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Artikel „Dobrizhoffer, Martin“ von Friedrich Ratzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 735–736, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dobrizhoffer,_Martin&oldid=- (Version vom 4. Dezember 2024, 06:39 Uhr UTC)
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Dobrizhoffer: Martin D., Missionar und Ethnograph, geboren am 7. September 1717 wahrscheinlich in Steiermark (nicht in Freiberg in Mähren), trat 1734 in die Gesellschaft Jesu zu Wien ein und wurde im Jahre 1748 nach Südamerika gesandt, wo er, nach seiner eigenen Angabe, 18 Jahre als Missionar, davon 7 unter den Abiponern, dann unter den Guaranistämmen Paraguays lebte. Er war Zeuge und Opfer der Aufhebung des Jesuitenordens und der Vertreibung der Jesuiten aus Paraguay. 1768 landete er mit einer größeren Anzahl von Ordensbrüdern bei Cadiz. Nach der Rückkehr weilte er in verschiedenen Theilen von Europa, zuletzt als Weltpriester in Wien, wo er am 17. Juli 1791 starb. 1784 gab er sein großes, 1778 vollendetes Werk: „Historia de Abiponibus, equestri bellicosaque Paraquariae natione, locupletata copiosis barbarorum gentium, urbium, fluminum, ferarum, amphibiorum, insectorum, serpentium praecipuorum, piscium, avium, arborum, plantarum aliarumque ejusdem provinciae proprietatum observationibus“ (Wien 1784, 3 Bde.) heraus. Von diesem Werk erschien in demselben Jahr zu Wien eine deutsche Ausgabe, 1821 zu London eine englische. Bis zu dem großen Werke von Felix de Azara, das ein Vierteljahrhundert später erschien, war Dobrizhoffer’s Werk die reichste und sicherste Quelle zur Kenntniß Paraguay’s. Der erste Band gibt eine allgemeine physische und politische Beschreibung des Landes und seiner Nachbargebiete, zugleich mit zahlreichen Angaben über die Geschichte der Niederlassungen der Jesuiten in Paraguay und überhaupt der spanischen Colonien im La Plata-Gebiet. Von besonderem Werth sind seine Berichte über eine eigene größere Reise zu den Mbaeverá am rechten Ufer des Acaraý und über die Reisen der Patres Strobel und Cardiel von 1745 in Patagonien. Der zweite und dritte Band sind wesentlich der Völkerschilderung gewidmet; beide beschränken sich indessen nicht auf das Land der Abiponer und auf Paraguay, sondern bringen eine große Zahl von Beiträgen [736] zur Geographie, Naturgeschichte und Völkerkunde, zur politischen und Missionsgeschichte des gemäßigten Südamerikas. D., der ein sehr gründlicher und kritischer Gelehrter und scharfer Beobachter war, – seine Urtheile über die Bücher und Karten zur Geographie des La Plata-Gebietes im ersten Band sind, soweit man sie heute prüfen kann, gut begründet, – hat sich mit großer Liebe besonders in die Sprache der Abiponer vertieft, über die er verschiedene handschriftliche Arbeiten (Wörterbuch, Predigten u. a.) hinterließ. 1780 brachte Murr’s Journal zur Kunstgeschichte von ihm auch einige Mittheilungen über die Guaranisprache. Dobrizhoffer’s „Geschichte der Abiponer“ ist eine Völkerschilderung von bleibendem Werth; in dem südamerikanischen Reitervolke zeichnet sie einen jetzt verschwundenen Typus. Bemerkenswerth ist die hohe Gegenständlichkeit und das absolute Fehlen der damals zeitgemäßen ethnographischen Schönfärberei und Empfindsamkeit. Außerdem gehört das Buch zu den Quellenwerken für die Missionsgeschichte Südamerikas.

Eigene Angaben Dobrizhoffer’s im ersten Band seines Hauptwerkes und in v. Murr’s Journal zur Kunstgeschichte, 1780. – v. Wurzbach’s Biogr. Lexikon III (hier nicht ganz zuverlässig).