ADB:Colloredo-Waldsee, Hieronymus Graf von

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Artikel „Colloredo-Waldsee, Hieronymus Graf von“ von Franz Valentin Zillner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 416–417, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Colloredo-Waldsee,_Hieronymus_Graf_von&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 21:14 Uhr UTC)
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Colloredo-Waldsee-Mels: Hieronymus Joseph Franz C., Graf, Fürstbischof von Salzburg, legatus natus des apostolischen Stuhles, Primas von Deutschland, stammte aus der österreichisch-böhmischen Linie dieses Hauses, die auch den Namen Mannsfeld annahm, in welcher der Fürstenstand nach dem Rechte der Erstgeburt forterbte. Hieronymus, der Bruder zahlreicher Geschwister, wurde geboren zu Wien 31. Mai 1732, Domherr zu Salzburg 1747 und zu Passau, war durch mehrere Jahre Zögling des collegium germanicum zu Rom, nach seiner Rückkehr auch Pfarrer zu Staatz in Niederösterreich, eine Zeit lang Propst zu St. Moritz in Augsburg, seit 1759 vom Kaiser zum auditor rotae romanae für die deutsche Nation ernannt, im J. 1762 Bischof von Gurk in Kärnthen, endlich 14. März 1772 nach dreizehn Abstimmungen zum Erzbischof von Salzburg erwählt. Er flüchtete am 10. Dec. 1800 vor den anrückenden Franzosen nach Brünn, dann nach Wien, legte in Folge des am 28. Nov. 1802 zu Regensburg zu Stande gebrachten Reichsdeputationshauptschlusses am 11. Febr. 1803 die weltliche Regierung des Erzstiftes nieder und starb am 20. Mai 1812 zu Wien, wo er in der St. Stephanskirche bestattet ist. Ein Mann von hellem Verstande, ein Reformer in kirchlichen und staatlichen Dingen, ein Wächter seiner weltlichen und geistlichen Hoheitsrechte, mäßig, arbeitsam, sparsam, hob er den geistigen und finanziellen Zustand des Erzstiftes mit Nachdruck, erwarb hohe Achtung durch seine Eigenschaften als Regent, ohne jedoch die Liebe seiner Unterthanen zu gewinnen. Selten entging seinem Scharfblicke bei der Anstellung von Beamten ein offener Charakter und natürlicher Verstand, die er höher schätzte als Unterwürfigkeit und gelehrte Rede. Um tüchtige Männer für die Fächer der Theologie, der Justiz und Regierung, des Finanz-, Berg- und Forstwesens heranzubilden, wurden, zum Theil mit Unterstützung der Landschaft, Salzburger Landeskinder nach Rom, Göttingen, Gießen, Mainz, Paris, in die Bergwerke von Ungarn und Sachsen, an das Reichsgericht zu Wetzlar, zum Reichshofrath nach Wien, in die Forstanstalten am Rhein, auf die Reichstage, in die Hansestädte gesendet, aber auch Ausländer angestellt oder befördert. Es wirkten daher in Salzburg zur Zeit dieses Fürsten viele nicht unbedeutende Männer und wurde die Stadt und der Hof von auswärtigen Gelehrten besucht. Von Kleinmayrn, Zauner, Koch-Sternfeld, Baron Moll, Hartenkeil, Hübner, Winkelhofer, Sandbichler, Bönike, d’Outrepont zierten die norische Gelehrtenrepublik an der Salzach. Es erschienen die oberdeutsche Staatszeitung, ein Intelligenzblatt, eine Litteraturzeitung, die medicinisch-chirurgische Zeitung, die Nebenstunden des Berg- und Hüttenmannes nebst andern periodischen Blättern. „Noch vor nicht langer Zeit hat Salzburg in Süddeutschland durch Aufklärung und Gelehrsamkeit eine vorzügliche Stelle behauptet“, bemerkte der k. bairische Hofcommissär Graf Preising bei der Uebernahme des Landes im J. 1810. Dagegen die Unterstützung, die Hieronymus