ADB:Feder, Johann Georg Heinrich

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Artikel „Feder, Johann Georg Heinrich“ von Arthur Richter in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 595–597, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Feder,_Johann_Georg_Heinrich&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 14:20 Uhr UTC)
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Feder: Johann Georg Heinrich F., geb. 15. Mai 1740 im baireuthischen Dorf Schornweißach, zwei Meilen von Neustadt an der Aisch gelegen, gest. 22. Mai 1821 in Hannover, war der Sohn des Pfarrers Martin Heinrich F. Den ersten Unterricht empfing er in der Schule seines Geburtsortes und von seinem vielseitig gebildeten Vater. 1749 wurde letzterer nach Sudenstädten versetzt, starb aber noch in demselben Jahre und hinterließ Wittwe und Kinder in bedrängter Lage. 11 Jahr alt kam F. nach Neustadt an der Aisch in die Schule des Rectors G. Ch. Oertel, der sich seines fähigen Schülers wahrhaft väterlich annahm. 1757 bezog F. die Universität Erlangen mit dem Plan Philosophie und Pädagogik zu studiren; in der Philosophie war Succov, ein scharfsinniger Anhänger Wolff’s, sein Führer, theologische Vorlesungen hörte er bei Pfeiffer und Huth, nebenbei übte er sich im Disputiren, Unterrichten und Predigen. Seinen Sinn für Poesie nährte der Umgang mit dem Dichter Schubart. Nach beendigtem Studium wurde F. zu Michaelis 1760 Hauslehrer bei dem Freiherrn v. Wöllwarth auf Polsingen an der schwäbischen Grenze. Die in dieser Stellung gemachten Erfahrungen verarbeitete er später in seinem unter Rousseau’s Einfluß stehenden Buch: „Der neue Emil oder von der Erziehung nach bewährten Grundsätzen“, Erlangen 1768–71. F. begleitete seine Zöglinge, als sie die Schule zu Neustadt a. d. A. und zu Ansbach besuchten, und brachte sie 1764 auf die Universität Erlangen. Hier fand er selbst zu seinen schriftstellerischen Erstlingen Anregung und Muße, auch schrieb er die Inauguraldissertation „Homo natura non ferus“, durch die er die Magisterwürde, wie die facultas docendi [596] gewann. Auf Grund dieser Thätigkeit wurde er 1765 zum Professor der Metaphysik und der hebräischen Sprache an das Casimirianum nach Coburg berufen; das Hebräische gab er bald wieder ab und übernahm dafür den Vortrag der Logik. Seine philosophischen Studien führten ihn auf das Gebiet der Geschichte und der Encyklopädie der Philosophie; aus diesen Beschäftigungen ging sein „Grundriß der Philosophischen Wissenschaften nebst der nöthigen Geschichte“, Coburg 1767–69 hervor. In Folge dieses Buches erhielt er 1768 von Ernesti in Leipzig empfohlen einen Ruf als Professor der Philosophie nach Göttingen. Hier nahm er als Lehrer dieser Wissenschaft einen gewissen eklektischen und skeptischen Standpunkt ein, ohne sich aber von der Grundlage des Wolff’schen Systemes zu weit zu entfernen. Als Grundlage seiner zuerst von großem Erfolg begleiteten Vorlesungen arbeitete er aus: „Lehrbuch der Logik und Metaphysik", Göttingen 1769, 8. Aufl. 1794; später lateinisch bearbeitet: „Institutiones Logicae et Metaphysicae“, Gottingae 1777, IV. ed. 1797; „Lehrbuch der praktischen Philosophie“, 1770. Diese Lehrbücher fanden in Deutschland sehr weite Verbreitung. Neben den Vorlesungen ließ F. sehr fleißig Disputirübungen anstellen. Seine Hauptthätigkeit als Schriftsteller nahmen seine „Untersuchungen über den menschlichen Willen“, 4 Theile, 1779–93 in Anspruch; er beabsichtigte damit Locke nachzuahmen und ein ähnliches Buch über den Willen, wie jener über den menschlichen Verstand, zu schreiben. Daneben entfaltete er eine reiche litterarische Thätigkeit in verschiedenen Journalen, in den Göttinger gelehrten Anzeigen, Lichtenberg’s Magazin, dem Deutschen Mercur, der Berliner Monatsschrift u. a. m. 1782 erhielt er den Titel eines Hofraths. Nicht unerwähnt darf es bleiben, daß F. der erste war, welcher das berühmte Werk des schottischen Nationalökonomen A. Smith „An inquiry into the principle and causes of the wealth of nations“ in Deutschland bekannt machte. In einer ausführlichen Recension in den Göttinger gelehrten Anzeigen (10. März und 5. April 1777) wird das Buch ein classisches genannt, seine bedeutende Ueberlegenheit über die bisherige Theorie (besonders von Steuart) und seine Verwandtschaft mit dem Physiokratismus hervorgehoben; aber auch manche seiner Schwächen und Einseitigkeiten finden eine so zutreffende noch heute gültige kritische Beleuchtung, daß wir in F. einen mit den wichtigsten Problemen der Nationalökonomie seiner Zeit wohlbekannten Denker zu erblicken haben (vgl. Roscher, Gesch. d. Nationalökonomik in Deutschland S. 599). Verhängnißvoll wurde für seine spätere wissenschaftliche Laufbahn die Stellung, die er sich zur kritischen Philosophie gab. Ohne die Bedeutung von Kant's Kritik der reinen Vernunft recht zu verstehen, hatte er Theil an der ersten unglücklichen Recension dieses Buches in den Göttinger gelehrten Anzeigen. Garve hatte die Recension verfaßt, F. machte sie journalgerecht und fügte einen Vergleich des Kant’schen Idealismus mit dem Berkeley’s hinzu (vgl. Feder’s Biographie S. 118). Kant ließ seinen Unwillen darüber in den Prolegomenen zu jeder künftigen Metaphysik aus: erfolglos antwortete F. mit einer Schrift: „Ueber Raum und Causalität. Zur Prüfung der Kantischen Philosophie“, Göttingen 1787 und verband sich mit Meiners zur Herausgabe der gegen Kant gerichteten „Philosophischen Bibliothek“ 1788. Letztere ging mit dem 4. Bande ein. Seit dieser Zeit kam das Ansehen Feder’s sowol als Docent, wie als Schriftsteller in Abnahme und dies mag dazu beigetragen haben, daß er 1797 als Director des Georgianums (kgl. Pageninstitut) nach Hannover ging. Hier wirkte er als Dirigent und Lehrer segensreich, bis das Institut 1811 aufgehoben wurde. Von da ab genoß F. der verdienten Ruhe. Als Anerkennung seiner Verdienste wurde er Ritter des Guelphenordens, Mitglied der Göttinger Societät der Wissenschaften, Geh. Justizrath und 1820 Dr. jur. – F. war zweimal verheirathet.

[597] Vgl. Feder’s Leben, Natur und Grundsätze. Selbstbiographie herausgegeben von seinem Sohne K. A. L. Feder. Darmstadt 1825. Pütter, Gelehrtengeschichte von Göttingen II. 165 ff.