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Artikel „Fyne, Paschier de“ von Jacob Cornelis van Slee in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 275–277, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fyne,_Paschier_de&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 22:28 Uhr UTC)
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Fyne: Paschier de F. „Fanden Staat und Kirche ihren Streit, die Wahrheit fand auch Helden, wie dieser war“, so schließt van Vloten[WS 1] seine Monographie über diesen höchst interessanten Mann, welcher sich zwar nicht durch große Gelehrsamkeit, [276] wohl aber durch Verstand, Scharfsinn, Einsicht und Unerschrockenheit auszeichnete inmitten der zahlreichen Gefahren, welche ihn wegen seiner feurigen remonstrantischen Gesinnung bedrohten. Er war am 28. Februar 1588 zu Leiden geboren, wohin seine Eltern, Paschier de F. und Maeike Couwets aus Belle in Flandern, um der Religion willen ausgewandert waren, und erhielt eine fromme Erziehung. Schon frühe beschäftigte ihn die Lectüre von Bullinger’s Handbuch. Als er aber Beza’s[WS 2] Schrift von der christlichen Religion kennen gelernt hatte, erregte der darin herrschende schroffe Calvinismus seinen Widerwillen und es erwachte in ihm jener freie Wahrheitstrieb, als dessen Vorkämpfer er sich fortan erwies. In seinen Jugendjahren in der Tuchweberei seines Vaters beschäftigt, sehnte er sich bald nach dem Predigeramte und brachte es meistens auf dem Wege der Selbstbildung dahin, daß er als „ein junger Mann größerer Hoffnung“ im J. 1611 die Predigerstelle zu Jaarsveld in Holland erhielt. Schon damals des Arminianismus verdächtig, blieb er dennoch unangefochten bis er, nach Verdammung des Remonstrantismus, den Kampf begann „wider das calvinistische Lämmlein zu Dordrecht, wohlgemästet und ausgestattet mit Hörnern, womit es Alle, die seine menschlichen Satzungen nicht für göttliche Wahrheit erkennen wollten, aus Häusern, Predigtstühlen und Vaterland ausstoßen sollte“. Auch ihn nämlich hatte das Urtheil der Absetzung getroffen, als er die Unterzeichnung der zu Dordrecht festgestellten Lehrsätze und ebenso der Acte, wodurch er sich verpflichten sollte, sich des Predigens zu enthalten, verweigerte. Er verließ aber das Vaterland nicht, zog vielmehr furchtlos umher, um die verfolgten Glaubensgenossen überall durch Predigt und Beispiel zu ermuntern. Als Wanderprediger trat er zu Vlaardingen, Hoorn, Schoonhoven, Rotterdam und in den umliegenden Dörfern fast täglich ins Geheim auf, so auch im Winter des Jahres 1621 auf dem Eise, woher er den Namen „das Eisvöglein“ erhielt. Um diese Zeit, als er sich in Leiden, wo seine Frau wohnte, aufhielt, traf er auch mit den sogenannten Rhynsburgern oder Collegianten, welche in mancher Hinsicht den späteren Quäkern ähnlich waren, zusammen, aber es gelang ihm nicht, diese ehemaligen Mitglieder der remonstrantischen Gemeinde von Warmund und Rhynsburg für sie zu erhalten. In den nächsten Jahren hielt er sich im Haag, zu Kampen, Dokkum, Leiden und Rotterdam auf und wußte sich stets durch große Kühnheit, oft unter allerlei Vermummungen versteckt (der bekannte Maler Miereveldt machte sein Gesicht öfters unkennbar) den Gerichten zu entziehen. Seine frohe Laune verließ ihn niemals unter so mannigfaltigen Beschwerden. Mit fröhlichem Herzen setzte er unermüdet seine Wanderarbeit fort und förderte zugleich mit scharfer Feder die Sache seiner Glaubensgenossen. Schon 1621 erschien anonym sein erstes Tractätchen „De trouwhartige Vermaning“, welchem bald „De broederlijke Vermaning“, „Zilveren naald“, „Nieuwjaarsgeschenk“, „Klein monstertze“ und „Derde octobersbanket“ folgten. Diese kleinen Schriften zeichnen sich durch lebhaften und klaren Stil, große Popularität und feinen, bisweilen auch scharfen Humor aus, indem sie den unerhörten Gewissenszwang, welchen die Remonstranten zu erdulden hatten und die spanische Tyrannei schildern. Noch fruchtbarer aber zeigte sich seine Feder, nachdem er 1634 bei der Gemeinde zu Harlem eine feste Stelle gefunden hatte und dort allmählich ungestörter leben und arbeiten durfte. Als seine „twaalf plompe vragen“ wider Professor Karl de Maats zu Utrecht eine Entgegnung des Predigers Jacob van Kralingen zu Woerden veranlaßt hatten, bot er diesem „een kruk voor den zwakken broeder“ und wiederum „een tweede kruk“ an. Dem Prediger Streso im Haag gegenüber trat er auf mit „Veenboers wegkorting“, „Veenboers bescheid“, „Veenboers winterturf“ und „Zieke Veenboer“, in welchen Schriftchen er von der Prädestination, Auserwählung und Verwerfung handelte. Ein neues [277] Tractätchen „Zeemanns Nieuwjaar“ handelte von der Bekehrung; der „Menniste puthaak“, „Emmer“, „Diemermeersche Wandeling“ und „Oogwater“ von der allgemeinen Genugthuung. Als noch im J. 1645 die Contra-Remonstranten zu Kampen sich durch leidenschaftliche Verfolgung hervorthaten, trat er diesem Treiben mit großer Schärfe in seinen Schriften „Kampersteurtje“, „Wittebrood“ und „Frische dronk“ entgegen, und der Tod des von ihm wenig geliebten Statthalters Wilhelm II. veranlaßte 1650 die Herausgabe seiner letzten uns bekannten Arbeit „Amsterdamsch Nieuwjaar“. Von seinen weiteren Schicksalen wird uns nur wenig berichtet. Aus seiner 1659 verfaßten Autobiographie erfahren wir, daß um diese Zeit sein Gesicht so sehr abnahm, daß ihm ein künftiger Nachfolger als Gehülfe beigegeben ward. Dennoch wohnte er 1661 der großen Versammlung der Remonstranten bei. Im October 1667 soll er zu Harlem gestorben sein. Seine meisten Schriften, welchen wir noch „Verhael van ’t begin en opkomen van de nieuwe Secte der profeten of Rhynsburgers“ hinzuzufügen haben, sind gesammelt 1694 zu Rotterdam und 1736 zu Amsterdam herausgegeben worden. Seine Biographie verdanken wir dem Dr. J. van Vloten (’s Hertogenbosch 1853)[WS 3].

Vgl. auch van der Aa, Biogr. Woordenb. und Glasius, Godgel. Nederl.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Johannes van Vloten (1818–1883), ndl. Schriftsteller.
  2. Theodor von Beza bzw. Théodore de Bèze (1519–1605), Genfer Reformator.
  3. „Paschier de Fyne naar zijn leven en schriften. (Uit gedrukte en ongedrukte stukken.)“