Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Elster, Johann Daniel“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 72–73, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Elster,_Johann_Daniel&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 11:00 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 6 (1877), S. 72–73 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Daniel Elster in der Wikipedia
Johann Daniel Elster in Wikidata
GND-Nummer 101134002
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|6|72|73|Elster, Johann Daniel|Albert Schumann|ADB:Elster, Johann Daniel}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=101134002}}    

Elster: Johann Daniel E., geb. den 16. Septbr. 1796 zu Benshausen in der preußischen Grafschaft Henneberg, † 19. Decbr. 1857 in Wettingen (Canton Aargau). Sein Vater, der Mitbesitzer eines Eisenhammers war, ließ den musikalisch begabten Knaben frühzeitig im Clavier-, Orgel- und Geigenspiel unterrichten. Da der Familienrath ihn trotz seines ausgelassenen Wesens zum Geistlichen vorbestimmte, so besuchte er seit 1809 die Gymnasien in Freiberg und Schleusingen und bezog 1816 die Universität Leipzig. Hier wurde er bei einem Duell im Gesichte verwundet, worauf er die Theologie mit der Medicin vertauschte. Beim Wartburgfeste vertrat er die Leipziger Studentenschaft als Abgeordneter und begab sich dann nach Jena. Nach Sand’s unheilvoller That mit einer Untersuchung bedroht, wandte er sich über Holland nach London, um sich dort für die südamerikanische Republik Columbia anwerben zu lassen. Als dieser Plan scheiterte, ging er nach Paris und trat, von allem Nothwendigen entblößt, in die französische Fremdenlegion Hohenlohe ein. Mit derselben kam er nach Corsica, wo er zwei Jahre aushalten mußte, obwol ihn das rohe Treiben seiner Kameraden aufs höchste anwiderte. Mehrere Fluchtversuche mißlangen; doch verschaffte ihm sein musikalisches Talent Gönner und Freunde und endlich auch die Freiheit. In die Heimath zurückgekehrt, nahm er 1821 in Würzburg das unterbrochene Studium der Medicin wieder auf, um möglichst bald eine Lebensstellung zu gewinnen und seine Jugendgeliebte, die Tochter eines Kaufmanns in Benshausen, als Gattin heimzuführen. Studentischer Muthwille führte ihn aber zu einem neuen Duelle; er verwundete seinen Gegner lebensgefährlich und mußte zum zweiten Male fliehen. In Marseille schiffte er sich nach Griechenland ein und trat mit dem Range eines Stabsarztes und Doctor-Majors in das Philhellenen-Bataillon. Als solcher machte er außer verschiedenen anderen Kämpfen die blutige Schlacht bei Peta mit und war einer der Wenigen, welche dem Untergange entrannen. Nach mannigfachen Irrfahrten in Griechenland und Kleinasien kehrte er nach Südfrankreich zurück, wo er seinen Lebensunterhalt durch Concertgeben erwarb. Die Kunde von der Verheirathung seiner Geliebten hielt ihn von der Heimath fern und trieb ihn nach der Schweiz. Er wurde Musiklehrer an dem Institute des tüchtigen Pädagogen Chrn. Lippe auf Schloß Lenzburg, machte die Bekanntschaft der beiden eifrigen Befördererdes Volksgesanges, H. G. Nägeli und M. T. Pfeiffer, und wirkte, von ihnen angeregt, hier und in Baden, wohin er 1825 in gleicher Stellung an die Bezirksschule kam, in erfolgreichster Weise. Im Jahre 1829 rief ihn die Nachricht, daß sein „Röschen“ Wittwe geworden, in die Heimath zurück. Er vermählte sich mit ihr, wurde Gutsverwalter und eine Zeit lang auch Gastwirth und Posthalter in Hildburghausen und ließ sich daneben die Hebung des Volksgesanges angelegen sein. Der Tod seiner Gattin entriß ihn diesen günstigen Verhältnissen, und er wandte sich nun ausschließlich der Musik zu. Er componirte eine Oper „Richard und Blondel“ und brachte sie in Meiningen zur Aufführung. Dann versah er die Stelle eines Musikdirectors bei wandernden Schauspielertruppen in Bamberg, Freiberg und andern Orten und kam 1839 in gleicher Eigenschaft zur Birch-Pfeiffer nach Zürich. Eine zweite Heirath mit einer ehemaligen Schülerin aus Baden fesselte ihn dauernd an die Schweiz. Er [73] erhielt die Stelle eines Musiklehrers in Bremgarten und seit 1846 am aargauischen Schullehrerseminar in Wettingen, wo endlich eine Leberkrankheit seinen Tod herbeiführte. Wie früher schon, so entfaltete er auch nach seiner Rückkehr in die Schweiz eine äußerst fruchtbare und nachhaltige Wirksamkeit für die Verbesserung des Volksgesanges, leitete vielfach größere musikalische Aufführungen und wurde an den eidgenössischen Sängerfesten mehrmals mit dem Ehrenamte eines Kampfrichters betraut. Für seine Verdienste verlieh ihm der aargauische Große Rath das Staatsbürgerrecht. Auch die Schule verdankt ihm viel. Er bearbeitete ein oft aufgelegtes „Gesangbuch für die Gemeindeschulen des Cantons Aargau“, Aarau 1856 und eine „Kleine kurzgefaßte Gesanglehre für Volksschulen“. Schon vorher gab er heraus: „Schweizerische Volks-Gesangschule“ In 3 Abtheilungen, 1846. Seine Erlebnisse in Griechenland beschrieb er zuerst bruchstückweise im „Morgenblatt“, dann in der Schrift: „Das Bataillon der Philhellenen“, 1828; sein ganzes abenteuerliches Leben aber erschien, von Ludw. Bechstein nach seinen Tagebüchern und mündlichen Erzählungen herausgegeben, unter dem Titel: „Fahrten eines Musikanten“, 3 Bde., 1837. Eine zweite verbesserte und um einen vierten Band vermehrte Auflage erschien 1854 bis 1855 bei Meidinger in Frankfurt a/M. und eine dritte in dessen „Belletristischer Hausbibliothek“ 1858.

Vgl. dazu Z. Funck, E. T. A. Hoffmann und die Epigonen in: Drei Novellen aus dem Leben, 1839 (Elster’s Verhältniß zum Bamberger Theater behandelnd). – Nekrolog von einem Ungenannten in Zähringer’s pädagogischer Monatsschrift für die Schweiz, 3. Jahrg. 1858, S. 75–79. – J. Müller, Der Aargau, 2 Bde., Zürich und Aarau 1870–71, Bd. II S. 296 bis 298.