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Artikel „Hagleitner, Kaspar Benedict“ von Franz Heinrich Reusch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 355–356, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hagleitner,_Kaspar&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 06:22 Uhr UTC)
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Hagleitner (Haagleitner): Kaspar Benedict H., ein katholischer Geistlicher, welcher in der Geschichte der sogenannten Manharter im Salzburgischen und in Tirol in den ersten Decennien des 19. Jahrhunderts eine große Rolle spielte. Die Secte hat ihren Namen von dem Bauern Sebastian Manzl, der von seinem Hofe Untermanhart gewöhnlich Manhart genannt wurde. Ihr Hauptsitz war das Brixenthal, ein Seitenthal des unteren Innthals, einige Stunden von Kufstein, welches bis 1816 zum Fürstenthum Salzburg gehörte, aber auf drei Seiten von Tirol eingeschlossen war. Die Manharter kämpften zunächst in Verbindung mit Andreas Hofer gegen die französische und baierische Herrschaft, dann aber auch gegen die Neuerungen auf dem kirchlichen Gebiete, Aufhebung von Feiertagen und Fasttagen, Beschränkung der Processionen, Verbot des Wetterläutens u. dgl., sowie gegen die neue Organisation des Schulwesens. Sie behaupteten, die Geistlichen, welche Napoleon den Eid der Treue geschworen, ja auch nur mit der von Napoleon abhängigen baierischen Regierung in Verbindung getreten, seien der von Pius VII. im J. 1809 über Napoleon und seine Anhänger ausgesprochenen Excommunication verfallen, und sagten sich von der kirchlichen Gemeinschaft mit diesen Geistlichen los. Sie traten auch in Verbindung mit schwärmerischen, geheimen, religiösen Vereinen, namentlich mit den sogenannten Michaelsrittern und der Herz-Jesu-Congregation. Die meisten Manharter söhnten sich, nachdem Abgeordnete von ihnen im J. 1825 in Rom gewesen, mit der katholischen Kirche wieder aus. – H., der Schwager des Thomas Mair, der neben Manhart der Hauptleiter der Partei war, war geboren zu Bockern im Brixenthal. Als Priester gehörte er Anfangs dem Bisthum Chiemsee, nach dessen Aufhebung im J. 1807 dem Erzbisthum Salzburg an. Er war zuerst Hülfspriester zu Hopfgarten, dann Provisor des Beneficiums zu Aschau. Er war der einzige Geistliche im Brixenthale, welcher sich weigerte, den im Juni 1809 von dem Administrator des Erzbisthums Salzburg, Graf Zeill-Trauchburg, Bischof von Chiemsee, vorgeschriebenen Eid der Treue für Napoleon zu schwören. Er wurde in Folge davon aus der Erzdiöcese Salzburg ausgewiesen, von Andreas Hofer aber, nachdem dieser das Brixenthal als mit Tirol vereinigt erklärt hatte, zum Provisor des Vicariats zu Hopfgarten ernannt, indeß bald von baierischen Truppen gefangen genommen und nach Kufstein gebracht. Von da wurde er nach einigen Monaten in das geistliche Correctionshaus zu Salzburg abgeliefert. Im J. 1811 wurde er freigelassen. Da er unter der baierischen Regierung nicht angestellt sein wollte, ging er nach Wien, wurde von dem Kaiser huldvoll empfangen und einstweilen als Cooperator in Wienerisch-Neustadt angestellt. Im Herbst 1813 kam er mit der österreichischen Armee als Feldkaplan nach Südtirol, und nachdem 1814 der baierische Antheil von Tirol wieder an Oesterreich abgetreten war, wurde er von dem Fürstbischof von Brixen zum Verweser des Vicariates zu Wörgl, hart an der Grenze des noch baierisch gebliebenen Brixenthales, ernannt. Er agitirte dort für die Einverleibung des Thales in Tirol und gegen die Neuerungen auf dem Gebiete des Kirchen- und Schulwesens und wurde von den Manhartern als der einzige Priester der ganzen Gegend angesehen, der nicht der Excommunication verfallen sei und die kirchlichen Functionen gültig vornehmen könne. Eine von der kirchlichen Behörde gegen ihn eingeleitete Untersuchung lieferte kein Resultat; er wurde indeß von Wörgl abberufen und einstweilen in dem Servitenkloster zu Innsbruck untergebracht. Daß ihm am 9. November 1815 wegen seiner früheren patriotischen Verdienste von dem Kaiser das Kreuz pro piis meritis verliehen wurde, sahen seine Anhänger [356] als einen Triumph an, und durch unvorsichtige Aeußerungen des Luzerner Nuncius Testaferrata wurden sie in ihrer Opposition gegen ihre Geistlichen bestärkt. Ihre Bemühungen, die Wiederanstellung Hagleitner’s in dem 1816 mit Tirol vereinigten Brixenthale zu erwirken, blieben erfolglos; er erhielt aber im J. 1816 die Erlaubniß, in einer Kapelle unter dem Schönberge, zwei Stunden von Innsbruck, als Geistlicher zu fungiren, und blieb dort, wie schon vorher zu Innsbruck, der Rathgeber und Seelsorger der zahlreich zu ihm pilgernden Manharter. In dieser Zeit trat er in Verbindung mit dem Geheimbunde der Michaelsritter und bald darauf auch mit der geheimen Herz-Jesu-Congregation. Am 1. September 1817 wurde er auf Probe als Hülfsgeistlicher zu Rankweil in Vorarlberg angestellt, aber schon am 31. December wieder abberufen und am 7. Januar 1818 in Innsbruck verhaftet und wieder in das Servitenkloster gebracht. Im Juni wurde er nach Wien abgeführt und dort in dem Barnabiten-Colleg untergebracht. Später wurde er als Localkaplan zu Kalchsburg angestellt. In den ersten Jahren bestärkte er auch von dort aus die Manharter in ihrer Opposition. Später scheint er diese Agitation aufgegeben zu haben. Nachdem die meisten Manharter sich mit den kirchlichen Behörden ausgesöhnt hatten, erbot er sich sogar, die noch hartnäckig gebliebenen zur Unterwerfung zu bewegen. Es wurde ihm aber nicht gestattet nach dem Brixenthale zu reisen. Er starb um 1836.

A. Flir, Die Manharter. Ein Beitrag zur Geschichte Tirols im 19. Jahrhundert, 1852. Tübinger theol. Quartalschr. 1826, S. 574.