ADB:Fischenich, Bartholomäus Ludwig
Schiller’schen [48] Hauses. Von einer wenig wohlhabenden katholischen Familie in Bonn geboren, hatte er durch die Unterstützung eines rheinischen Grafen das Kölner Gymnasium und die Bonner Universität besuchen können; in jungen Jahren wurde er am hohen Gericht in Bonn angestellt und erregte hier auch die Aufmerksamkeit des Kurfürsten Max Franz. Dieser bestimmte ihn zum Professor des Staatsrechts und des Naturrechts an der Bonner Universität und gab ihm die Erlaubniß zu seiner weiteren Ausbildung, noch andere Universitäten zu besuchen. So kam der 22jährige F. Anfang 1791 nach Jena, wurde ein eifriger Zuhörer, ein Hausfreund und Tischgenosse Schiller’s. Er pflegte ihn in schwerer Krankheit, er trieb unter seiner Anleitung Kant’sche Philosophie; „ein dauerndes Band“, sagt Caroline von Wolzogen, „blieb durchs ganze Leben und nach Schiller’s Tod fand der edle F. Gelegenheit, seine Freundschaft für denselben den Hinterlassenen treu und auf die großmüthigste Art zu beweisen“. Charlotte Schiller nannte ihn ihren ältesten Sohn; man lernt sie, urtheilt Herman Grimm, am besten aus ihren Briefen an F. kennen. Nachdem er 1792 nach Bonn zurückgekehrt war, wirkte der junge Professor mit Eifer und Erfolg unter seinen zahlreichen Zuhörern für die Verbreitung der „großen Wahrheiten“ der Sittenlehre Kant’s. Das „akademische Leben machte ihm viel Vergnügen“; er hatte 1793 die meisten Zuhörer unter allen Lehrern, „einige sechszig, unter denen sich sogar Mediciner an die übrigen Facultäten anschlossen“; zugleich war er Deputirter im Kölner Landtag; im November 1793 ernannte ihn der Kurfürst zum wirklichen Hof- und Regierungsrath. Diese reiche friedliche Thätigkeit störten die Kriegsunruhen. Schon 1793 hatte F. Besorgnisse über das Vordringen der Franzosen geäußert, mit deren „Verfahren er gar nicht zufrieden“. „Ich kann nicht leiden“, schrieb er, „daß sie ihre Grundsätze mit Gewalt aufdringen. Sie eifern gegen Religionszwang und zwingen mit aufgepflanzten Kanonen die Bürger zum Eidschwur und verbreiten ihre Freiheit mit Feuer und Schwert. Solchen Eingriffen in die Rechte des Menschen, indem sie diese zu verbreiten prahlen, könnte ich unmöglich gleichgültig zusehen“. Am 12. August 1794 meldete er, daß aus Furcht vor einem Ueberfall der Franzosen die meisten Studenten Bonn verlassen, viele Professoren deshalb ihre Vorlesungen geschlossen hätten, „ich fahre noch immer fort, obgleich die Zahl meiner Zuhörer in einem Colleg auf 26, in einem andern auf 12 vermindert ist“. Am 8. October rückten die Franzosen in Bonn ein; seitdem mußten die Vorlesungen aufhören, weil das Militärspital in das Universitätsgebäude verlegt war. Wol wurde 1796 der Versuch gemacht, sie wieder aufzunehmen; 1797 aber erfolgte officiell die Suspension der Universität; an ihrer Stelle wurde 1800 von den Franzosen eine Centralschule eingerichtet, an der F. der Lehrstuhl für Gesetzgebung übertragen wurde. Den Franzosen und Franzosenfreunden trat F. mannhaft entgegen; es war nicht zum wenigsten sein Verdienst, daß die wiederholten Versuche scheiterten, welche die Franzosen machten, um noch vor der definitiven Entscheidung über das Geschick des Kölner Landes die Professoren der Bonner Universität zu einem uneingeschränkten Huldigungseid zu bestimmen, so eine freiwillige Unterwerfung herbeizuführen; 1797 erschien von ihm ein Aufsatz in Posselt’s Annalen, in dem er Pitt’s innere Politik tadelte, dessen äußere Politik aber pries. Dennoch schätzte man ihn so sehr, daß ihm mehrere Aemter angeboten wurden: nachdem 1804 auch die Centralschule wieder aufgehoben war, fand er eine Anstellung im praktischen Justizdienst, zuerst als Substitut des Generalstaatsprocurators; nach der Einführung der neuen Gerichtsorganisation von 1810 wurde er 1811 zum Präsidenten des Bezirksgerichts in Aachen ernannt; mehrfach präsidirte er dort auch den Assisen. „Nach zwanzigjährigen Leiden“ schlug endlich auch für ihn die Stunde der Befreiung; „eine neue Lebensepoche“ ging auch für ihn an, als Bonn und Aachen preußisch [49] wurden; bei der Huldigungsfeierlichkeit, die am 15. Mai 1815 in Aachen stattfand, wählten ihn die rheinischen Deputirten zu ihrem Wortführer. 1816 wurde er Mitglied der in Köln eingesetzten Immediatjustizcommission für die Rheinprovinz; nach ihrer Auflösung wurde er 1819 nach Berlin berufen als geheimer Oberjustizrath im Justizministerium für die rheinischen Angelegenheiten; bald nachher wurde er zugleich zum Mitglied des eben 1819 installirten rheinischen Revisions- und Cassationshofes ernannt. In dieser Stellung wirkte er fern von der Heimath „mit ganzer Seele“ für seine rheinischen Landsleute, bis ein Nervenschlag am 4. Juni 1831 sein thätiges Leben endete. Trotz der Mahnungen von Lotte Schiller war er unverheirathet geblieben.
Fischenich: Bartholomäus Ludwig F., geb. am 2. August 1768, † am 4. Juni 1831, einer der treuesten jüngeren Freunde des- Vgl. die Litteratur, die in des Unterzeichneten Beiträgen zur Gesch. der kurkölnischen Universität Bonn S. 21 verzeichnet ist, namentlich die ansprechende Schrift von Hennes, Andenken an Fischenich, Stuttgart und Tübingen 1841. Diese erschien jn zweiter vielfach veränderter, theils verkürzter, theils vermehrter Auflage unter d. T.: Fischenich und Charlotte v. Schiller, Frankfurt a. M. 1875.