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Artikel „Duiffopruggar, Gasparo“ von Edmund Schebek in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 454–455, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Duiffopruggar&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 12:58 Uhr UTC)
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Duiffopruggar: Gasparo D., französisch Gaspard Duiffoprugcar, ein Lauten-, Violen- und Geigenmacher, welcher in der erstens Hälfte des 16. Jahrhunderts zu Bologna und Lyon und wahrscheinlich auch zu Paris arbeitete. Seinem Namen nach, welcher, der fremdartigen Hülle entkleidet, als Tieffenbrucker hervortritt, ist er unzweifelhaft deutscher Abstammung. Da vor ihm schon Deutsche, so Laux (Lucas) Maler in Bologna und Marx Unverdorben in Venedig, als Lautenmacher in Italien sich niedergelassen hatten und gleichzeitig mit ihm andere Deutsche, wie Magnus Stegher (Stöger) in Venedig, dort dasselbe Gewerbe betrieben, so liegt die Vermuthung nahe, daß die Lautenmacherei aus Deutschland, wo wir sie bereits in der Mitte des 15. Jahrhunderts blühen sehen, dahin verpflanzt oder wenigstens durch Deutsche daselbst in Aufschwung gebracht worden ist. Mit der Lautenmacherei steht der Geigenbau in so engem Zusammenhange, daß das allein Grund genug wäre, den Deutschen einen hervorragenden Einfluß auf das Entstehen des von dem späteren Vororte Cremona her weltbekannten italienischen Geigenbaues beizumessen. Dazu kommt aber noch der Umstand, daß der älteste bekannte Geigenbauer (richtiger wol Violaverfertiger) Joannes Kerlino 1449 in Brescia seinem Namen nach gleichfalls deutscher Herkunft war und daß Kaspar Tieffenbrucker die ersten eigentlichen Geigen, von welchen man bisher Kenntniß hat, und zwar in einer für jene Zeit staunenswerthen Vollendung anfertigte. Man wird daher der in der Schrift des Unterzeichneten: „Der Geigenbau in Italien und sein deutscher Ursprung“, 1874 aufgestellten Behauptung vom deutschen Ursprunge des italienischen Geigenbaues ihre Berechtigung nicht absprechen können, so lange nicht die Forschung das Vorhandensein älterer Geigenbauer, als der beiden genannten, in Italien nachweist und in so lange wird auch Tieffenbrucker als der hauptsächlichste Begründer jenes in seiner Entwicklung und Vollendung gleich merkwürdigen Kunstzweiges gelten müssen.

Ueber das Leben dieses Meisters besitzen wir keine andere Kunde, als welche uns die Zettel in seinen Instrumenten und sein von Pierre Voëriot zu Paris 1562 gestochenes Porträt überliefert haben. Leider ist auf den ersteren nicht immer die Jahreszahl angegeben. Man kennt Geigen aus Bologna aus den Jahren 1511 und 1517 und eine trägt die Jahreszahl 1539 (von wo? wird nicht beigefügt). Nimmt man an, daß er die aus dem Jahre 1511 herrührende Geige, die bereits einen fertigen Meister zeigt, in seinem 30. Lebensjahre gemacht habe, so würde man mit Wahrscheinlichkeit sein Leben in die Zeit von 1480–1540 verlegen können, ohne daß freilich damit ein Hinausreichen über diese beiden Grenzmarken ausgeschlossen bliebe. Eine Anzahl seiner Instrumente sind aus Lyon datirt, andere mit der Königskrone und dem Salamander (Embleme Franz’ I.) geschmückt, wurden für die königliche Capelle von Frankreich angefertigt. Es bedarf aber, da sichere Angaben über Zeit und Ort ihrer Verfertigung nicht vorliegen, noch der Bestätigung, ob er in Paris selbst gearbeitet hat, und wenn dies der Fall, ob sein Pariser oder Lyoner Aufenthalt der Zeit nach voraus gegangen ist. Was das erwähnte Porträt anbelangt, so diente es insofern als Quelle, als es zur Meinung Anlaß gab, daß er im Jahre 1562 noch gelebt habe. Damit läßt sich jedoch das Alter, in welchem der Meister auf dem Bilde dargestellt ist, nicht gut vereinen, denn auf demselben erblicken wir ihn in der Vollkraft seiner Jahre und seines durch Zirkel und Geigenhals angedeuteten Schaffens, während er dazumal mindestens in den siebziger Jahren gewesen sein müßte. Dagegen gibt von dem Ansehen, dessen er sich bei seinen Zeitgenossen erfreute, die Thatsache, daß er porträtirt wurde, vollgültiges Zeugniß, da diese Ehre keinem der älteren Geigenbauer zu Theil geworden zu sein [455] scheint. Sein Geburtsort dürfte am ehesten in Baiern oder Tirol zu suchen sein, welche Länder an der großen Heerstraße lagen, die nach Italien führte.

Minder dürftig als seine äußeren Lebensverhältnisse ist das, was wir von Tieffenbrucker’s Schaffen wissen, denn von seinen Werken kommen auch aus dem Gebiete des eigentlichen Geigenbaues mehr und mehre an den Tag. Tiefe Einsicht in die Gesetze, welche den Ton bestimmen, und das Streben nach Vervollkommnung lassen sich daran eben so wenig verkennen, als Sorgfalt in der Wahl des Holzes und in der Ausarbeitung. Eine Eigenthümlichkeit der meisten seiner Instrumente bildet die äußere Ausschmückung, zu welcher Sculptur, Malerei und Holzeinlegung die Mittel lieferten. Man findet auf manchen derselben Oelgemälde nach berühmten Vorbildern – nach Raphael, Correggio, Andrea del Sarto, was zu dem Glauben verleitete, daß die beiden letzteren Meister ihm wol selbst hierin behülflich gewesen, auf anderen Intarsien von Städteplänen und Ansichten. Die Sorgfalt der Arbeit, die reiche Ausstattung, die angebrachten Wappen und Kronen – das alles deutet darauf hin, daß er vorzugsweise für die reiche und vornehme Welt gearbeitet haben mag. Bemerkenswerth sind übrigens noch die Inschriften, womit er einzelne seiner Instrumente an den Zargen versah, als welche er gerne seinen eigenen, auch auf dem Porträte befindlichen sinnigen Wahlspruch gebrauchte:

Viva fui in sylvis, sum dura occisa securi.
Dum vixi, tacui: mortua dulce cano.

Nach Kaspar Tieffenbrucker lebten aus dieser Familie noch Leonhard, Wendelin und Magnus,[1] letzterer bis in den Anfang des 17. Jahrhunderts als Lautenmacher, die sich zum Theil auch mit der Anfertigung von Violen der alten Art befaßten, in Italien.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 455. Z. 23 v. o.: In Bonn in Privatbesitz befindet sich eine Laute mit der Inschrift: „Uldrich Duiffoprugar Lutario A. 1521“. Also ein fünfter der Familie, mit Gaspar gleichzeitig. v. Wasielewski, Gesch. der Instrumentalmus. im 16. Jahrh. (1878) S. 31 Anm. 2. [Bd. 8, S. 795]