ADB:Drollinger, Karl Friedrich

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Artikel „Drollinger, Karl Friedrich“ von Jacob Achilles Mähly in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 414–415, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Drollinger,_Karl_Friedrich&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 15:03 Uhr UTC)
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Band 5 (1877), S. 414–415 (Quelle).
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Drollinger: Karl Friedrich D., deutscher Dichter, wurde geboren zu Durlach in Baden am 26. Decbr. 1688 und starb zu Basel am 1. Juni 1742 als baden-durlachischer Hofrath und geheimer Archivar, als welcher er neben dem Archiv seines Regentenhauses auch die übrigen seit Einäscherung Durlachs durch die Franzosen (1689) im markgräfischen Hofe zu Basel aufbewahrten Schätze zu überwachen hatte. D. war im J. 1703 nach dem freundlich benachbarten Basel übergesiedelt, um sich dort namentlich dem Studium der Rechte zu widmen und blieb von da an dieser Stadt, auch in der Gesinnung, treu. Er erfreute sich hier in Folge sowol seines liebenswürdigen Charakters, als auch seiner gelehrten, ja gradezu seltenen Kenntnisse einer ebenso ausgedehnten als ausgewählten Bekanntschaft, doch ist es hauptsächlich die deutsche Litteratur, der er seinen Namen, die ihm hinwiederum einen nicht unbedeutenden Antheil an ihrer Fortentwicklung verdankt. In den Anfängen seines poetischen Schaffens zwar hatte sich D. noch an die Dichter der schlimmen Zeit, an Hofmannswaldau und Lohenstein, gehalten, erst später, nachdem er mit Besser’s und Canitzens Schriften bekannt geworden, wandte er sich grundsätzlich von jenen ab und suchte seine Vorzüge hauptsächlich in würdigen Gegenständen und in gedrungener Kürze des Ausdrucks, ohne deswegen die Nachwirkungen der ersten Schule in seinen späteren Gedichten völlig verwischen zu können. Dazu gehört, neben dem Haschen nach gesuchter Ungewöhnlichkeit, die vorzugsweise Pflege der ceremoniellen Gelegenheitspoesie, d. h. der dienstwilligen Verherrlichung alltäglicher Vorkommenheiten oder gewöhnlicher Persönlichkeiten in überschwänglichen Phrasen. Und merkwürdig genug: der gleiche D. spottet über diese Unsitte in den Versen: Ists möglich, daß ihr euere Leyer bei einer jeden Kirchweih trillt? „Ists möglich, daß von solchem Feuer auch nur die kleinste Ader schwillt? etc.“ Als Neuerer aber, als Mann des Fortschritts zeigt sich D. in seiner Stellung als Mittelglied zwischen Deutschland und der Schweiz, beispielsweise zwischen dem Hamburger Brockes und dem Schweizer Albrecht v. Haller. Er war, wie W. Wackernagel dies schön ausdrückt, „ein Widerhall von Brockes, aber verschönt und vergeistigt; von Haller ein starker Vorklang, dessen Herold, man könnte sagen ein Haller vor Haller“. An gedrungener Kürze, wie an Tiefe der Gedanken mag ihn Haller übertreffen, an Wohllaut und Reinheit des Ausdrucks steht er diesem gleich. Als Vorläufer Haller’s ist D. auch ein Verbündeter der Zürcher Kritiker. Für beides dienen als Zeugniß ganz besonders seine drei Oden: „Lob der Gottheit“ (für welche er 1733 in die „Deutsche Gesellschaft“ aufgenommen wurde), „Ueber die Unsterblichkeit der Seele“ und „Ueber die göttliche Fürsehung“ – Gesänge, in welchen eine warme, stellenweise glühende Begeisterung aufs schönste mit den Gesetzen des logischen Zusammenhanges harmonirt. Ein Einwirken englischer Muster, zuvörderst Pope’s (von welchem D. mehreres, als umfangreichstes dessen Versuch von den Eigenschaften eines Kunstrichters in ungebundener Rede übersetzte), ist unverkennbar. Bei diesem, auch auf Seite der Negation und Satire sichtbaren Zusammengehen mit den Zürchern mag es befremdend scheinen, wenn D. gelegentlich dem Antipoden der Limmatkritiker, Gottsched, einer Art Huldigung darbringt, als „dem Mann, den Phöbus kennt und liebt“. Aber Gottsched war ja Vorsteher jener „Deutschen Gesellschaft“ zu Leipzig, welche D. zu ihrem Mitgliede aufnahm und durfte als solcher schon mit einer kleinen Freundlichkeit bedacht werden. Wie wenig Pedant D. war, hat er aufs ergötzlichste bewiesen in seiner witzigen Polemik gegen die Strenge des Reims (siehe sein poetisches Sendschreiben an Spreng), wo es unter anderem heißt: „Und wenn dies alles überstanden, so kommt der Reim zu unserer Qual und macht oft mehr als zwanzig Mal Vernunft und Einfall erst zu Schanden. Der Reim ist, was bei Kriegeszeiten der Werbungstrommel wilder Ton; ihm folgt ein Schwarm von [415] schlechten Leuten, die besten bleiben stets davon. Oh! möchte doch ein deutsches Ohr sich von dem Schellenklang entwöhnen“ etc. Von schlagender Wirkung, ebenso wahr als witzig ist auch sein Gedicht von der „Tyrannei deutscher Dichtung“, besonders wo er dem schwerfälligen Alexandriner auf den Leib geht. Wer die damalige, das ganze Zeitalter bezeichnende, Unbeholfenheit in Dingen des Witzes und der Laune kennt, kann nicht anders, als dieser rühmlichen Ausnahme seine volle Anerkennung zollen. Dieselbe Ader körnigen Salzes zieht sich auch durch Drollinger’s Epigramme und Fabeln. Leider ist seine Muse nicht eben eine fruchtbare; in Drollinger’s Gunst und Zeit theilten sich noch eine Anzahl anderer Gegenstände: künstlerische und antiquarische Liebhabereien, namentlich aber ein eiserner Amtsfleiß (wenn auch das Glossarium, das er für die Zeit Rudolfs von Habsburg soll angelegt haben, ins Reich der Fabel zu gehören scheint). Seine Gedichte „samt andern dazu gehörigen Stücken“ hat gesammelt J. J. Spreng, Basel 1743.

W. Wackernagel, C. Fr. Drollinger, eine akadem. Festrede, Basel 1841. H. Hettner, Geschichte der deutschen Litteratur 1. Buch S. 339 ff.