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Artikel „Burchart, Franz“ von Theodor Muther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 569–570, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Burchart,_Franz&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:38 Uhr UTC)
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Burchart: Franz B. (Burchard, Borchardus, Burcardus, Burkhard, Burkhart), Staatsmann, geb. 6. Juli 1503 (nach anderer Angabe 1505) zu Weimar, daher häufig auch Franciscus Vinariensis (Winariensis, Bimariensis) genannt, † 1560. Am 15. Mai 1520 wurde er zu Wittenberg immatriculirt, gehörte zu den Lieblingsschülern Philipp Melanchthon’s, der ihn, als er ohne Unterstützung seines zähen alten Vaters blieb, einige Zeit in seinem Hause unterhielt (1524.) Nicht viel später trat Franz B. in die Wittenberger Artistenfacultät, deren Decanat er Winter 1527–28 und 1535 verwaltete, im Winter 1532 bis 1533 führte er das Rectorat der Universität und hatte etwa seit jener Zeit eine Lectura der griechischen Sprache mit 40 Gulden Jahresbesoldung inne. Als Ende Octobers 1535 der kursächsische Kanzler Christian Beyer verstorben war, wurde Magister Franciscus als Rath und Vicekanzler an den Hof gezogen. Schon im November dieses Jahres begleitete er den Kurfürsten Johann Friedrich nach Wien, war nach der Rückkehr Zeuge der geheimen Audienz, welche derselbe dem päpstlichen Orator Petrus Paulus Vergerius zu Wittenberg ertheilte und bezog noch im December des nämlichen Jahres den Convent in Schmalkalden, wo er nebst Bruck die Verhandlungen mit dem englischen Gesandten führte. Von nun an erblicken wir Franz B. in rastloser Thätigkeit als diplomatischen Agenten des kursächsischen Hofes in Angelegenheiten der Kirchenreformation. 1537 befindet er sich auf dem Convent in Schmalkalden und erhält den Auftrag zu Verhandlungen mit dem päpstlichen Nuntius. Dann geht er mit Georg von Boyneburg und Myconius als Gesandter nach England, von wo er erst 1538 nach halbjährigem Aufenthalt zurückkehrt. Er soll damals in große Gunst bei König Heinrich VIII. gekommen sein, der ihn auch beschenkt entließ und ihm seine Dienste mit hohem Gehalt und Ertheilung des Ritterschlages anbot. 1539 wurde B. vom Convent zu Frankfurt abermals nach England abgeordnet zugleich mit Ludwig v. Baumbach. 1540 auf dem Convent zu Schmalkalden und nachher zum dritten Male als Gesandter in England. Nach der Rückkehr auf der Versammlung zu Hagenau und bei dem Gespräche in Worms (Januar 1541), später (März bis Ende Juli 1541) auf dem Reichstage zu Regensburg. 1542 auf dem Reichstage in Speier, dann als „Cancellarius der Provinz Braunschweig“ zur Verwaltung dieses occupirten Landes verwendet. Im Jan. 1543 reiste B. mit Melchior v. Osse und Eberhard v. d. Tann auf den Reichstag nach Nürnberg und war Theilnehmer des vertrauten Gespräches, zu welchem König Ferdinand die kursächsischen Gesandten erforderte. Auch an den Kaiser wurde er in demselben Jahre (wol im August) gesendet, mit der Anfrage, ob es kein Mittel gebe, den Krieg gegen den Herzog von Cleve zu vermeiden. 1544 auf dem Reichtag in Speier und 1545 auf dem Reichstage in Worms; daselbst Verhandlungen mit Granvella über die formula reformationis Wittenbergensis; im December desselben Jahres auf der Zusammenkunft in Frankfurt, dann mit Eberhard v. d. Tann in Worms und endlich beim Colloquium in Regensburg (Mai und Juni 1546). Während des Schmalkaldischen Krieges wurde er zum vierten Male nach England gesendet. Dort befand er sich noch im Febr. 1547. Nach der Schlacht bei Mühlberg blieb B. bei der verwaisten sächsischen Familie [570] zu Weimar. Später war er bei Gründung der Universität Jena thätig und suchte Melanchthon zu bewegen, dorthin überzusiedeln. Noch einmal, im Jahre 1559, rüstete er sich zu seiner fünften Gesandtschaftsreise nach England: es handelte sich damals um die Verehelichung der Königin Elisabeth mit Herzog Johann Wilhelm zu Sachsen. B. kehrte unverrichteter Sache zurück, das Heirathsproject scheiterte an dem Widerwillen der Königin. Franz B. starb zu Weimar 15. Januar 1560 (56 Jahre alt). Myconius sagt von ihm: (er) „ist der feinste Orator gewest, als man diese Zeit in Germania haben mügen.“ Eine Tochter von ihm war an Victorin Strigel, eine andere an den berühmten Juristen Mattheus Wesenbeek verheirathet. Briefe, Berichte etc. Burchart’s finden sich im „Corpus Reformatorum“ ed. Bretschneider und anderen Urkundensammlungen aus der Reformationszeit abgedruckt. An einer genügenden Biographie Burchart’s fehlt es. Einstweilen: J. T. C. Danz, Franz Burchart aus Weimar. Weimar 1825.