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Artikel „Carlowitz, Albert von“ von Friedrich Karl Biedermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 783–788, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Carlowitz,_Albert_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 21:01 Uhr UTC)
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Carlowitz: Albert v. C., entstammte einem alten, schon seit dem 14. Jahrh. in Sachsen seßhaften und reichbegüterten Geschlechte, demselben das im Reformationszeitalter jenen bedeutenden Staatsmann Christoph v. C. erzeugt hatte, den vertrauten Rath des Kurfürsten Moritz und des Kaisers Karl V. A. v. C. selbst war am 1. April 1802 in Freiberg geboren, wo sein Vater damals Amtshauptmann war; er empfing seine gelehrte Bildung auf den sächsischen Fürstenschulen von Meißen und Grimma und studierte dann Jurisprudenz in Leipzig. Der damals entbrannte Freiheitskampf der Griechen riß ihn, wie so viele Jünglinge und Männer zu lebhaften Sympathien hin: er war bereits, um als Philhellene nach Griechenland zu gehen, bis München gekommen, als ein Abgesandter seines Vaters ihn ereilte und in seine Heimat zurückbrachte. Seine Begeisterung für das griechische Alterthum hat er später auf andere Weise durch eine poetische Uebersetzung der Ilias, die 1845 (Leipzig, bei Teubner) erschien, bethätigt. Nach Vollendung seiner Studien trat er (1824) in den sächsischen Staatsdienst und ward 1828 Referendar bei dem damaligen höchsten Verwaltungscollegium, der Landesregierung. Schon 1830 betrat er auch die parlamentarische Arena. In diesem Jahre kamen zum letzten Male die alten, feudalen Stände Sachsens zusammen, um eine neue zeitgemäße Verfassung zu berathen. Als Mitglied der „allgemeinen Ritterschaft“ ward C. trotz seiner Jugend nicht allein zum „Mitdirector“ (Vicepräsidenten) dieser Curie, sondern auch zum Mitglied der Verfassungsdeputation erwählt, die berufen war, den Verfassungsentwurf der Regierung vorzuberathen. Die persönliche Bekanntschaft, die er auf jenem Landtage mit dem Fürsten von Schönburg-Waldenburg, dem Haupte der standesherrlichen Familie Schönburg machte, trug ihm die Berufung zum Bevollmächtigten des Hauses Schönburg auf dem ersten constitutionellen Landtage ein (nach der sächsischen [784] Verfassung hat dieses Haus einen erblichen Sitz in der ersten Kammer mit dem Rechte der Bevollmächtigung). Dadurch ward C. zugleich veranlaßt, den sachsen-coburg-gothaischen Staatsdienst, in den er 1831 auf Betrieb seinen Oheims, des dortigen Staatsministers, als Regierungsrath übergetreten war, wieder mit dem heimischen zu vertauschen und 1836 die Stelle eines Rathes bei der Kreisdirection zu Zwickau, für welche die Schönburge das Präsentationsrecht übten, anzunehmen. Doch gab er diese Stellung schon im folgenden Jahre wieder auf. v. C. hat allen sächsischen Landtagen von 1833–1845 beigewohnt, den ersten drei als Vertreter der Schönburge, dem letzten als vom Könige ernanntes lebenslängliches Mitglied der ersten Kammer. Welches große Ansehen er auch hier alsbald sich verschaffte, zeigte sich darin, daß er seit 1833 regelmäßig mit zum Candidaten für das Vicepräsidium von der Kammer vorgeschlagen, auch 1839 vom Könige zu dieser, 1845 zur Stelle des ersten Präsidenten erhoben ward. Außerdem wurde er zum Referenten beinahe in allen prinzipiell wichtigen Fragen bestellt. Sein Einfluß war so überwiegend, daß er sogar den des Prinzen Johann (des späteren Königs), der damals Mitglied der ersten Kammer war, in Schatten stellte. Sogleich vom ersten Landtage an war er der anerkannte Führer der aristokratischen Partei in der ersten Kammer und blieb es, so lange er in der Kammer saß. Ihm, dem wol nahezu Jüngsten in der Versammlung folgten seine Standes- und Parteigenossen, auch die viel älteren und zum Theil an Rang ihm weit überlegenen, beinahe blindlings. Was ihm diese Herrschaft verlieh, war ebensowol seine geistige Ueberlegenheit, die bedeutende Arbeitskraft, die er entwickelte, endlich seine schlagende Beredsamkeit, die sich am glänzendsten in der Bekämfung entgegenstehender Meinungen