ADB:Edelmann, Johann Christian

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Artikel „Edelmann, Johann Christian“ von Edmund Pfleiderer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 639–640, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Edelmann,_Johann_Christian&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:19 Uhr UTC)
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Edelmann: Johann Christian E., geb. 9. Juli 1698 zu Weißenfels, † 15. Februar 1767 zu Berlin. Meist wird er nur der „berüchtigte“ genannt, wie schon zu seinen Lebzeiten einer seiner verhältnißmäßig tolerantesten Gegner vor seinen Ohren über seine drei Namen als ebenso viele Gegensätze des wirklichen Manns predigte. Ruhig und nüchtern betrachtet ist er nur das echte Kind seiner Zeit, nicht ohne Geist, nicht ohne tiefen Wahrheitstrieb und Herz, aber durch und durch zerfahren, bis zum Wahnsinn leidenschaftlich und dadurch in Wahrheit ziemlich bedeutungslos, soviel Lärm er unter seinen Zeitgenossen machte.

Nach einer durch Armuth gedrückten und verbitterten Jugend und kümmerlichem theologischem Studium in Jena trieb er sich zuerst, zum Prediger bestimmt, aber nicht disponirt, als Hauslehrer in Oesterreich und Sachsen um, seine weitere Lebenszeit aber verbrachte er als Litterat, bald da, bald dort auf kurze Zeit seßhaft, immer wieder unstet und flüchtig, sei es durch Schulden oder andere Nöthe; sei es durch drohende Verfolgung der ihm bitter feindlichen Geistlichkeit, deren Hand die meisten seiner Schriften wenigstens in etlichen aufgegriffenen Exemplaren dem Feuertod überantwortete.

Von streng religiöser Erziehung herkommend wurde er von der fixen Idee geplagt, daß „die Wiedergeborenen nicht mehr sündigen“. Mit der Laterne dieses abstracten Canons suchte er nun allerorts nach Heiligen, die er begreiflicher Weise unter den Orthodoxen so wenig oder noch weniger fand, als unter den Pietisten und Herrnhutern oder endlich den Sectirern der verschiedenen Farben. Ausdruck gab er dieser verunglückten Idee und Suche nach ihrer Realisirung in den „Unschuldigen Wahrheiten“, begonnen 1724 und lange fortgesetzt, worin er neben grimmem Haß gegen die Geistlichen als „Kehlsorger“ die Gleichgültigkeit d. h. Gleichbedeutung aller Religionen predigte. Sein bekanntestes, theologisch-philosophisches Buch aber ist der seltsame „Moses mit aufgedecktem Angesicht“ von 1740 an, zunächst eine historisch-kritisch sein sollende Analyse der alttestamentlichen Berichte und des kirchlichen Inspirationsbegriffs überhaupt (angeregt durch Spinoza’s Tractatus theologico-politicus), im weiteren aber eine Kritik der metaphysischen Grundanschauungen des christlichen Theismus, den er, allmählich stark in Spinoza’schen Pantheismus sich versenkend, mit dem bittersten Spott gegen die allzu irenische Leibnitz-Wolff’sche Philosophie („die Schandhure aller theologischen Secten“) in leidenschaftlichster mehr, als irgend tieferer Weise bekämpft. Polemik war sein Lebensinhalt; die Freistätte aber, die Friedrich d. Gr. ihm endlich zum dort Wohnen und Sterben (nicht Schreiben!) in Berlin gewährte, „weil er ja so viele Narren in seinem Lande habe“, war ihm, einer an sich nicht unedlen Natur, zu gönnen.

[640] Joh. Heinr. Pratje, Historische Nachrichten von Joh. Chr. Edelmann’s, eines berüchtigten Religionsspötters Leben, Schriften und Lehrbegriff, wie auch von den Schriften, die für und wider ihn geschrieben worden. 2. Aufl. Hamburg 1755. K. Chr. Lebr. Franke bei Ersch u. Gruber, I. Sektion 31. Bd. S. 59 ff. Autobiographie, herausgeg. von Klose. Mönckeberg, Reimarus und Edelmann.