des „Unächten“, wie er in den aus burggräflichen Gerichten hervorgegangenen Urkunden fälschlich genannt wird. Derselbe war, als erstgeborener Sohn aus der ersten Ehe des Burggrafen Heinrichs IV., bis in sein 15. Lebensjahr in jeder Form fürstlich erzogen worden. Der Sohn aus zweiter Ehe mit Barbara von Anhalt, H. V., war herangewachsen und die Stiefmutter wußte es dahin zu bringen, daß jener Erstgeborene plötzlich als außerehelich geboren, mithin als „unächt“ erklärt wurde. Der Vater verstieß den, als edlen Fürstensohn an Deutschlands ersten Höfen erzogenen, bis dahin geliebten Sohn in herzlosester Weise und der Bruder hielt wider besseres Wissen das Unrecht aufrecht. Der unglückliche Verleugnete und Verstoßene, bat und flehte erst und prozessirte dann lange Jahre ohne jeden Erfolg, gerieth dabei in die nach jeder Richtung hin bedrängteste Lage, verwilderte im Laufe der Jahre zum Wegelagerer und starb endlich in Wien in einem für ihn enggezimmerten Kasten, worin ihn der Bruder während der letzten Jahre als Gefangenen gehalten. In der Hand Heinrichs hätte es gelegen, das dem Bruder widerfahrene Unrecht zu sühnen; die eigene Habsucht aber gestattete dieß nicht. Außerdem bedurfte die Befriedigung seines herrschsüchtigen Stolzes viel größerer Opfer, als der ursprüngliche Besitz sie darzubieten vermochte. So errichtete er im J. 1551 mit enormen Kosten ein eigenes Regiment, das er in das Heer König Ferdinands einführte und dort forterhielt. Der König verpfändete ihm unter den günstigsten Bedingungen bald nachher den ganzen Elnbogener Kreis mit allen Städten und Herrschaften in Böhmen. Ebenso wurde er mit der Herrschaft Hirschberg, sowie mit den Herrschaften Asch und Neuberg beliehen. Hirschberg ist seitdem, als zum Landestheil Lobenstein gehörig, unverändert bei dem Fürstenthum Reuß [579] j. L. verblieben. Im J. 1552 brachte H., als bevollmächtigter Gesandter Ferdinands, im Lager vor Passau den hochwichtigen Vertrag mit dem Kurfürsten Moritz von Sachsen zu Stande. Der unruhige Markgraf Albrecht von Brandenburg-Culmbach trat dem Passauer Vertrage nicht bei und blieb mithin gegenüber dem Könige, in feindlicher Haltung. Burggraf H. belagerte, als Führer des königl. böhmischen Heeres, zunächst die Stadt Hof und unterwarf dieselbe nach schweren Kämpfen im September 1553. Der Markgraf eroberte die Stadt zwar im Oktober zurück, doch H. nahm sie im November zum zweiten Male. Der Sieger, der überall die Tapferkeit des Kriegshelden mit der Klugheit des gewandten Staatsmannes zu vereinen wußte, empfing darauf, als Erstattung seiner Kriegskosten, die Amtshauptmannschaft Hof, sowie die Aemter und Städte Münchberg, Helmbrecht, Schauenstein und Wunsiedel vom Könige als Eigenthum zuerkannt. Er nahm die Erbhuldigung der Städte und Vasallen in dem ganzen Landstriche schnell entgegen, ordnete zu Hof die neue Regierung an und hielt zu Anfang des Jahres 1554 einen Landtag daselbst ab. Zwei Monate später rückte er mit einem starken Heere vor die Hauptfestung Plassenburg bei Culmbach, welche der Markgraf noch stark besetzt hielt. Während dieser Belagerung starb, am 19. Mai 1554, H. in seinem Hauptquartier Steinach unerwartet am Nervenfieber. Erst 46 Jahre alt, hatte er ein Leben voll reicher und mannigfaltigster Erfahrungen. Er stand inmitten seiner Thätigkeit; seine zahlreichen Erwerbs- und Eroberungsverträge waren zumeist noch nicht endgültig festgestellt, oder, wo dieß geschehen, doch so widerstandsvoll und neu, daß die Verbindung nur erst einem losen Gefüge glich. – H. liegt in der Familiengruft des Hauses, in der Kirche zu Plauen begraben. – Der mächtige von ihm zusammengebrachte Besitz, von dem nur ein Theil hier Erwähnung gefunden, zerfloß in der Hand der beiden Söhne (H. VI. u. VII.) wie ein Trugbild, da der Vater ihnen zugleich eine Unsumme von Schulden hinterlassen. Die Söhne starben, als die Letzten ihres Stammes, der Aeltere 1568, der Jüngere 1572, beide erst im 36. Lebensjahre stehend, in vollständigster Verarmung.

Nach Urkunden und div. Monographien.