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Artikel „Crusius, Johann Paul“ von Wilhelm Scherer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 632–633, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Crusius,_Johann_Paul&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 15:09 Uhr UTC)
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Crusius: Johann Paul C., lateinischer Dramatiker und Epigrammatiker. Geb. 1588 zu Straßburg, studirte er zu Straßburg und Halle, hielt sich ein Jahr lang in Paris auf, war 1613–1627 Professor am Straßburger protestantischen Gymnasium, dann bis zu seinem Tode 1629 Professor der Poesie an der Universität daselbst. – Seine Tragödie „Croesus“ (1611) entnimmt ihren Stoff aus Herodot; sein „Heliodorus“ (1617) aus dem 2. Buch der Macchab. Cap. III. Beide Dramen sind auf dem Straßburger akademischen Theater aufgeführt, jenes von Fröreysen, dieses von Eck[WS 1] handwerksmäßig ins Deutsche übertragen. – Der Heliodor ist ein frömmelndes, zur Verherrlichung der Geistlichkeit geschriebenes Stück. Wenn irgendwo, so haben hier die Jesuitenschauspiele Einfluß gewonnen. Die göttliche Stimme, Engel, Himmelserscheinungen und alle möglichen allegorischen Figuren bemühen sich oftmals und zum Theil ganz unnöthig, in die menschlichen Schicksale einzugreifen. Die Handlung schließt damit, daß „Gewissen“ und „Buße“ die „Habsucht“ als Opfer fortschleppen. Und die Habsucht bezieht sich auf die Tempelschätze. Man glaubt eine katholische Tendenzschrift vor sich zu haben, worin diejenigen auf ihre Lasterhaftigkeit und die ihnen drohende himmlische Rache aufmerksam gemacht werden sollen, welche dem Klerus seine aufgehäuften Reichthümer nicht gönnen. Das Stück verdankt vielleicht einem bestimmten localen Anlasse seine Entstehung. – C. hat den undramatischen Stoff durch Einflechtung einer Nebenhandlung zu heben gesucht, worin alle möglichen an sich fruchtbaren, wenn auch nicht immer dramatisch fruchtbaren Motive vereinigt sind: Kriegsleben und Freibeuterei, Quälerei und Ueberlistung, der bestrafte wilde Jäger, der vornehm gewordene und nun aus Rand und Band gerathene Bauer, die Rachsucht verschmähter Liebe, die verläumderisch angeklagte Unschuld: alles aber nur oberflächlich berührt, nichts ausgearbeitet und erschöpft. Dennoch versteht C. einzelne Scenen effectvoll und mit einer gewissen Steigerung zu bauen. Und starkes Familiengefühl führt ihn im zweiten Act zu einer recht schönen Wirkung: Heliodors Frau wird uns in ihrer Häuslichkeit, umgeben von ihren Kindern, umdrängt von deren eifersüchtigen Liebkosungen gezeigt. Der jüngste Knabe tummelt unter dem beifälligen Lächeln der Mutter sein Steckenpferd, die beiden älteren lassen sich wetteifernd aus ihren Büchern die Lection überhören, das Töchterchen soll dem Vater das Taschentuch „fein künstlich umnähen“. Es folgt [633] eine sehr entscheidende und bewegte Scene, die nun vortrefflich contrastirt: Heliodors verhängnißvoller Abschied trotz den Warnungen seiner Frau, trotz den Bitten der Kinder.

Vgl. Straßburgischen Gymnasii Christl. Jubelfest (1641). S. 299. Strobel, Histoire du gymn. protest. de Strasb. p. 124. 152. Goedeke S. 136. 417. 418.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Georg Eck, Student der Theologie in Straßburg.