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Artikel „Dirksen, Eduard“ von Theodor Muther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 253–254, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dirksen,_Eduard&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 16:20 Uhr UTC)
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Dirksen: Heinrich Eduard D., Jurist, geb. 13. Sept. 1790 zu Königsberg i. Pr., erhielt seine wissenschaftliche Vorbildung auf dem altstädtischen Gymnasium daselbst und bezog 15½ Jahre alt die Albertusuniversität. Nachdem er hier zwei Jahre dem Studium der Philosophie und der alten Sprachen gewidmet hatte, ging er Ostern 1808 nach Heidelberg und begann vornehmlich unter Thibaut das Rechtsstudium. Zur Zeit der Eröffnung der Berliner Universität (Sommer 1810) begab er sich dorthin, besonders um v. Savigny zu hören. Am 27. Mai 1812 zum Doctor der Rechte promovirt, erhielt er fast gleichzeitig eine Anstellung als außerordentlicher Professor der Rechter an der Königsberger Universität. 1817 ordentlicher Professor und in demselben Jahr Ehrendoctor der Königsberger philosophischen Facultät. 1825 geheimer Justizrath. D. erfreute sich in Königsberg als akademischer Lehrer großen Beifalls, genoß in akademischen und nichtakademischen Kreisen hohes Ansehen und lebte in ungetrübtem Familienglück (verheirathet 1817 mit Wilhelmine geb. Toussaint, fünf Kinder). Aber er trug Verlangen nach einem größeren Wirkungskreis. Und so verließ er denn Sommer 1829 Königsberg mit Urlaub, um zunächst in den böhmischen Bädern Heilung von einem Hämorrhoidalleiden zu suchen, dann aber ließ er sich zu Berlin nieder. Er hoffte, gestützt auf eine frühere Verheißung des königl. Ministeriums, eine Lehrerstelle an der dasigen Universität zu erhalten. Als er fand, daß keine Neigung vorhanden sei, sein Verlangen zu erfüllen, forderte er seine Amtsentlassung als Königsberger Professor, die ihm mit ⅝ seiner etatsmäßigen Besoldung als Wartegeld im September 1830 gewährt wurde. Seit 1833 indeß hielt er an der Berliner Universität zunächst als Privatdocent – im Lectionsverzeichniß unter einer besonderen Rubrik als Professor Regimontanus aufgeführt, später (seit 1841) als Mitglied der königl. Akademie der Wissenschaften civilistische Vorlesungen. Es schwebt ein gewisses Dunkel über dem Umstand, daß man D. nachhaltig den Eintritt in die Berliner Juristenfacultät weigerte, nicht weniger aber auch darüber, daß D., dem es nicht schwer fallen konnte, an einer anderen größeren deutschen Universität einen Wirkungskreis zu finden, sich hartnäckig auf Berlin steifte. Zur Erklärung der letzteren Thatsache reicht schwerlich aus, daß D. wegen seiner verwandten Richtung gewünscht habe, in der Nähe Savigny’s zu wirken und dies um so weniger, als von den Freunden Dirksen’s zur Aufhellung des ersteren Umstandes angedeutet wird: „War es vielleicht nur ein übergroßer Schuleifer einem Gelehrten gegenüber, der kein orthodoxer Anhänger Savigny’s zu sein schien?“ Späteren Zeiten bleibt es vorbehalten mit mehr Unbefangenheit, als es gegenwärtig möglich ist, das wissenschaftliche und persönliche Verhältniß der beiden Gelehrten zu einander zu betrachten und das Räthsel zu lösen. D. starb, nachdem 1866 seine Gattin ihm vorangegangen war, am 10. Febr. 1868. Er hat um die Bearbeitung des Römischen Rechts als Rechtshistoriker, Kritiker und Ausleger der Quellen sowie als Lexikograph sich ausnehmende Verdienste erworben. Nicht ohne ein in Thibaut’s Schule angeregtes lebhaftes Interesse für dogmatische Rechtsstudien, ging doch seine Hauptneigung auf Verbindung der Philologie mit der Jurisprudenz, [254] auf Verwerthung der Fortschritte der Alterthumskunde für die Rechtswissenschaft. Dirksen’s Forschung ist überall methodisch streng, mitunter beinahe peinlich, seine Kritik scharf, bisweilen vielleicht zu sehr auf das Gewinnen blos negativer Resultate gerichtet und sich mit diesen zufrieden gebend. Sanio, der vertraute Schüler und Biograph Dirksen’s sagt: „D. gehörte zu denjenigen Gelehrten, welche abwärts von der Heerstraße mit Anstrengung eine neue Bahn zu brechen bestrebt sind, … überall bereit auch bei seinen Gegnern deren beifallswerthe Leistungen als solche anzuerkennen und … gewissenhaft darauf zu verweisen … unbekümmert um die Gunst einer Partei und in entschiedener Opposition gegen jede litterarische Gevatterschaft. Und diese seine litterarische Gesinnung wurzelte in dem sittlichen Gehalt seines Charakters, welcher sich durch unerschütterliche Festigkeit, durch strenge Wahrhaftigkeit, durch Gerechtigkeitsliebe, wie auch durch echte Humanität auszeichnete.“ Von den zahlreichen Schriften Dirksen’s nennen wir blos: „Bruchstücke aus den Schriften der Römischen Juristen“ (1814); „Civilistische Abhandlungen“, 2 Bde. (1820); „Versuche zur Kritik und Auslegung der Quellen des Römischen Rechts“ (1823); „Uebersicht der bisherigen Versuche zur Kritik und Herstellung des Textes der Zwölf-Tafel-Fragmente“ (1824); „Beiträge zur Kunde des Römischen Rechts“ (1823); „System der juristischen Lexikographie“ (1834); „Manuale latinitatis fontium iuris civilis Rom. thesauri latinitatis epitome in usum tironum“ (1837), das verdienstvolle Hauptwerk Dirksen’s, welches in der Geschichte der juristischen Lexikographie als epochemachend dasteht; „Vermischte Schriften“ (1841); „Hinterlassene Schriften zur Kritik und Auslegung der Quellen Röm. Rechtsgeschichte und Alterthumskunde“, herausgegeben von F. D. Sanio. 2 Bde. (1871).

Eine vortreffliche Biographie mit eingehender Analyse der litterarischen Publicationen Dirksen’s bietet: F. D. Sanio, Zur Erinnerung an H. E. Dirksen (1870).