bewährte, als die Consequenz seiner Grundsätze und die Energie, womit er dieselben verfocht. C. war damals Aristokrat vom reinsten Wasser, aber er war es in größerem Stile und von einem höheren Standpunkte aus, als die meisten seiner Standesgenossen in der Kammer. Er achtete und vertrat gegen jeden Angriff die einmal zu Recht bestehende Verfassung – auch in solchen Punkten, gegen die er selbst bei ihrer Vereinbarung sich erklärt hatte, wohin z. B. die Oeffentlichkeit der Verhandlungen, mindestens derer der ersten Kammer gehörte. Besonders streng hielt er auf das ungeschmälerte Budgetrecht der Stände, war daher ein entschiedener Gegner der bloßen Nachbewilligung schon verausgabter Gelder, ein zäher Verteidiger der in Sachsen von früh an zu gesetzlicher Geltung gelangten Spezialetats. Das exorbitante Recht, welches die sächsische Verfassung der Regierung verleiht, Gesetze, die, von der einen Kammer angenommen, von der anderen nicht mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt sind, rechtsgültig zu publicieren, wollte er wenigstens dahin beschränkt wissen, daß die einzelnen Artikel eines Gesetzes auch mit einfacher Mehrheit wirksam verworfen werden könnten, und er setzte diese seine Ansicht in der Kammer gegen den lebhaften Widerspruch der Regierung, des zu dieser haltenden bürgerlichen Elements und selbst des Prinzen Johann siegreich durch. An dem Rechtsstandpunkte hielt er streng fest, auch wo solcher gegen seine politischen Ansichten oder seine Standesinteressen stritt. Ebenso unerbittlich aber hielt er auch fest an historisch bestehenden Rechten und zeigte sich wenig geneigt, dieselben einer Forderung der Zeit und der öffentlichen Meinung zum Opfer zu bringen. Er sprach der Gesetzgebung das Recht ab, „wohlerworbene Rechte“, wie Patrimonialgerichtsbarkeit, Patronatsrecht u. dergl., ohne ausdrückliche Zustimmung der Betheiligten selbst, oder mindestens ohne vollgültige Entschädigung aufzuheben; er verlangte eine solche Entschädigung auch für den Wegfall der Bannrechte; er wollte das Tranksteueräquivalent der Rittergutsbesitzer nicht aufgehoben und überhaupt die bevorrechtete Stellung dieser und ihre scharfe Scheidung, als eines besonderen Standes, von dem übrigen Grundbesitze gewahrt [785] wissen. Auch wo kein speciell aristokratisches, sondern nur ein sogen. conservatives Interesse im Gegensatze zu dem liberalen ins Spiel kam, stand C. fast immer mit großer Entschiedenheit auf Seite jenes ersteren. Die Preßfreiheit hatte keinen Freund an ihm, ebensowenig der Gedanke einer Wahlreform; das Petitionsrecht der Unterthanen leugnete er, weil es nicht ausdrücklich in der Verfassung garantirt war; in dem heftigen Kampfe zwischen dem alten und dem neuen Gerichtsverfahren, der sich durch zwei Landtage hinzog, nahm er mehr für ersteres als für letzteres Partei und wollte namentlich von einer Oeffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen wenig wissen. Dagegen trat schon früh bei C. eine entschieden deutsche, auf die Macht und Wohlfahrt des ganzen großen Vaterlandes gerichtete Gesinnung zu Tage. Bei der Verhandlung der hannoverischen Frage in der sächsischen Kammer (1837) erklärte er sich unumwunden für die von der zweiten Kammer kundgegebenen Wünsche nach Veröffentlichung der Bundesprotokolle und nach Errichtung eines unparteiischen, Vertrauen verdienenden Bundesgerichtshofs. Als Referent über den Adreßentwurf auf dem Landtage 1842 beklagte er, „daß der deutsche Bund in der Entwicklung der Zustände Deutschlands, ja selbst in seiner Stellung dem Auslande gegenüber hinter den Erwartungen des deutschen Volkes zurückgeblieben sei“. „Dem Bunde“, sagte er, „hätte vor allem daran gelegen sein müssen, ein einiges und starkes Deutschland herzustellen; zu dem Ende hätte er dahin trachten müssen, daß das deutsche Volk mit Vertrauen und Liebe an ihm hänge, und dieser höchsten Rücksicht hätten auch die einzelnen Bundesregierungen ihre individuellen Ansichten unterordnen müssen.“ Er bekannte von sich, daß er stets „mit wahrhaft jugendlichem Feuer für Deutschlands Ruhm und Deutschlands Ehre geschwärmt habe“.

