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Artikel „Crusius, Balthasar“ von Wilhelm Scherer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 629–630, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Crusius,_Balthasar&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 13:09 Uhr UTC)
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Crusius: Balthasar C., Theolog und lateinischer Dramatiker aus Werdau, studirte in Leipzig und Tübingen, war 1591 Rector zu Chemnitz, ward 1595 Rector zu Schneeberg, 1598 Pastor zu Syra, † 1630 im achzigsten Jahre seines Alters, nachdem er lange vorher abgedankt hatte. – Außer Gelegenheitsschriften, einer griechischen Uebersetzung lateinischer Kirchenhymnen u. a. besitzen wir von ihm drei Dramen: die Comödie „Tobias“ (1585) und die sogenannten Tragödien „Exodus“ (1605) und „Paulus naufragus“ (1609). Er zeichnet sich unter den Dramatikern Deutschlands aus durch die entschiedene Ueberzeugung und Consequenz, womit er die Einheit der Zeit und des Ortes im Drama vertritt. Er thut es theoretisch nach dem Beispiel von Scaliger und Schofferus mit Berufung auf Theorie und Praxis der Alten, in seinen Vorreden und in einem besonderen Tractate „De dramatibus“ (1609). Er thut es praktisch in seinen eigenen dramatischen Versuchen, denen man im übrigen allerdings wenig nachrühmen kann. Die selbstauferlegte Beschränkung hat ihn auf allen Seiten gehindert. Mühsam füllt er seine fünf Acte. Unaufhörlich wiederholen sich dieselben Motive. Im „Tobias“ lungert Satan fortwährend auf der Bühne umher und sucht Unheil zu stiften. Die Frau des Tobias, welche uns sonst nur von der Sehnsucht nach ihrem Sohne unterhält, wird in der That einmal wankend im Glauben; aber das einfachste Gebet ihres Mannes genügt, um diesen einzigen auftauchenden Schatten eines Conflictes sofort zu verscheuchen. Das komische Element wird durch allerlei Gesinde repräsentirt: eine vergeßliche Magd, zwei faule Diener, welche zusammen kneipen, spielen und sich prügeln. – In den beiden Tragödien ist der Chor eingeführt. In der „Exodus“, welche dem „Moses“ von Kasper Brülow (s. d.) zu Grunde liegt, sind verschiedene ganz gute Motive recht schlecht verwendet: fast nur die Schlußscene mit Pharao’s leidenschaftlichem Drängen zum Aufbruch einigermaßen dramatisch bewegt. Das dritte Stück war zum 200jährigen Jubiläum der Universität Leipzig bestimmt und wählte seinen Stoff „Paulus auf Melite“ (Apostelgesch. 28), mit Rücksicht auf das Collegium Paulinum und ein Bild in der Paulinerkirche zu Leipzig, welches denselben Gegenstand darstellte. Daß damit keine dramatischen Wirkungen zu [630] erzielen waren, ist klar. Der Epilog polemisirt gegen die Jesuiten und ihre Prahlerei mit übernatürlicher Heilkraft.

Adelung. Dunkel, Hist. krit. Nachrichten von verstorb. Gel. 2, 260.