ADB:Braun, Julius (Kunsthistoriker)

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Braun, Julius“ von Karl Ludwig Urlichs in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 268–269, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Braun,_Julius_(Kunsthistoriker)&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 22:51 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Braun, Josef
Band 3 (1876), S. 268–269 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Julius Braun (Kunsthistoriker) in der Wikipedia
Julius Braun in Wikidata
GND-Nummer 116417919
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|3|268|269|Braun, Julius|Karl Ludwig Urlichs|ADB:Braun, Julius (Kunsthistoriker)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116417919}}    

Braun: Julius B., geb. 16. Juli 1825 in Karlsruhe, † 1869 in München. Im Hause des Kirchenraths Baer[1] genoß er eine sorgfältige Erziehung, am Lyceum zu Karlsruhe gründlichen Unterricht. Seit dem Herbst 1848 studirte er in Heidelberg und Berlin zuerst Theologie, dann Philologie und Kunstgeschichte. Nachdem er 1848 in Karlsruhe die Lehramtsprüfung bestanden hatte, faßte er den Plan, durch umfassende Reisen sich zu einem akademischen Lehramt vorzubereiten. Von 1850–53 bereiste er Aegypten, worin er mit seinem Lehrer Röth die Wiege der Cultur erblickte, Syrien, Kleinasien, ging von Constantinopel über die Inseln nach Athen, von dort zum zweitenmale nach Rom, endlich nach Paris und London. – Im J. 1853 trat er in Heidelberg als Privatdocent auf, übernahm im J. 1860 eine Professur in Tübingen, gab sie aber bald wieder auf, um in München reichere Anregungen und einen größeren Wirkungskreis zu suchen. Seine Vorlesungen an der Akademie der Künste erwarben ihm in einem weiten Kreise hochgebildeter Freunde warme Anhänger, aber nicht, wie er gehofft hatte, eine feste Anstellung. Unter der rüstigsten litterarischen Thätigkeit, welche nur im J. 1865 durch eine neue Reise nach Rom unterbrochen wurde, überraschte ihn im Juli 1869 ein hitziges Fieber, eine Gehirnentzündung, welcher er nach 16tägiger Krankheit am 22. Juli erlag. – Braun’s Natur war eine geniale. Mit lebendiger Auffassung des Gegebenen in Land und Volk verband er einen großen Reichthum origineller Ideen und eine vorzügliche Gabe der Darstellung in Wort und Schrift. In den größeren Werken, welche er neben kleineren Aufsätzen und Vorträgen mit unermüdlichem Fleiße zu Tage förderte, verfolgt B. hauptsächlich den Zweck, 1) die Cultur, Kunst und Geschichte der alten Völker mit der Beschaffenheit des Bodens zu verbinden, und daraus sowie aus [269] naher Berührung jüngerer und älterer Kunst abzuleiten, 2) die religiösen Anschauungen sowie die mythologischen Personen auf einen Urquell, den er in Aegyyten sucht, zurückzuführen. Beide Tendenzen berühren sich 3) in der Ableitung der antiken Kunst durch verschiedene Mittelstufen aus demselben Lande. Den ersten fruchtbaren Standpunkt nehmen die „Studien und Skizzen aus den Ländern der alten Cultur“, 1854, „Die historischen Landschaften“, 1867, sowie das „Gemälde der mohammedanischen Welt“, 1870 ein. Die unvollendete „Geschichte der Kunst in ihrem Entwicklungsgange durch alle Völker der alten Welt hindurch auf dem Boden der Ortskunde nachgewiesen“, 2 Bde. 1856 und 58, neue (Titel-)Ausgabe 1873, bezeichnet schon der Titel als demselben Gebiete verwandt; sie ist reich an originellen Gesichtspunkten und durch die geographische Ordnung anregend. Die erstern Bücher stellen mit durchsichtiger Klarheit sowol den Boden als die daraus erwachsenen Erscheinungen und historischen Gestalten dar. Das Hauptwerk Braun’s, die „Naturgeschichte der Sage“, 2 Bde. 1864, führt mit großer Gelehrsamkeit und vielem Scharfsinn Röth’s Grundansicht weiter dahin aus, daß der Sagenschatz und die Mythologie aller Völker ohne Ausnahme aus ägyptischen Ursagen stammt, in eine Summe kosmischer Begriffe und eine sagengeschichtliche Erinnerung an Personen zerfällt, und nur durch allmähliche Verschiebung mannigfaltige Formen gewonnen hat, aber theils durch den Inhalt theils durch die Namensformen als identisch sich erweist. Das letzte Wort über diese Theorie ist noch nicht gesprochen. Daß sie bei Fachgelehrten nicht die Anerkennung gefunden hat, welche Braun’s Selbstgefühl erwartete, und auch äußere Erfolge ausblieben, davon liegt der Grund vielleicht in der zünftigen Einseitigkeit der Gelehrten, zum Theil unläugbar in der stürmischen Gewaltsamkeit, womit B. seine Ansichten verfocht, und in der Willkür, womit er sie aus jungen wie alten Quellen und durch zweifelhafte Etymologien begründete.

Nekrolog von Scheffel, in der Beil. zur Allg. Zeitung 1869 Nr. 265 bis 68.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 268. Z. 23 v. u. l.: Bähr (st. Baer). [Bd. 5, S. 794]