Auf dem Landtage von 1845–46 erreichte die Spannung zwischen conservativer und liberaler Richtung ihren Höhepunkt. Lindenau, der im Ministerium die letztere, wenn auch in sehr gemessener Weise, vertreten hatte, war bald nach dem Landtage von 1842, zum Theil durch Conflicte mit der ersten Kammer zum Rücktritt veranlaßt, ausgeschieden; sein Nachfolger im Vorsitze des Ministeriums, der Justizminister v. Könneritz, befolgte ein System des entschiedenen Widerstandes gegen die Forderungen des Liberalismus. Das Verhältniß zwischen dem Ministerium und der liberalen Mehrheit der zweiten Kammer, so wie zwischen dieser und der hocharistokratischen Mehrheit der ersten, ward immer schroffer. C. wurde zwar durch seine Versetzung auf den Präsidentenstuhl auf diesem Landtage der unmittelbaren Führung seiner Partei einigermaßen entrückt; so weit er aber noch in die Debatte eingriff, schien es als hielte er den Moment für gekommen, wo man von dem allzuschroffen Widerstande gegen die Strömung der Zeit etwas nachlassen müsse, während die meisten seiner aristokratischen Collegen den Bogen nur immer schärfer spannten. So erklärt es sich, daß, als C. nach dem Landtage 1845/46 ins Ministerium als Chef des Justizdepartements berufen ward, die öffentliche Meinung dies nicht ungünstig aufnahm, obschon er gerade in der brennenden Frage der Gerichtsöffentlichkeit keineswegs der herrschenden Richtung sich angeschlossen hatte. Uebrigens fand C. in seiner neuen Stellung keine Gelegenheit, vor die Kammer zu treten und als Minister seine politischen Anschauungen zu vertreten. Der nächste Landtag stand erst für den Herbst 1848 bevor; ehe es aber dahin kam, trat die Katastrophe des März 1848 dazwischen. Indessen sollte v. C. gerade in dieser drangvollen Zeit Gelegenheit finden, dem Throne und dem Lande einen wichtigen Dienst zu leisten.

Der Rückschlag der französischen Februarrevolution machte sich auch in Sachsen fühlbar. Von Leipzig aus begann eine Agitation – in der streng gesetzlichen Form von Adressen und Deputationen an den König – die, gegen das [786] Ministerium gerichtet, dessen Beseitigung und die Herbeiführung eines zeitgemäßen Regierungssystemes erstrebte. Das Ministerium, dessen leitender Geist noch immer v. Könneritz war, setzte dieser Bewegung eine unbeugsame Starrheit entgegen, ja ging so weit – ohne Vorwissen des Königs, wie sich später herausstellte – nicht blos von sich aus militärische Maßregeln zur Umzingelung Leipzigs und zur gewaltsamen Unterdrückung der dort herrschenden Bewegung zu ergreifen, sondern auch mit dem in Preußen am Ruder befindlichen reactionären Ministerium die Herbeiziehung preußischer Truppen an die sächsische Grenze zu verabreden. In diesem Momente äußerster Krisis, wo ein blutiger Zusammenstoß nur zu leicht möglich war, entsandte der König Herrn v. C. in außerordentlicher Mission nach Leipzig. Ob C. selbst, von seinen Collegen sich trennend, dem Könige zu dieser Maßregel gerathen, ist noch unermittelt; gewiß ist, daß er des ihm gewordenen königlichen Auftrages sich in einer Weise entledigte, die