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Artikel „Heem, de“ von Wilhelm Schmidt (Kunsthistoriker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 232–234, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heem,_de&oldid=- (Version vom 10. Dezember 2024, 21:17 Uhr UTC)
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Heem: de H., holländische Malerfamilie. Schon David, der Stammvater, soll Blumen- und Früchtemaler gewesen sein, doch ist mir kein Bild von ihm mit Sicherheit bekannt. Es gibt zwar einige D. De H. bezeichnete Bilder, doch ist es fraglich, ob dieselben nicht vielmehr einem jüngeren David de H. zugehören. Wenn sie von dem alten David sind, dann müssen sie in archaistischer, dem Stile der Savery und Brueghel verwandter Weise gehalten sein. Chr. Kramm bezieht allerdings in seinen Levens en Werken eine urkundliche Nachricht vom 30. November 1606 auf den alten David. Damals nämlich beschlossen die holländischen Generalstaaten als Geschenk für die Königin von Frankreich ein Blumenstück, „Bloempot“, um 1000 Gulden zu kaufen. Der Maler ist aber gar nicht genannt. Die Angabe der Lebenszeit des David, 1570–1632, ist von Stanley wol nur, wie er es zu machen pflegte, aus der Luft gegriffen.

Sein Sohn, Jan Davidszoon de H., der berühmte Blumen- und Früchtemaler, soll im J. 1600 das Licht der Welt erblickt haben. Auch diese Angabe dürfte auf bloßer Muthmaßung beruhen; wir treffen das Richtige wol [233] eher, wenn wir die Geburt unsers Malers mehrere Jahre nach 1600 versetzen. Er war wol directer Schüler oder doch beeinflußt von dem gleichfalls aus Utrecht stammenden Stilllebenmaler B. van der Ast, von dem ich unter Anderem ein Früchtebild von 1623 gesehen habe, das sich den de Heem’schen bereits auffallend nähert. Im J. 1628 malte H. sein erstes bekanntes Bild, das sich im Museum zu Gotha befindet. Zwischen dem 18. September 1635 und dem gleichen Tage 1636 ließ er sich in die Lucasgilde von Antwerpen als Meister einschreiben und wurde am 28. August 1637 Bürger daselbst. Damals wirkte Rubens noch, und manche Künstler, die sich vorzüglich auf das Stillleben verstanden, konnte H. hier kennen lernen. Ende der J. 1658, 59, 60, 61, 63 und 67 ließ sich der Künstler als „auswärtigen Bürger“ von Antwerpen einschreiben und bezahlte die Stadtabgaben, seinen Aufenthalt in der Fremde sah er also damals nur als zeitweilig an. Im J. 1669 wurde er ins Register der St. Lucasgilde zu Utrecht eingeschrieben; auch kommt er in einer Urkunde vom 16. August 1670 vor. Nach Houbraken flüchtete er beim Einfalle der Franzosen nach Antwerpen. Houbraken gibt zwar das fälschliche Datum 1670 statt 1672, wo erst die Invasion stattfand, dieser Irrthum dürfte aber die Richtigkeit der Nachricht nicht berühren. Zwei Söhne und vier Töchter soll er mitgebracht haben. Der Künstler starb im Gildejahr 1683–84 in der Scheldestadt. Johannes de H. war wol der ausgezeichnetste der holländischen Stilllebenmaler; er vereinigt Sorgfalt der Ausführung mit malerischem Geschmack. Zwischen dem breiten, decorativen Pinsel des Snyders und Huysum’s unsäglicher Ausführung steht er mitteninne. Seine Farbe ist überaus schmelzend, warm und klar, seine Charakteristik, namentlich der Trauben, unübertroffen. Die Fruchtstücke verdienen überhaupt die Palme, zwar sind auch seine Blumen vorzüglich, doch immerhin nicht von der gleichen Feinheit. Bilder von ihm sind häufig, und manchmal lieferte er nur die Blumen und Früchte, während andere Maler ihm eine Madonna etc. hineinmalten. Ein großes Meisterwerk ist der Früchtekranz von 1650 im Museum zu Berlin, in welchen leider eine neue Madonna von Karl Begas hineingemalt ist, nicht minder, ja fast noch vorzuziehen, der Kranz (1648) in der kaiserlichen Sammlung zu Wien, welcher eine Hostie umgibt. Auch München und Dresden besitzen Meisterwerke de Heem’s. Der treffliche Jan Livens malte und Paul Pontius stach danach das Bildniß des Künstlers, der im Alter von ca. 32 Jahren dargestellt ist – eine ziemlich dicke Figur mit den damals typischen langen Haaren und Schnauz- und Knebelbart. Zu bemerken ist, daß ein angeblicher Bruder oder Sohn Jan Davidszoons, Jan de H., der auch Stillleben gemalt haben soll, nicht existirt; derselbe ist blos aus dem Mißverstande der Bezeichnung unsers Künstlers, der bald das D (= Davidszoon) schrieb, bald es wegließ (also z. B. so: J. D. De Heem oder J. de Heem), hervorgegangen. Daraus hat man eben einen von J. D. de H. verschiedenen de H. gemacht.

Cornelis de H., Sohn Jan Davidszoons, geboren zu Utrecht, trat 1660–61 in die Antwerpener Malergilde; später kam er in den Haag, wo es in dem Register der Malergilde de Pictura von ihm heißt, er habe der Gesellschaft bei seinem Tode nichts hinterlassen. Cornelis malte die gleichen Gegenstände, wie sein Vater, aber, wenn auch immer sehr vorzüglich, doch nicht mit der gleichen Kunst.

Jan hatte vielleicht noch einen Bruder: ein David Davidszoon de H. steht als „kunstschilder“ zum J. 1668 in der St. Lucasgilde zu Utrecht eingeschrieben. Von ihm mögen die D. de Heem bezeichneten Bilder herrühren.

Im J. 1693–94 wurde ein David de H. als Meister in die Gilde von Antwerpen aufgenommen; da er als „wynmeester“ verzeichnet steht, d. h. als [234] Sohn eines Mannes, der selbst Mitglied der Gilde war, so haben wir als Vater nur an Jan oder Cornelis de H. zu denken. Der Letztere ist in Anbetracht des für einen Sohn von Jan sehr späten Datums immerhin wahrscheinlicher.