ADB:Dietrich II. (Erzbischof von Trier)

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Artikel „Theodorich II., Erzbischof von Trier“ von Gottfried Kentenich in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 686–687, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dietrich_II._(Erzbischof_von_Trier)&oldid=- (Version vom 3. November 2024, 22:45 Uhr UTC)
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Theodorich II., Erzbischof von Trier (1212–42), entstammte dem mächtigen Geschlechte der Grafen v. Wied, welches schon 1151 auf den Kölner Bischofsstuhl gelangt war. Theodorich’s Regierung erscheint in mancher Hinsicht als ein Ausbau der von seinem thatkräftigen Vorgänger gewiesenen Wege. Dieser, Johann I., hatte sich der erzstiftischen Vogtei der Pfalzgrafen entledigt, seine Residenz neu befestigt und eine Reihe von Dynasten zur Anerkennung der Vasallität gebracht. Bleibende Zeugnisse seiner thatkräftigen und umsichtigen Verwaltung des Trierer Erzstiftes sind einmal das Verzeichniß seiner Erwerbungen, anderseits die Uebersicht der Güter und Gefälle des Erzstifts, welche unter ihm angelegt wurde, der sogenannte liber annalium iurium archiepiscopi Trevirensis. Gleich seinem Vorgänger erwarb Th. dem Erzstift eine Menge Allode, um sie den früheren Eigenthümern als Lehen zurückzugeben und sie so an sich zu fesseln. Zur Sicherung seines Territoriums erbaute er gegen den gewaltthätigen Grafen von Nassau die Feste Montabaur, welche Jahrhunderte hindurch dem Erzstift eine gute Grenzwehr gewesen ist, gegen den unruhigen Ritter Rudolf v. Malberg errichtete er Kyllburg: den Grafen Walram von Luxemburg, der wiederholt das Erzstift schädigte, traf die Excommunication. Die angedeuteten Bemühungen Theodorich’s, welche im letzten Ende der Kräftigung der Territorialhoheit des Erzbischofs dienten, erhielten eine mächtige Förderung durch die bekannte confoederatio cum principibus ecclesiasticis vom Jahre 1220, die mit ihren weitgehenden Zugeständnissen an die in unaufhaltsamer Fortentwicklung begriffenen geistlichen Territorialgewalten auch dem Trierer Erzbischof zu Gute kam. Th. hat sich für die Gnade, welche Friedrich II. den geistlichen Fürsten zu Theil werden ließ, dauernd dankbar erwiesen. In der Förderung des Reiches, als dessen rechte Lenker ihm die Staufer erschienen, hat er seinem eigenen Wohle am besten zu dienen geglaubt. Als im J. 1239 der Streit zwischen Friedrich II. und Papst Gregor IX. ausbrach und der Papst zum Abfall vom Kaiser aufforderte, da hat Th. trotz päpstlicher Excommunication diesem die Treue gehalten und ist, anders als Konrad von Hochstaden und Sigfrid von Mainz, in dieser Gesinnung fest geblieben bis zum letzten Athemzug. Dem den Staufern freundlich gesinnten Orden der Deutschritter ermöglichte Th. die Niederlassung in Coblenz. Bedeutet die Regierung Theodorich’s einmal eine Förderung der Territorialherrschaft des Trierer Erzbischofs, so hat er anderseits selber den Grundstein zu der Institution gelegt, welche, wie in anderen Territorien, so auch im Erzstift Trier der Herrschergewalt der Erzbischöfe tiefgreifende Schranken setzen sollte. Gleich Johann I. lebte er mit seinem Domcapitel in Eintracht. Die Bewegung, welche schließlich auf das alleinige Wahlrecht der Domcapitel hinausläuft, ist von ihm nicht wenig gefördert worden. Die Interessen des dadurch von der wichtigsten politischen Handlung des Territoriums ausgeschlossenen Adels wußte er dadurch zu entschädigen, daß er die Abschließungsbestrebungen des Trierer Domcapitels nach unten und die Besetzung der Kanonikate durch die zweit- und drittgeborenen Söhne des Adels unterstützte. Der Erfolg seiner Politik war, daß einmal sein Neffe vom Domcapitel zu seinem Nachfolger gewählt wurde, anderseits aber das Domcapitel sich bald gegen das Erzstift selber kehrte. Wenige Tage nach dem Ableben Theodorich’s schlossen unter der Führung des Domes die wichtigsten Stifter der Diöcese, die Stifter der Stadt Trier, einen Landfriedensbund. Man darf diese Einung als den Grundstein der späteren Institution der Landstände des Erzstifts Trier ansehen. Ein Zeichen des guten Einvernehmens zwischen Erzbischof und Capitel ist auch, daß Th. es unternehmen konnte, das gemeinschaftliche Leben unter den Kanonikern wiederherzustellen. Eine im J. 1245, also 3 Jahre nach [687] Theodorich’s Tod abgefaßte Liste des Dienstpersonals des Trierer Domcapitels zeigt uns, daß damals fast die ganze Bedienung gemeinschaftlich war. Ein dauerndes Erinnerungszeichen der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Capitel und Erzbischof ist der herrliche Domkreuzgang, der in Theodorich’s Zeit fällt. – Die versuchte Wiederherstellung des gemeinsamen Lebens unter den Kanonikern des Domstifts ist nur ein Glied in der Kette der Bemühungen des Erzbischofs um die Hebung des geistigen und religiösen Lebens in seiner Erzdiöcese. Diesem Zwecke diente die Ansiedelung der Bettelorden in Trier, die Berufung eines Schülers von St. Victor, des Abtes Absalon von Springiersbach, sowie nicht zuletzt eine Provincialsynode, deren Acten uns überliefert sind. So steht Th. vor uns als eine zielbewußte, innerliche Persönlichkeit. Ein dauerndes Denkmal seiner Feinsinnigkeit ist die Liebfrauenkirche in Trier, die man mit Recht ein Juwel der Frühgotik auf deutschem Boden genannt hat. Der Bau wurde noch unter seiner Regierung begonnen. Sein Biograph sagt, daß er den Frieden geliebt habe. Dem entspricht es, wenn wir Th. wiederholt im Auftrage des Kaisers als Vermittler thätig sehen, anderseits wirft diese Charakteristik ein eigenartiges Schlaglicht auf den Kampf zwischen Kaiser und Papst, wenn wir Theodorich’s Stellungnahme in diesem Kampf betrachten.

Gesta Trevirorum (M. G. SS. XXIV, 398 ff.) – Beyer, M. U. B. III, 1 ff. – Goerz, Regesten der Erzbischöfe von Trier, S. 31 ff. – Brower und Mesen, Annales II, 114 ff. – Blattau, Statuta synodalia I, 32 ff. – Marx, Geschichte des Erzstifts Trier IV, 26 ff. – Zeitschr. f. christliche Kunst XIV. – R. Knipping, Die Baugeschichte des Deutschordenshauses zu Coblenz. Leipzig 1907.