dem Throne und dem Lande ernstere Verwicklungen ersparte, ihm selbst den aufrichtigen Dank aller wahren Patrioten, dagegen von jenen, welche eine gewaltsame Niederdrückung der freien Regungen gewünscht hatten, unversöhnlichen Haß eintrug. Statt der Erregung der Gemüther das schroffe quos ego königlicher Autorität und Gewalt entgegenzusetzen, suchte v. C. zu vermitteln, insbesondere aber die wahre Stimmung der Bürgerschaft genau zu erkunden, um dem Könige die volle Wahrheit darüber berichten zu können. Für sich selbst sprach er schon damals den festen Entschluß aus, sogleich beim Zusammentritte des Landtags aus seinem Amte zu scheiden. In welchem Sinne er seine Mission vollführt, zeigte sich alsbald nach seiner Rückkehr nach Dresden darin, daß der König das alte Ministerium entließ und durch ein neues, liberales ersetzte. C., ward erzählt, habe den König aus der Täuschung, worin die andern Minister ihn erhalten, indem sie das ganze Land als zufrieden, die von Leipzig ausgegangene Bewegung als das Werk weniger Schreier dargestellt, durch seine wahrheitsgetreue Schilderung der dortigen Zustände gerissen, und der König habe darauf sich zu dem Wechsel des Ministeriums entschlossen. Dieses Gerücht fand eine Bestätigung in den Worten, mit denen der König, wie man erfuhr, die neuen Minister in ihre Aemter einführte: „er verlange von ihnen volle Offenheit und werde jeden von ihnen unfehlbar entlassen, der es wagen würde, ihn durch ein unwahres Wort über die Lage und die Bedürfnisse seines Volkes zu täuschen“. C. war durch sein Benehmen mit einem Male so populär geworden, daß in einer Versammlung liberaler Männer aus dem ganzen Lande, die damals stattfand, der Antrag gestellt ward, zwar vom Könige die Entlassung der andern Minister zu erbitten, C. aber ausdrücklich davon auszunehmen. Auch von einer Wahl desselben ins Parlament nach Frankfurt war die Rede. Er zog sich jedoch von den öffentlichen Angelegenheiten in der nächsten Zeit gänzlich zurück und lebte still auf seinen Gütern. Kurz vor dem Maiaufstande in Dresden 1849 ist ihm noch einmal ein Ministerposten angeboten, von ihm jedoch abgelehnt worden, letzteres, wie man Grund hat zu glauben, weil er die Anerkennung der von der Frankfurter Nationalversammlung proclamirten Verfassung für den allein sicheren Weg hielt einen Conflict zwischen Krone und Volk zu vermeiden, eine Ansicht die bei König und dessen Umgebung auf Widerspruch stieß. Dagegen ließ C. sich für den im Herbst 1849 bevorstehenden neuen Landtag in die umgestaltete erste Kammer wählen. Hier war es, wo seine deutsche Gesinnung und seine klare Anschauung von dem, was für Deutschland wie für Sachsen nothwendig sei, auf das unzweideutigste hervortrat. Er interpellirte das Ministerium Beust wegen seines Abfalls von dem Dreikönigsbündniß und beantragte die sofortige Wiederanknüpfung der gelösten Verbindung mit Preußen. Der Antrag wurde von ihm in einer glänzenden Rede motivirt, erlangte aber in der aus großdeutschen und doctrinär demokratischen Elementen zusammengesetzten Kammer keine Majorität.

