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Artikel „Gnapheus, Wilhelm“ von Heinrich Babucke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 279–280, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gnapheus,_Gulielmus&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:34 Uhr UTC)
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Gnapheus: Wilhelm G., mit seinem eigentlichen Namen Willem van de Voldersgraft oder de Volder, auch Gulielmus Fullonius G. sich nennend, tüchtiger Humanist, als Schulmann bedeutend, auch als Beamter in verschiedenen Stellungen bewährt. Er wurde um 1493 in s’Gravenhaag geboren, erhielt seine Bildung wahrscheinlich in den Kreisen der „Brüder vom gemeinsamen Leben“ und scheint zum Priester geweiht zu sein. Zuerst war er als Lehrer in seiner Vaterstadt thätig, wurde wegen seiner Hinneigung zu den reformatorischen Ideen zusammen mit Jan de Baker (Johannes Pistorius), welcher der erste Märtyrer in Holland wurde (Bd. I. S. 778), eingekerkert, nach kurzer Haft entlassen, endlich aber 1528 durch die Inquisition zur Flucht gedrängt. 1531 kam er mit vielen Landsleuten nach Elbing, wo ihm vom Rath die Errichtung einer lateinischen Schule aufgetragen wurde, die unter ihm von 1535–41 blühte. Auf Andrängen des ermländischen Bischofs vom Rath entlassen, wandte er sich nach Königsberg, wo ihm die am Hofe Albrechts damals einflußreiche reformirte Partei, die Sacramentarier, wie man damals sagte, schon eine gute Aufnahme bereitet hatte. Er wurde anfangs herzoglicher Rath, dann Rector des neugegründeten Pädagogiums und zugleich Lector an der neuen Universität. Aus Königsberg 1547 von der lutherischen Partei vertrieben, begab er sich nach Ostfriesland, wurde Prinzenerzieher und Secretär bei der Gräfin Anna (Bd. I., S. 468) und später zu diplomatischen Geschäften mancherlei Art gebraucht. Auf die Gründung der lateinischen Schule in Norden hat er wesentlichen Einfluß gehabt. Er starb 1568 zu Norden als gräflicher Rentmeister. Sein jüngster Sohn Albert wurde ein berühmter Rechtsgelehrter. – Unter seinen Schriften sind die interessantesten „Een troost ende spiegel der siecken ende derghenen, die in lijden zyn“, 1525 im Kerker geschrieben, später „Tobias ende Lazarus“ genannt. Aus demselben Jahre stammt die „Vita Johannis Pistorii“, der „Acolastus“, die „Geschichte vom verlorenen Sohn“ als terentianische Comödie, eines der berühmtesten und einflußreichsten Dramen des 16. Jahrhunderts, noch aus der niederländischen Zeit, bis 1577 in mindestens 14 Ausgaben, ’Eγxώμιου civitatis Aembdanae“, 1553 als Neujahrgedicht für seine gräflichen Zöglinge bestimmt, 1557 herausgegeben.

[280] Roodhuyzen[WS 1], Het leven van Guilhelmus Gnapheus, Amsterdam 1858. Reusch[WS 2], Wilhelm Gnapheus, der erste Rector des Elbinger Gymnasiums, Elbinger Gymn.-Progr. 1868 u. 1877. Babucke[WS 3], Wilhelm Gnapheus, ein Lehrer aus dem Reformationszeitalter (mit metrischer Uebersetzung des Encomium), Emden 1875. Scherer, Die Anfänge des deutschen Prosaromans (1877), S. 50 f., und oben Band I. 35, II. 644, III. 59.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Hendrik Roodhuyzen (jr.)
  2. Albert Reusch
  3. Heinrich Julius Babucke (1841–1902), Philologe und Gymnasialdirektor in Königsberg