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Artikel „Ehemant, Lothar Franz“ von Bernhard Grueber in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 694, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ehemant,_Lothar_Franz&oldid=- (Version vom 29. November 2024, 14:06 Uhr UTC)
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Ehemant: Lothar Franz E., Geschichts- und Kunstforscher, geb. 21. Nov. 1748 zu Lobes in Deutschböhmen, † zu Prag 26. Oct. 1782; legte seine Studien mit Auszeichnung in Prag zurück und wurde schon im J. 1744[WS 1] zum Professor der Geschichte und deutschen Litteratur an der Prager Universität ernannt. Von Natur aus kränklich und hiedurch in seiner lehramtlichen Thätigkeit vielfach gehindert, verlegte er sich in seinen meist unfreiwilligen Mußestunden auf das Studium der Kunstgeschichte und wurde in diesen Bestrebungen durch den Kaiser Joseph II. kräftig unterstützt. Er war von allen deutschen Forschern der erste, welcher der mittelalterlichen Kunst seine Aufmerksamkeit widmete und der die hohe Bedeutung des gothischen Stiles zu würdigen verstand. Zunächst waren es der Dom zu Prag und das Schloß Karlstein mit den daselbst aufbewahrten Kunstschätzen, welche E. einer eingehenden Prüfung unterzog und über die er mehrere treffliche Schriften veröffentlichte. Lange vorher, ehe von Seite irgend einer Regierung an die Erhaltung kunsthistorisch wichtiger Denkmale gedacht wurde, wirkte E. aus eigenem Antriebe als Conservator: seinen rastlosen Bemühungen hat man es zu verdanken, daß zahlreiche aus dem 14. Jahrhundert herrührende Wand- und Tafelgemälde beachtet und dem Untergange entrissen wurden. Seine vorzüglichsten Schriften sind: „Beschreibung der Hauptstadt Prag und der übrigen Städte Böhmens in Bezug auf Kunst und Kunstwerke“, 1780; „Beschreibung der böhmischen Kunstwerke, die in der Prager Metropolitankirche zu sehen sind“, 1771–1773; „Zur Kunstgeschichte Böhmens. Abhandlung in Dobrowsky’s[WS 2] Böhmischer Litteratur. I. Bd. 3. Heft. 1779; verschiedene Abhandlungen, veröffentlicht in Riegger’s Statistik Böhmens. Durch E. wurde auch der bekannte und noch lange nach seinem Tode mit Animosität geführte Streit über die Erfindung der Oelmalerei hervorgerufen, indem er die auf Befehl des Kaisers Karl IV. von Tomaso da Mutina zwischen 1340–1350 gefertigten Tafelbilder für Oelgemälde und den Mutina für einen geborenen Böhmen hielt. Dieser doppelte Irrthum war in jener Zeit um so verzeihlicher, als erstens in Böhmen ein Ort „Mutina“ besteht und zweitens die wiederholt überfirnißten Temperabilder des Mutina täuschend das Ansehen von Oelmalereien besitzen. Nach Ehemant’s und des Malers Quirin Jahn Behauptungen hätte man sich in Böhmen schon ein volles Jahrhundert früher, ehe die Gebrüder van Eyck auftraten, der Oelfarben bedient und in dieser Manier großartige Werke geschaffen. Der in Folge dieser Behauptungen sich entwickelnde litterarische Streit, an welchem sich viele Gelehrte betheiligten, wurde erst im Laufe unsers Jahrhunderts durch den unzweideutigen Nachweis geschlichtet, daß Mutina aus Modena herstamme und in Treviso lange gearbeitet habe, auch dort verstorben sei. Ferner wurde durch chemische Untersuchungen festgestellt, daß sowol die in Treviso wie die in Böhmen befindlichen Werke des Mutina nicht mit Oel- sondern mit eigenthümlich zubereiteten Gummifarben, al tempera, ausgeführt worden seien. Trotz dieser Irrthümer war die von E. gegebene Anregung eine außerordentliche und nachhaltige, man darf sagen, daß die durch ihn angebahnte Richtung von allen späteren deutschen Forschern von Fiorillo, Ch. Stieglitz bis S. Boisserée befolgt wurde.

Riegger, Statistik von Böhmen, 4. Heft, mit einer Biographie Ehemant’s; – Dlabacz, Künstlerlexikon.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. richtig wohl 1774, wie in BLKÖ.
  2. Vorlage: Dobrowsk’ys