[787] C. hatte damals schon seine sächsischen Güter veräußert und sich in Preußen, unweit der sächsischen Grenze (bei Skeuditz), angekauft. Für ihn, den seine Familientraditionen so fest an Sachsen ketteten, mußte es ein schwerer Entschluß sein, diesem Lande so völlig den Rücken zu kehren. Daß er es that, war ein Beweis, mit wie trübem Blicke er dessen Zukunft ansah, wie geringes Vertrauen er zu der eingeschlagenen Politik hatte. Noch während des Landtags von 1849–50 erhielt C. vom König von Preußen eine ihrer Absicht nach höchst ehrenvolle, in ihrem Verlaufe freilich für ihn höchst undankbare, ja peinliche Mission. Er ward neben Herrn v. Radowitz zum Commissar der preußischen Regierung bei dem Erfurter Unionsparlamente ernannt. C. war der Mann nicht, sich einem an ihn ergehenden Ruf zu versagen, sobald er durch dessen Annahme dem Ganzen nützen zu können glaubte, auch wenn er die Schwierigkeiten und Hemmnisse seiner Aufgabe, wie wahrscheinlich in diesem Falle, wol voraussah. König Friedrich Wilhelm IV. soll ihm persönlich die feste Versicherung gegeben haben, daß es ihm mit der Durchführung der Union höchster Ernst sei. Aber kaum auf seinem Posten angelangt, mußte C. sich überzeugen, wie ihm und seinem Concommissar die geradezu unwürdige Rolle angesonnen werde, das Parlament dahin zu bearbeiten, daß es das deutsche Einigungswerk, statt es zum Abschluß zu bringen und zu befestigen, selber auflösen und seiner Vernichtung entgegenführen helfe. Die tiefe Verstimmung, die sich deshalb seiner bemächtigte, verbarg er in seinem Auftreten nicht, und, während Herr v. Radowitz mit gewohnter Versatilität sich fast darin zu gefallen schien, die Versammlung und sich selbst in diese unnatürliche Rolle hineinzureden, rühmten die deutschgesinnten Mitglieder des Parlaments, daß C. ehrlich und offen, so weit es seine Stellung nur zugelassen, ihnen die Verhältnisse so geschildert, wie sie waren, und die Zwangslage nicht verborgen habe, in der sie allesammt sich befänden. Sobald er es mit Anstand konnte, gab er dem Könige den empfangenen Auftrag zurück. Wieder kam für ihn eine Zeit der Zurückgezogenheit vom öffentlichen Leben. Seine Güter bei Skeuditz verkaufte er abermals und kaufte sich in der Gegend von Görlitz an. Der Ruf seiner deutschen Gesinnung und seiner parlamentarischen Bedeutung war ihm dorthin vorausgegangen. Der Wahlkreis Görlitz wählte ihn für die Legislaturperiode 1853–55 in das preußische Abgeordnetenhaus. Hier schloß er, der ehemals Strengconservative, sich den wenigen Männern an, die in dieser sog. Landrathskammer, deren Feldgeschrei „Rückwärtsrevidirung der Verfassung“ war, mannhaft für diese und die darin verbürgten Volksrechte eintraten. Unter günstigeren Verhältnissen trat er 1859 wiederum in das Abgeordnetenhaus ein, in das ihn seitdem ununterbrochen in jeder neuen Session und auch nach jeder der in der Conflictsperiode so häufigen Auflösungen das nicht wankende Vertrauen seiner Wähler entsandte. Auch jetzt standen ihm die allgemein deutschen Fragen immer im Vordergrunde. Eifersüchtig wachte er über Preußens deutscher und europäischer Mission. So sprach er für ein energischeres Einschreiten Preußens in Kurhessen zur Wiederherstellung verfassungsmäßiger Zustände; so erklärte er sich für eine Annäherung Preußens an das junge Königreich Italien; so drängte er das Ministerium Bismarck zu Erklärungen über die beim polnischen Aufstande 1863 mit Rußland geschlossene geheime Uebereinkunft. Beim Ausbruch des Conflicts mit Dänemark ging er mit jenen, welche das Bündniß Preußens mit Oesterreich bekämpften und eine Zerreißung des Londoner Protokolls verlangten. Obgleich so nach verschiedenen Seiten hin in der inneren und äußeren Politik in eine ziemlich scharfe Gegenstellung zu Bismarck gerathen, war C. doch viel zu staatsmännisch, um nicht die großen Erfolge, die dessen weitsehende und energische Politik im Jahre 1866 für Preußen und Deutschland errang, mit unbefangenem und gerechtem [788] Sinne zu würdigen. Er zeigte sich im constituirenden norddeutschen Reichstage vom Frühjahr 1867 als einen aufrichtigen Anhänger und Vertheidiger der neugeschaffenen Ordnung der Dinge, ohne darum bei der Berathung der Verfassung in verschiedenen Fällen mit seiner abweichenden Meinung zurückzuhalten. Leider war seine Gesundheit bereits seit einiger Zeit ernstlich angegriffen. In Folge seiner zunehmenden Kränklichkeit zog er sich gänzlich von der Theilnahme an den öffentlichen Dingen zurück und am 9. August 1874 ereilte ihn der Tod in Kötzschenbroda bei Dresden, wo er Heilung gesucht hatte.