ADB:Charpentier, Johann Friedrich Wilhelm von
[106] bei Errichtung der Bergakademie in Freiberg 1767 Ch. zur Uebernahme der Professur für Mathemaik und Zeichenkunst berufen wurde. Er benützte dabei die Gelegenheit, sich in den übrigen bergmännischen Fächern durch Besuch der Collegien Kenntnisse zu verschaffen. Ch. erscheint daher sowol unter den ersten Lehrern, wie ersten Zöglingen der Freiberger Bergakademie. Seit 1769 hielt Ch. auch Vorträge über Physik, dann 1776 über Wetterführung und die hiebei gebräuchlichen Maschinen. Als er 1773 zum Mitglied des Oberbergamtes und Bergcommissionsrath ernannt worden war, erlitt seine Lehrthätigkeit durch andere Berufsarbeiten und Reisen vielfache Störungen. Doch setzte er seine Vorlesungen bis 1784 fort und übertrug diese dann seinem Schüler Lempe. Im J. 1778 war Ch. zuerst mit der Schrift „Mineralogische Geographie der kursächsischen Länder“, einer sehr erschöpfenden und gründlichen Arbeit, in die Reihe der Schriftsteller getreten. Veranlaßt war dieses Werk durch einen Auftrag zur Herstellung einer Gebirgskarte von Kursachsen. Die Schrift enthält eine für die damalige Zeit, in der eben erst Werner in Freiberg aufgetreten war, ganz vortreffliche geognostische Beschreibung des Landes mit einer großen Karte, auf welcher durch verschiedene Farben die hauptsächlichsten Gesteine, z. B. Granit, Gneiß etc. unterschieden und die einzelnen Lager durch Zeichen kenntlich gemacht sind. Es ist dies eine der ersten mit farbiger Zeichnung versehenen Karten eines größeren Landes, aus der dann die spätere große geognostische Karte Sachsens von Naumann und v. Cotta herauswuchs. Der diese Karte begleitende Text läßt sich gleichsam als ein Vorläufer der Werner’schen Schule ansehen. Merkwürdig ist der Ausspruch Charpentier’s bezüglich der Entstehung des Basaltes, den er der fehlenden Schlacken wegen, entgegen der damals herrschenden Ansicht, für ein nicht vulcanisches Product hält; in Bezug auf die Entstehung der Gänge aber stellt er die Ansicht auf, daß sie nicht als Spaltenausfüllung, sondern als ein Erzeugniß der sich längs feiner paralleler Gesteinsrisse umbildenden Gesteinsmasse selbst angesehen werden müßten. Auch im Ausland erregte dieses Werk großes Aufsehen, sodaß auf Anregung des Hofraths v. Born in Wien durch Kaiser Joseph II. 1784 sein Adelstand renovirt wurde.
Charpentier: Joh. Friedr. Wilh. v. Ch., geb. 24. Juni 1728 in Dresden, † 27. Juli 1805 in Freiberg, berühmter Berg- und Hüttenmann, Gebirgsforscher und Mineralog, welcher in seltener Vollkommenheit theoretisches Wissen mit dem Geschicke praktischer Ausführung verband, daher sowol als Gelehrter und Lehrer, wie als Beamter in seiner Stellung an der Spitze des sächsischen Berg- und Hüttenwesens in gleich hervorragender Weise thätig war. Einem altadelichen, schon lange in Deutschland ansässigen Geschlechte aus der Normandie entsprossen, erhielt Ch. als Sohn eines Hauptmannes in seiner Vaterstadt Dresden seine erste Bildung, studirte dann in Leipzig die Rechtswissenschaft und trieb zugleich mit besonderer Vorliebe Mathematik. Daher kam es, daßCh. stieg von da an rasch in dem höheren Berg- und Hüttendienst, zuerst vom Bergrath 1785 zum Viceberghauptmann 1800 und erhielt 1802 endlich die oberste Leitung des[WS 1] Montanwesens in Sachsen als Berghauptmann. Seine praktische Thätigkeit war besonders auf die Einführung der verschiedenen Verbesserungen im Hüttenwesen gerichtet, die er auf seinen vielen Reisen hatte kennen gelernt. Es ist Charpentier’s großes Verdienst, daß 1785 auch in Sachsen die in Ungarn eingerichteten großen Amalgamirwerke eingeführt wurden, die er in seinen Schriften: „Neue Aufbereitung der Erze in Kremnitz“ und „Gang der Amalgamirwerke in Sachsen“, erläuterte. In den „Beobachtungen über die Lagerstätte der Erze“ 1799 lieferte er eine Gegenschrift zu Werner’s kurz vorher erschienenen Abhandlung: „Ueber Entstehung der Gänge“, welche besonders durch die vortrefflichen naturgetreuen Abbildungen einiger Gangverhältnisse als eine hervorragende Leistung bezeichnet zu werden verdient. Ueberhaupt nahm Ch. in der damals durch Werner neubegründeten und rasch aufblühenden Geognosie, obwol er in seinen Werken sehr vorsichtig urtheilte und in seinen Ansichten sehr bescheiden sich zeigte, dem jüngeren, aber viel bestimmter auftretenden Werner gegenüber eine gewisse rivalisirende Stellung ein. Dies trat besonders scharf in seiner Schrift: „Beiträge zur geognostischen Kenntniß des Riesengebirgs“, 1804 hervor, in welcher er den von Werner seit 1786 aufgestellten, allgemein bewunderten geologischen Theorien als nicht naturgemäß seine Zustimmung versagte, sogar sie geradezu für sehr schädlich erklärte, weil Werner in seinem System eine Vernachlässigung in der Behandlung der sogenannten Flötzgebirge sich hätte zu [107] Schulden kommen lassen. In dieser durch vielfache wissenschaftliche Streitfragen bewegten Zeit ereilte ihn im 68. Jahre seines Lebens in hohen Ehren und Würden in Folge eines Schlaganfalles der Tod.
- Freiberger gemeinnützige Nachrichten 1805. Hall’sche allgem. Litt. Zeit. Intellig.-Blatt 1805. Nr. 148. S. 1219 u. 1220.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: „den“