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Artikel „Heinrich Friedrich Karl, Prinz von Preußen“ von Richard von Meerheimb in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 569–570, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_(General)&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 03:40 Uhr UTC)
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Heinrich Friedrich Karl, Prinz von Preußen, der dritte Sohn König Friedrich Wilhelm II., geboren den 30. Dezember 1781, war 1806 als Oberst Kommandeur einer Infanterie-Brigade, wurde 1807 Generalmajor und Chef des 3. Infanterie-Regiments. In der Schlacht bei Auerstädt wurde dem Prinzen das Pferd unter dem Leibe erschossen. Scharnhorst, obwohl leicht verwundet, sah den zu Fuß, ohne Begleitung gehenden Prinzen in Gefahr gefangen zu werden und gab ihm sein eigenes Pferd – was dieser später durch das Geschenk eines vortrefflichen Pferdes erwiderte. 1813 wurde er Generallieutenant, war während des Krieges 1813 im Hauptquartier des russischen Generals Wittgenstein, und wurde im folgenden Jahre General der Infanterie und Großmeister des Johanniter-Ordens. Nach dem Frieden wohnte der Prinz im Berliner Schloß, 2 Treppen hoch, die Fenster nach dem Schloßplatz und der Burgstraße gelegen, er war kränklich, ging fast nie aus, und zeigte sich selbst nur selten in den Hofgesellschaften. Auf seinen Wunsch nach Italien zu reisen und dort zur Herstellung seiner Gesundheit einen längeren Aufenthalt zu nehmen, zögerte König Friedrich Wilhelm einzugehen, da er die Krankheit des Bruders für eingebildet hielt. Auf einer Soirée bei dem Prinzen Wilhelm fiel Prinz Heinrich in eine Ohnmacht, die Viele für fingirt hielten, um dem königlichen Bruder so die Erlaubniß zur Reise abzudrängen. Der Prinz erhielt nun die Genehmigung zur Reise, erkrankte 1819 (?) in Rom und hat seitdem Rom nicht wieder verlassen. Er bewohnte die erste Etage eines Hauses in einer engen Seitenstraße des Corso, nur in den Mittagsstunden im Sommer fielen einige Sonnenstrahlen in die düstere, ungesunde Wohnung. Nur in den ersten Jahren seines langen dortigen Aufenthalts ist er vielleicht bisweilen ausgegangen, dann – wohl 20 Jahre lang – lag er beständig im Bette, in der Mitte eines großen Zimmers, in dem die vollständigste Unordnung herrschte, umgeben von hohen Haufen von Broschüren und Büchern. Er war ein kluger, unterrichteter Herr, der lebendiges Interesse an der Kunst hatte, auch in den früheren Jahren seines Aufenthalts Künstler in Rom unterstützte. An Mitteln fehlte es ihm keineswegs, er hatte neben seiner Apanage 40,000 Thlr. als Großmeister des Johanniterordens. Ganz unrichtig ist die vielverbreitete Meinung, der Prinz sei in Rom katholisch geworden, – religiöse Interessen lagen ihm ganz fern, – kein Geistlicher irgend einer Confession und kein Arzt haben je seine Wohnung betreten. Seine Unterhaltung war piquant und frivol, er liebte es, Anecdoten aus der Familiengeschichte des Königlichen Hauses zu erzählen, die seine tiefe, aber ganz ungerechtfertigte Verstimmung gegen den König und sein Haus zeigten. – Sein Adjutant war zuerst Major von Lepel, später war lange ein Herr von Molière in seinem Hause, sein Sekretair und Kassirer war Vollard, der noch lange nach dem Tode des Prinzen in Berlin gelebt hat. – Im October 1845 wurde der Major Freiherr von Moltke, der spätere Feldmarschall, zum Adjutanten des Prinzen ernannt. Seine Geschäfte bestanden darin, daß er täglich eine Stunde, zu ganz beliebiger Zeit, zum Prinzen kommen mußte, sich an sein Bett setzen, und ihm Anecdoten und Witzeleien, am liebsten aus Berlin, erzählen. Fast immer kannte der Prinz sie schon, und besser als der Adjutant – der auch von ihm die Nachricht von dem Tode Gregor XVI. erhielt. Der Prinz starb ganz plötzlich im November[1] 1846. Moltke wurde in der Nacht mit dem Rufe geweckt: „E morte il principe.“ Er ließ die Leiche einbalsamiren, brachte die Todesnachricht nach Berlin, und holte, auf erhaltenen Befehl die Leiche aus Rom nach Preußen. – Prinz Heinrich war in seiner Jugend eine stattliche Erscheinung, glich äußerlich Friedrich Wilhelm III., – gewiß war er körperlich leidend, aber zugleich Hypochonder, reizbar und eitel. Er war ein Sonderling, jede Pflicht und jeden Zwang, die ihm durch seine Stellung als königlicher [570] Prinz auferlegt wurden, waren ihm zuwider, eine seinen Fähigkeiten entsprechende Thätigkeit hatte er, seiner Meinung nach, nicht gefunden – im Kriege hatte er den kühlen Muth aller Hohenzollern gezeigt, aber nirgends bedeutendes geleistet, so daß er durch den so liebenswürdigen und bescheidenen, als kühnen und patriotischen Bruder Wilhelm mit Recht in tiefen Schatten gestellt wurde. Fast 30 Jahre hat er in trüber Einsamkeit und in tiefer, ungerechter Verbitterung in Rom gelebt.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 569. Z. 7 v. u. l.: plötzlich am 12. Juli (st. im November). [Bd. 13, S. 794]