den Künsten angedeihen ließ, beschränkte sich auf ein sehr bescheidenes Maß, und bekannt ist, in welch brutaler Weise das Ehrgefühl Mozart’s verletzt und derselbe zur Auswanderung genöthigt wurde. Zur Feier des 12. Jahrhunderts der Salzburger Kirche erließ Hieronymus den berühmten, fast in alle europäischen Sprachen übersetzten Hirtenbrief vom 29. Juni 1782. Entfernung alles überflüssigen Kirchenschmuckes, aufrichtige Pflege der Nächstenliebe, Erkenntniß der Naturkräfte von Seite des Landmannes, Verbindung des Religionsunterrichtes mit Hinweisung auf die Naturvorgänge, getreues, redliches, uneigennütziges, nicht handwerksmäßiges Wirken der Seelsorger, fortwährendes Studium derselben, um [417] sich die nothwendigen und wünschenswerthen Kenntnisse zu erwerben, Herzensgüte, Anstand, Edelmuth, Mäßigung wurden dem Klerus empfohlen und durch zahlreiche Consistorialverordnungen eine Vereinfachung des Gottesdienstes, Beschränkung der Wallfahrten, Octaven, auswärtigen Trauungen, Ablässe, Sporteln, Einführung besserer Gebetbücher etc. zu erreichen gesucht. Es wurde das Bibellesen empfohlen, die Zahl der Seelsorgerposten namhaft vermehrt, im Priesterhause eine neue Studienordnung eingeführt etc. C., wie damals auch viele andere deutsche Bischöfe, bekannte sich zu den Febronianischen Lehrsätzen, und dies dürfte Veranlassung gewesen sein, daß die Gegner zunächst an die Errichtung eines Bisthumes zu Burghausen dachten, dem der große Antheil des Salzburger Sprengels in Baiern hätte unterworfen werden sollen. Auch die Begründung einer Nuntiatur zu München (1785) darf als ein Bollwerk gegen die gedachte Richtung aufgefaßt werden und traf den Salzburger Erzbischof in seiner Eigenschaft als Legaten und Oberen der Kirchenprovinz. Er säumte auch nicht gegen die Absendung eines Nuntius nach München Protest zu erheben und wollte denselben lediglich als päpstlichen Gesandten am kurfürstlichen Hoflager ohne andern Wirkungskreis anerkannt wissen. Des baierischen Schutzes sich getröstend, beschlossen die Erzbischöfe von Köln, Mainz, Trier und Salzburg ihre Diöcesanrechte mit allem Nachdrucke gegen die Nuntien von Köln und München zu wahren, nachdem bereits im J. 1778 eine salzburgische Replik an den Wiener Nuntius diesen veranlaßt hatte, beim Papste auf die Errichtung der Münchener Nuntiatur anzutragen. Auf einer Reise durch Deutschland nach den Niederlanden traf Hieronymus zu Bonn mit dem Kurfürsten von Köln zusammen und verweilte einen Monat zu Spaa, während Abgesandte der vier Erzbischöfe zu Ems die Punctation entwarfen, die im August 1786 unterzeichnet wurde. Allein der dabei zu Grunde gelegte Satz, daß die Bischöfe von Gott eingesetzt ihre Sprengel kraft selbständiger göttlicher Vollmacht regieren, fand beim Kaiser, dem hiebei das staatliche Recht zu wenig gewahrt schien, Bedenken. Die Bischöfe von Passau, Eichstädt, Hildesheim, Speier u. a. widersprachen lebhaft und so sah sich der Kaiser veranlaßt, ein Reichsgutachten einzuholen. Eine heftige litterarische Fehde entbrannte, der baierische Kurfürst schützte den Münchener Nuntius in der Ausübung seiner Verrichtungen, sich auf die durch den westfälischen Frieden erworbene Souveränetät in geistlichen Angelegenheiten berufend. Kurtrier, dann Mainz traten zurück, zuletzt stand Salzburg allein.

Die letzten dreißig Jahre des Hochstiftes Salzburg, 1816. Römische Nuntiaturen in Deutschland. Allg. Ztg. 5. Sept. 1875. Hirtenbrief von 1782.