ADB:Höveln, Gotthard von (1544 bis 1609)

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Artikel „Hövel, Gotthard V. von“ von Andreas Ludwig Jakob Michelsen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 213–215, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:H%C3%B6veln,_Gotthard_von_(1544_bis_1609)&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 18:44 Uhr UTC)
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Hövel: Gotthard v. H. V. Die v. H. (Höveln) waren eines der angesehensten Geschlechter Westfalens, von welchem ein Zweig in der Mitte des 15. Jahrhunderts (1459) von Dortmund nach Lübeck verpflanzt wurde. Hier blühte die Familie so auf, daß Mitglieder derselben bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts die höchsten Aemter des Freistaates einnahmen und in seiner Geschichte eine hervorragende Rolle spielten. Von den acht – großentheils denselben Vornamen führenden – v. Höveln sind besonders folgende zwei bekannt geworden: Gotthard v. H. V., geb. in Lübeck in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, † daselbst den 16. März 1609. Er war Sohn des Senators G. v. H. IV. († 1571), Enkel des Bürgermeisters G. v. H. III. († 1555). [214] Nachdem er, wie fast alle Söhne damaliger patricischer Familien Lübeck’s, auf Universitäten sowol des In- und Auslandes und durch Reisen sich gebildet, darnach, als Mitglied der dortigen „Gesellschaft der Cirkelbrüder“ (Junker-Compagnie), schon auf die öffentlichen Angelegenheiten einzuwirken angefangen hatte, wurde er im J. 1578 in den Rath gewählt und im J. 1589 zur Bürgermeisterwürde erhoben (einige Jahre nachher Consul primarius). Seine energische, nach allen Seiten hin tief eingreifende Wirksamkeit fiel in eine ungemein bewegte Zeit. Der den ganzen Norden erschütternde sogenannte Dreikronenkrieg zeigte das letzte Aufflammen der Kräfte des bisher so mächtigen Hauptes der Hansa. Bald darnach trat die, besonders durch englische Klugheit und Hinterlist beförderte, Auflösung der Hansa ein, während Lübeck Alles aufbot, um die auseinander strebenden Elemente zusammenzuhalten. Am bedenklichsten aber waren die inneren Unruhen. In jene Zeit fielen die folgenreichen sogenannten Reiser’schen (d. h. von dem Dr. Reiser angefachten und zum Siege der Sache geführten bürgerlichen) Unruhen (1599). H. stand an der Spitze der streng-aristokratischen Partei und vertheidigte mit stolzem Muthe und starrem Eigensinn die unbedingte Oberherrlichkeit des Senates, ja bestand darauf, daß in den Worten des Bürgereides: „E. E. Rathe und dieser Stadt treu, hold und gehorsam sein zu wollen“ das Bindewörtchen „und“ getilgt werde. Bei den stürmischen Rathssitzungen, wo seine Collegen schwankten und zitterten, während das Volk rings umher tobte und selbst ins Audienzzimmer drang, blieb er ruhig und fest und hielt zeitweilig den Widerstand des Senats aufrecht. Er selbst erzählt uns zum großen Theil den Verlauf der Ereignisse in seiner vielfach interessanten Chronik („Memorial“). Auch veröffentlichte er im J. 1606 seine „Nothwendige und beständige und wahrhaftige Hintertreibung eines ehrenrührigen Schandgedichtes etc.“ Diese ausführliche und gründliche Vertheidigungsschrift ist mit zahlreichen, wichtigen Actenstücken ausgerüstet. Als der Senat endlich doch der Bürgerschaft in den Hauptpunkten (betr. gewisse Reformen der Verwaltung, namentlich auch die Theilnahme der Bürgerschaft an derselben) nachgegeben hatte, ruhte H. nicht, bis ein kaiserliches Pönalmandat 1603 Alles für nichtig erklärte, worüber er so erfreut war, daß er dasselbe in seinem Hause an Tafeln aufhängen ließ. Jedoch kam dieses Mandat nicht zur Ausführung, und er mußte es erleben, daß die fortgehenden Vergleichsverhandlungen zwischen Rath und Bürgerschaft schließlich zu dem Receß vom 14. Juni 1605 führten, welcher für die Geschichte der freiheitlichen Staatsentwickelung Lübecks von großer Bedeutung gewesen ist. Volle dreißig Jahre hat dieser Vertreter der alten Zeit, seiner Ueberzeugung treu, dem Staate gedient – „patriae inserviendo consumtus“, wie es auf seinem Epitaphium heißt. – Kaum minder anziehend und bedeutend ist die Persönlichkeit seines viel jüngeren Vetters Gotthard v. H. VIII., geb. in Lübeck am 21. October 1603, † in Glückstadt 1671. Im J. 1640 ward er Rathsherr, 1654 Bürgermeister seiner Vaterstadt. Auch er war eines der Häupter der alten aristokratischen Partei. Wieder hält, unter seiner Leitung, der Senat, zu dessen Mitgliedern auch der berühmte David Gloxin („der Mann mit der eisernen Hand“ Bd. IX S. 242) gehörte, an seinen bisher conservirten Privilegien fest, wobei er von der Junker- und Kaufleute-Compagnie unterstützt wurde. Wieder wurden am kaiserlichen Hofe Pönalmandate ausgewirkt. Wieder blieben diese wirkungslos (ein Zeichen der Ohnmacht des kaiserlichen Regiments), so daß sogar mehrere der Patricier sich vor dem Hasse der Bürger nur durch freiwillige Verbannung retten konnten. Als die eingeschüchterte Mehrheit des Senats endlich die Hand zum Frieden bot, nahm H. eigenmächtig seine Entlassung aus dem Rathe, nachdem er schon sein benachbartes Gut Moisling unter die Hoheit des Königs von Dänemark gestellt hatte (wie auch mehrere andere Patricier, seinem Beispiele folgend, thaten), und ward 1669 königlich dänischer Rath und Vicekanzler [215] zu Glückstadt. Gegen seine „Salvations- und Abdicationsschrift“, in welcher sich der ganze patricische Hochmuth kundgab, veröffentlichte der Rath alsbald eine sehr scharfe Gegenschrift. Auch er hatte nicht zu hindern vermocht, daß, besonders durch Gloxins Vermittelung, der „Bürgerreceß“ vom 9. Januar 1669 zu Stande kam, welcher bis ins fünfte Jahrzehnt dieses Säculums die Grundlage der Lübecker Verfassung geblieben ist.

A. Fahne, Die Herren und Freiherren v. Hövel, 3 Bde., Köln 1856 Fol. N. Lüb. Blätter 1856 Nr. 33 ff. J. R. Becker, Umständl. Geschichte der fr. Stadt Lübeck, 1784, Bd. II. S. 287 ff.